Schloss Bellevue, Donnerstag, 15.30 Uhr: Der Bundespräsident bei seiner Erklärung. - FOTO: REUTERS
Welchen Eindruck hat die Rede hinterlassen?
Es ist ein bislang einmaliger Vorgang, dass sich ein Bundespräsident vor Fernsehkameras für einen schweren politischen Fehler entschuldigt und zugibt, dass er sich nicht „geradlinig“ verhalten habe. Allerdings trennte das Staatsoberhaupt, wenn man genau hinhörte, sehr genau zwischen dem Kredit von Edith Geerkens und seinem eigenen Umgang mit den Vorwürfen. Zwar habe die Annahme des Darlehens von der befreundeten Familie zu günstigen Konditionen „irritierend“ gewirkt. Klar als Fehler bezeichnete Wulff aber nur seinen späteren Umgang mit der Affäre. Er bedauerte, dass er die Frage des niedersächsischen Landtags nach Geschäftsbeziehungen mit Egon Geerkens verneint hatte. Trotzdem dürfte die Demutsgeste in dieser persönlichen Erklärung große psychologische Wirkung entfalten. Sie soll Einsicht und Umkehr signalisieren. Zugleich bekräftigt Wulff, er sei gewillt, das Amt in schwierigen Zeiten weiter auszuüben und bittet dafür um Vertrauen.
Wird die Erklärung nun den Druck von Wulff nehmen?
Sie dürfte den Großteil des Drucks von ihm nehmen, sofern nicht weitere belastende Umstände bekannt werden. Das Verschwinden Wulffs hinter Erklärungen seines Amtes oder seiner Anwälte trug dazu bei, das Misstrauen gegen ihn zu schüren. Nun hat er sich selbst bekannt. Zugleich macht er geltend, er habe mehr als 250 Fragen beantworten lassen. Der Satz „Alle Auskünfte sind erteilt worden“ lässt sich nur so deuten, dass der Präsident fest davon überzeugt ist, er habe die Veröffentlichung von weiteren Ungereimtheiten nicht zu erwarten. Die Opposition hatte Wulff in den vergangenen Tagen zu rascher Aufklärung gedrängt. Es zeichnet sich schon ab, dass sie weiter darauf beharren wird.
Einen völligen Perspektivwechsel nahm Wulff in Bezug auf den Umgang der Medien mit seiner Affäre ein. In der ersten Erklärung zu den Vorwürfen gegen den Politiker hatte das Bundespräsidialamt der „Bild“-Zeitung noch schwere Vorwürfe gemacht. Im Gegensatz dazu sprach der Präsident nun von einem berechtigten Interesse an der Aufklärung und pries die Presse- und Informationsfreiheit als „hohes Gut“.
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