Sunday, December 25, 2011

Eleganz war seine Rebellion


  • Am Heiligen Abend ist er um 10 Uhr 15 in Beisein seiner Ehefrau Simone Rethel und seiner Enkelin Wiesje Herold friedlich verstorben, hieß es aus dem Klinikum Starnberg. Foto: dapd
    Am Heiligen Abend ist er um 10 Uhr 15 in Beisein seiner Ehefrau Simone Rethel und seiner Enkelin Wiesje Herold friedlich verstorben, hieß es aus dem Klinikum Starnberg. - FOTO: DAPD
Don Juan im Frack, Luftikus und Jahrhundert-Entertainer: zum Tod von Johannes Heesters. Der Schauspieler und Sänger starb am Samstag im Alter von 108 Jahren im Klinikum Starnberg.





Frack, Zylinder, Stock und Einstecktuch, das war seine Arbeitskleidung. Mit durchgedrücktem Rücken und einem strahlenden, manchmal leicht spöttischen Lächeln auf den Lippen, so hat sich Johannes Heesters durchs Leben bewegt. Sein Rollenfach war der Bonvivant mit lässig um den Hals gewickeltem Seidenschal, ein Typus, der den in Paris spielenden Romanen und Operetten des Fin de siècle entstammte. Die Zeiten mochten hart und trostlos sein, aber Heesters schien immer unterwegs zu irgendeinem nächtlichen Vergnügen zu sein. Die Eleganz war seine Art der Rebellion gegen die Zumutungen des 20. Jahrhunderts.
Am Heiligen Abend ist er um 10 Uhr 15 in Beisein seiner Ehefrau Simone Rethel und seiner Enkelin Wiesje Herold friedlich verstorben, hieß es aus dem Klinikum Starnberg.
Heesters war am 17. Dezember mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gekommenund lag seitdem auf der Intensivstation. Heesters, der erst am 5. Dezember seinen Geburtstag gefeiert hatte, galt als der älteste Schauspieler der Welt.
Den Grafen Danilo Danilowitsch aus Lehárs Stück „Die lustige Witwe“, die Rolle seines Lebens, spielte Heesters mehr als 1600 mal, zum ersten Mal Silvester 1938 im Münchner Gärtnerplatztheater und zum letzten Mal 1988 bei einer Gala zu seinem 85. Geburtstag. Danilo ist ein donjuanhafter Luftikus, einer, der auch im allergrößten Schlamassel noch die Korken knallen lässt. „Ich wollte nicht, dass die Leute sagen: ,Na, der kann gar nicht mehr ins Maxim gehen – der muss mit dem Rollstuhl gefahren werden“, so begründete Heesters seinen Abschied von der Rolle. Doch den größten Hit aus der Operette, eine überschwängliche Hymne auf den Hedonismus, hat er auch danach immer noch gerne gesungen: „Da geh’ ich ins Maxim / Dort bin ich sehr intim / Ich duze alle Damen / Ruf’ sie beim Kosenamen / Lolo, Dodo, Joujou, Clocio, Margot, Froufrou / Dann wird champagnisiert / Und häufig cancaniert / Und geht’s ans Kosen, Küssen / Mit allen diesen Süßen.“
Heesters’ Art, seine Karriere umspannt das gesamte 20. Jahrhundert des Entertainment, von der Stummfilm- und Schellackplatten-Ära bis ins Zeitalter von Internet und DVD. Seinen ersten Film drehte er 1924, ein expressionistisches Melodram mit dem Titel „Cirque Hollandais“, über das er achtzig Jahre später spottete: „Der Regisseur bestand darauf, dass ich sehr stark geschminkt wurde. Ich sah mit Anfang 20 wie ein Grufti aus, etwa so wie heute der Sänger von Tokio Hotel.“

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