Abgang. Die Marke Christian Wulff ist stark beschädigt. - FOTO: REUTERS
Die Weihnachtsansprache des Christian Wulff dürfte kaum noch jemanden interessieren. Mit der Kernbotschaft, Zusammenhalt in der Gesellschaft, lockt man spätestens nach Wulffs persönlicher Erklärung vom Donnerstag keinen ordentlichen Häuslebauer mehr hinter dem Weihnachtsofen hervor. Dem öffentlichen Druck konnte Wulff eindeutig nicht mehr Stand halten.
Hinter den Kulissen des Schloss Bellevue müssen sich seit Tagen chaotische Szenen abgespielt haben, während der Erklärung musste sich Wulff immer wieder am Rednerpult festhalten, wirkte gezeichnet
Im Vordergrund stand für Wulffs Fans, Gegner und auch für viele Medien seine Entschuldigung, wenn sich auch alle darüber einig sind, dass diese einige Tage zu spät kam. Dabei haben wenige bemerkt, was für eine Dramatik wirklich in der persönlichen Erklärung steckte.
Ähnlich wie im Fall Karl Theodor zu Guttenberg hat auch Christian Wulff den Bezug zur Realität scheinbar gänzlich verloren. Konkret: "Ich weiß um meine Verantwortung als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Ich werde das Amt auch in Zukunft gewissenhaft und mit ganzer Kraft ausfüllen...ich bitte die Bürgerinnen und Bürger auch künftig um ihr Vertrauen", sagte Wulff unter anderem in seiner Rede.
Man muss bezweifeln, ob sich der Bundespräsident wirklich seiner Verantwortung bewusst war und ist. Verantwortung bedeutet, Fehler nicht nur einzugestehen, sondern auch dafür die Konsequenzen zu tragen. Und weitere Fragen müssen erlaubt sein: wenn er sich seiner Verantwortung bewusst ist, kann er dann so handeln? Darf er die Unwahrheit sagen? Und...darf er in Kauf nehmen, das Amt des Bundespräsidenten nachhaltig zu schädigen? Hatte er in den letzten Tagen wirklich die Kraft, das Amt auszuführen? Er bittet um Vertrauen, denn er weiß, dass er auch nach den letzten Umfragen genau das nicht mehr hat.
In der Sache zwar völlig verschieden, gibt es doch zum Fall zu Guttenberg große Schnittmengen. Sowohl zu Guttenberg als auch Wulff scheinen einen gewissen Hang und Drang nach mehr Schein als Sein zu haben. Zu Guttenberg fälscht seine Doktorarbeit, Christian Wulff kauft ein Haus, für das er eigentlich kein Geld hat. Und eventuell auch gar keinen Kredit von der Bank bekommen würde. Beide sonnen sich im Glamour und der Schönheit ihrer Ehefrauen, sind sie doch selbst recht blass.
Einflussreiche Freunde scheinen für beide enorm wichtig, da tut es auch gut, wenn die Freunde Geld haben, auch wenn man selbst nicht mithalten kann. Sowohl Wulff als auch zu Guttenberg sind scheinbar von der Macht getrieben. So sehr, dass zwar beide fähig sind sich zu entschuldigen, das wird auch zur Kenntnis genommen. Aber irgendwie will beiden niemand so richtig Glauben schenken. Man wird das Gefühl nicht los, als könnten beide von der Macht des "einen Rings", ähnlich wie im Mythos "Der Herr der Ringe" einfach nicht lassen. Man könnte es auch schlicht als Vertrauensverlust bezeichnen. Soweit so schlimm. Wenn genau hier nicht ein entscheidendes Problem wäre. Unter Markengesichtspunkten haben sowohl zu Guttenberg als auch Christian Wulff ihren eigens entwickelten Markenkern zerstört. Beide haben auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen gesetzt. Und beide haben genau dieses Gut selbst pulverisiert. Betrachtet man zu Guttenberg und Christian Wulff einmal als Verbrauchermarken, wird das ganze Ausmaß der Tragödie erst richtig sichtbar.
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