Friday, December 23, 2011

Damit Alleinstehende mit anderen feiern können


200 Frauen und Männer engagieren sich in Freiburg dafür, dass Bedürftige und Alleinstehende Weihnachten mit anderen zusammen feiern können. Drei dieser selbstlosen Menschen haben wir porträtiert.
  1. Martin Schley Foto: Ingo Schneider
  2. An Weihnachten ist niemand gerne alleine. 200 Freiburger sorgen dafür, dass das auch für Bedürftige gilt (Symbolbild). Foto: dapd
    DER MACHER
    Marc-Oliver Walz ist Gemeindeleiter des Freiburger Corps der Heilsarmee, das seit 1987 die Weihnachtsfeier für Bedürftige an Heiligabend im Paulussaal ausrichtet. Wer dem 31-Jährigen über die Schulter schaut, bekommt eine Ahnung davon, was dahinter steckt. Bei Walz laufen die Fäden zusammen. Er hat die Einkaufs- und Materiallisten erstellt und schaut danach, wer was erledigt. Mit der Planung beginnt Walz im September, neben seiner Tätigkeit als Prediger, Seelsorger und Sozialarbeiter in der "Insel". Das ist die Anlaufstelle für Bedürftige der Heilsarmee an der Löwenstraße, wo auch Gottesdienste stattfinden. Dazu kommt das Spendensammeln. Beispielsweise fließt im Advent jeder Euro, den der Leierkastenmann in der Kaiser-Joseph-Straße einspielt, in den Topf für die Weihnachtsfeier. Zwischen 8000 und 9000 Euro werden gebraucht. Weitere Zahlen veranschaulichen die Dimension: 85 Kilogramm Fleisch werden gebraten, 80 Kilo Rotkraut gehobelt und 400 Liter Saft und Limonade ausgeschenkt. Die Heilsarmisten erwarten rund 300 Gäste. Im Vorjahr waren es 310 Erwachsene und 70 Kinder. Programm gibt es von 18 bis 21 Uhr. Nach dem Essen wird gesungen und Weihnachten mit einem Krippenspiel veranschaulicht. An die 80 Helferinnen und Helfer engagieren sich, ein Kern von 20 Leuten ist von 16 bis 24 Uhr beschäftigt, Marc-Oliver Walz selbst bis weit nach Mitternacht. Rund 30 Arbeitsstunden leistet er ohne Entlohnung. Belohnt fühlt er sich trotzdem. "Vom Leuchten in den Augen der Menschen", sagt er. Offenbar geht es anderen genauso. Jedes Jahr melden sich so viele Helferinnen und Helfer, dass Marc-Oliver Walz regelrecht aus dem Vollen schöpfen kann. "Es geht ihnen darum, anderen Zeit zu schenken."Diese Grundhaltung ist bei der Heilsarmee auch gefragt. Denn mit Essen- und Geschenkeausgabe will es das Corps nicht bewenden lassen, vielmehr soll Nähe und ein Gemeinschaftsgefühl entstehen. Marc-Oliver Walz kann sich nicht vorstellen anders Weihnachten zu feiern, zumal er schon als Kind dabei war, und seine Frau Christiane mithilft, mit der er das Amt des Gemeindeleiters teilt. Seine Eltern Reinhold und Ruth Walz waren früher auch Gemeindeleiter in Freiburg.



    DIE HELFERIN
    Wenn Samira Antar erzählt, strahlt sie. Wobei es nicht so ist, als würde sie alles gut oder gar zum Lachen finden. Samira Antar leidet an einer chronischen Augenkrankheit. Es ist der Glaube, das tief in ihr verwurzelte Gefühl, von Gott begleitet zu sein, das sie strahlen lässt. Der Gott, zu dem die gebürtige Libanesin betet, heißt Allah. Das Miteinander von Christen und Muslimen ist der 59-Jährigen jedoch von klein auf vertraut. Sie ist Tür an Tür mit Christen aufgewachsen und ihre Eltern haben sie im Bewusstsein erzogen, dass Gott für alle Menschen da ist. Wegen des Bürgerkriegs im Libanon war Samira Antar 1990 mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen, seit 2002 wohnt sie im Breisgau.

    Als Muslimin feiert Samira Antar am heutigen Samstag natürlich nicht die Geburt Jesu Christi und damit die Niederkunft Gottes auf Erden, aber sie trägt dazu bei, dass rund 170 Menschen "Gemeinsam Heilig Abend erleben" können. So lautet der Titel der Feier, die das Heinrich-Hansjakob-Haus, das Begegnungszentrum für Ältere des Stadtcaritasverbandes in diesem Jahr zum 25. Mal ausrichtet. Angesprochen sind in erster Linie Alleinstehende. Wer will und kann, leistet eine Spende, den Hauptteil der Kosten von etwa 2000 Euro trägt jedoch der Freiburger Verein "Pro Caritate".

    2005 hatte Samira Antar die Feier im Gemeindesaal der Pfarrei St. Cyriak und Perpetua besucht und hat gleich mitgeholfen, Tee und Kaffee auszuschenken und den Gästen zur Hand zu gehen. Denn viele sind durch Krankheiten oder Gebrechen beeinträchtigt, sei es, dass sie blind sind, an den Folgen eines Schlaganfalls leiden oder im Rollstuhl sitzen. Seitdem kommt Samira Antar nahezu täglich ins Heinrich-Hansjakob-Haus und hilft, wo immer sie gebraucht wird, und damit auch bei der Weihnachtsfeier.

