Monday, December 26, 2011

Wie die Piraten die Berliner Politik verändert haben


Rund hundert Tage nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus: Was haben die Piraten bewegt? Foto: dpa
Rund hundert Tage nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus: Was haben die Piraten bewegt? - FOTO: DPA
Rund hundert Tage sind vergangen, seit die Berliner die Piraten mit 8,9 Prozent der Stimmen in das Abgeordnetenhaus wählten. Was hat die Partei seitdem bewegt - und wo steht sie vor Problemen?




Welchen Stil haben die Piraten in das Abgeordnetenhaus gebracht – und welche Inhalte?
Die Piraten bemühen sich, inhaltlich zu arbeiten, und reagieren auf das, was in der Landespolitik aktuell ist. Zu Themen wie dem Rücktritt von Justizsenator Michael Braun und der Posse um die Ernennung eines neuen Polizeipräsidenten veröffentlichte die Fraktion Stellungnahmen. Als Opposition, die die Regierung vor sich hertreibt, sind die Piraten aber bisher nicht in Erscheinung getreten. Auch inhaltlich haben sie erst wenig Profil entwickeln können. Immerhin: Als parlamentarisches Thema gesetzt hat die Fraktion die Anti-Plagiats-Software, die an Berliner Schulen eingesetzt werden soll - durch eine Große Anfrage und später, gemeinsam mit Grünen und Linkspartei, durch einen Antrag.
Im Plenum treten die Piraten größtenteils ernsthaft auf, liefern engagierte Debattenbeiträge ab. Von Zeit zu Zeit aber unterhalten sie das Abgeordnetenhaus auch – etwa, wenn Gerwald Claus-Brunner versucht, mit einer großen Piratenflagge in das Gebäude einzuziehen oder wenn Christopher Lauer die Aussagen eines SPD-Abgeordneten zitieren möchte, dazu wieder und wieder eine Frage stellt („Wer hat’s gesagt?“) und seine Fraktion im Chor die Antwort ruft: „Kohlmeier!“
Die übrigen Parteien haben die Piraten freundlich empfangen, und auch sie sprechen nun immer öfter von Transparenz. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit nahm eine Einladung der Piraten an und stellte sich der Fraktion vor. Im Abgeordnetenhaus war aber immer wieder auch zu beobachten, dass man sich noch aneinander gewöhnen muss – etwa wenn der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier den Fraktionsvorsitzenden Andreas Baum meinte, aber von einem „Martin“ sprach.
Haben die Piraten ihr eigenes Transparenzgebot erfüllt?
In den vergangenen Monaten wurden piratische Streits in und um die Berliner Fraktion allzu oft nicht nur streng-öffentlich, sondern auch aufwändig schriftlich geführt. Ein Detail, das belasten muss und das den Bundesvorsitzenden der Piraten, Sebastian Nerz, schon mal fordern ließ, wegen bestimmter Animositäten doch einfach mal zu telefonieren. Was ihre Qualität angeht, blieb die Transparenz der Berliner Piraten indes oft zweifelhaft: Unwichtige Details drangen über die in der Tat vorbildlich funktionierenden Kanäle wie Twitter, Piratenpad oder Fraktionsblog schnell in die Öffentlichkeit, während gerade strittige Entscheidungen bei der Postenvergabe gerne mal unter der Hand geregelt wurden.
Transparenz heißt auch, dass sich im Zweifel immer jemand findet, der mit einer Entscheidung überhaupt nicht einverstanden ist. Auch die Piraten nervt das manchmal erkennbar – dann schreibt der Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner auf Twitter zum Beispiel vom „nächsten Mob“, der herumschreien könnte, falls die Fraktion eine bestimmte Entscheidung trifft. Und bei Anfragen von Journalisten zeigen sich auch die Piraten manchmal zugeknöpft – vor allem, wenn es um Themen geht, mit denen die Partei unfreiwillig Schlagzeilen gemacht hat.
Mit welchen Pannen machten die Piraten von sich reden?
Eines haben die Piraten ihrem Publikum ohne Zweifel geboten: eine kurzweilige Serie von Skandälchen. Mal landete der Abgeordnete Simon Weiß mit einem Foto auf der Titelseite der „Bild“-Zeitung, das ihn beim Schnupfen eines weißen Pulvers zeigte und das er selbst als Satire deklarierte. Mal erregten sich Piraten über Vetternwirtschaft, als Lebenspartner zu persönlichen Mitarbeitern von Abgeordneten wurden.

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