    Schon am Freitag war sie von zehn Uhr an bis zum späten Nachmittag tätig. Es galt, den Saal zu bestuhlen und zu dekorieren, die Küche vorzubereiten. Auch hier gibt es Süßes und Deftiges. Außer Samira Antar sorgen rund 20 Männer und Frauen dafür, dass alles klappt und die Besucher sich wohlfühlen. Dazu gehört auch, sich dazu zu setzen, zuzuhören und wenn nötig zu trösten. "An Weihnachten werden bei vielen alten Menschen Erinnerungen wach, die zum Teil sehr schmerzhaft sind, etwa an den Krieg oder an verstorbene Angehörige", erzählt Samira Antar. Auch sie lebt allein. Ihre drei Kinder sind längst erwachsen und haben selbst Familien gegründet. Das siebte Enkelkind ist unterwegs.

    DER MODERATOR
    Es ist neun Jahre her. Da hatte die 2009 verstorbene Sissi Walther-Kligler den Freiburger Kabarettisten Martin Schley angesprochen, ob er nicht bei der Weihnachtsfeier der Initiative "Bürger helfen Bürgern" am ersten Weihnachtstag im Gemeindesaal der Christuskirche mithelfen würde. Durch den Tod der früheren SWR-Journalistin Viola Blankenburg war eine wesentliche Stelle im Team der Ehrenamtlichen vakant geworden. Viola Blankenburg hatte ihre Kontakte zu Künstlern, vor allem zu Musikern und Sängern eingebracht. Denn was wäre eine Weihnachtsfeier ohne Musik? Auch am Sonntag in der Wodanhalle, wo die Feier in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet, werden Kreative dabei sein: Gottfried Beck, Pianist vom Freiburger Senioren Salonorchester, die Erzählerin Amina Feder aus Kirchzarten, die Gruppe "Kunsthartz" und die Jazzband "Halleluja Stompers". Martin Schley, der als SWR-Hausmeister Edwin Hämmerle, als Autor, auch bei der BZ, als Regisseur, Schauspieler und Mundartdichter bekannt ist, moderiert die Feier. "Es ist ein schönes Gefühl etwas zu tun, das notwendig ist", sagt der 61-Jährige. Notwendig sei, dafür zu sorgen, dass Menschen an Weihnachten nicht allein sind. Martin Schley selbst war das noch nie. Er ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.

    Zwischen 150 und 250 Besucherinnen und Besucher kommen zur Feier. Je unwirtlicher das Wetter ist, desto mehr kommen, ist Schleys Erfahrung. Außer ihm sind es rund 50 Frauen und Männer, die beim Aufbau und beim Dekorieren mitarbeiten, beim Ausgeben von Essen und Getränken, beim Verteilen der Geschenke und schließlich beim Aufräumen. "Wir haben einen festen Stamm von Helferinnen und Helfern, aber es ist erstaunlich, dass sich immer wieder Leute melden und mitmachen wollen", erzählt Martin Schley. Die Hauptarbeit leistet ein Team von fünf Leuten unter Leitung von Ricarda Kräuter-Schächtele, Inhaberin der Modellagentur Allure im Ortsteil Tiengen. Bei einem ersten Treffen jedes Jahr Ende Oktober oder Anfang November wird besprochen, wer was erledigt.

    Auch bei "Bürger helfen Bürgern" hat das Spendensammeln einen hohen Stellenwert. Zwischen 6000 und 7000 Euro sind nötig, um die Ausgaben für die Feier und für die Geschenke an die Besucher zu bezahlen. Dazu kommen warme Jacken, Mützen und Handschuhe, die vor allem von Geschäften gestiftet wurden. Auch sind schon 150 Tüten mit Nützlichem und Leckerem gepackt, zu jeder Tüte gibt es Weihnachtsgrüße, die Schülerinnen und Schüler vom Wentzinger-Gymnasium im Stadtteil Mooswald geschrieben haben.

    Weihnachtsfeiern

    Die Heilsarmee veranstaltet die Feier am Heiligabend im Paulussaal, Dreisamstraße 3, von 18 bis 21 Uhr. Am selben Tag: "Gemeinsam Heilig Abend erleben" im Gemeindesaal St. Cyriak und Perpetua, Prinz-Eugen-Straße 2. Sie beginnt um 15 Uhr mit einer Eucharistiefeier mit Dompfarrer a. D. Erich Wittner, und endet um 20 Uhr. Die Feier in der Wodanhalle, Leo-Wohleb-Straße 4, ist am ersten Weihnachtstag, 25. Dezember. Sie beginnt um 12 Uhr und endet um 16 Uhr.

    Am zweiten Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember, richtet der Förderverein "Essenstreff Schwarzwaldstraße" eine Feier von 12 bis 16.30 Uhr im Maria-Hilf-Saal, Zasiusstraße 109, aus. Das Mittagessen kochen Mitglieder der Laurentius-Bruderschaft in der Küche der Zahner Feinkost GmbH.

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