Friday, December 23, 2011

Wie war das wirklich mit der Geburt Jesu?

Die Geburt Christi. Schnitzarbeit aus dem erzgebirgischen Stützengrün. Foto: ddp
Die Geburt Christi. Schnitzarbeit aus dem erzgebirgischen Stützengrün. - FOTO: DDP
Seit Jahrhunderten wird die Geschichte vom Kind in der Krippe gelesen und gespielt. Aufgeschrieben hat sie einst der Evangelist Lukas. Mit der Wahrheit nahm er es wohl nicht so genau.





Die Erzählungen von Jesus haben die Welt verändert. Sie haben Menschen dazu gebracht, bedingungslos zu lieben – und in Kreuzzüge zu ziehen. Martin Luther haben sie Trost gespendet in seiner Höllenangst, Dietrich Bonhoeffer fand darin Kraft für seinen Widerstand gegen die Nazis. Jesus sprach von seinem Vater im Himmel, erweckte Tote zum Leben und predigte Feindesliebe, mal in unverständlichen Rätseln, mal in Bildern und Gleichnissen, die heute genauso eingängig sind wie vor 2000 Jahren. Sein Leben, Wirken und Sterben ist überliefert in den vier Evangelien nach Markus, Matthäus, Lukas und Johannes.
Sie stehen im zweiten Teil der Bibel, im Neuen Testament. Am bekanntesten ist wohl die Weihnachtsgeschichte, die von Jesu Geburt im Stall in Bethlehem berichtet. In jedem Gottesdienst an Heiligabend wird diese Geschichte gelesen, Millionen Kinder spielen sie nach.
Was ist dran an der Weihnachtsgeschichte?
Die meisten Theologen, die sich heute mit der Erforschung des Neuen Testaments beschäftigen, gehen davon aus, dass Lukas die Geschichte von der Geburt im Stall erfunden hat, um Jesu Leben in eine bestimmte Richtung zu deuten. Die anderen drei Evangelisten kommen der Wirklichkeit aber nicht näher, nur weil sie die Geburtsgeschichte weglassen. Auch ihnen ging es nicht darum, ein Abbild der Wirklichkeit vor 2000 Jahren zu liefern. Sie waren keine Historiker, sondern fromme Männer, die mit ihren Geschichten Anhänger für die neue Religion, das Christentum, gewinnen wollten.
Jesus selbst hat nichts Schriftliches hinterlassen. Historiker sind sich einig, dass er aus Nazareth stammte und vermutlich um 4 v. Chr. als ältester Sohn einer jüdischer Handwerkerfamilie geboren wurde. Der römische Mönch, der später die christliche Zeitrechnung begründete, hat sich verrechnet. Jesus wurde religiös erzogen und lebte 30 Jahre unauffällig im Dorf seiner Familie. Historisch belegt ist auch, dass er Anhänger von Johannes dem Täufer wurde. Er löste sich aber bald wieder von ihm und verbreitete als Wanderprediger seine eigene Lehre von einem liebenden Gott, der sich den Menschen zuwendet und Fehler verzeiht. Jesus fiel auch deshalb schnell auf, weil er sich bewusst mit gesellschaftlichen Außenseitern umgab. Die Römer nahmen ihn fest und kreuzigten ihn. Das war damals die übliche Strafe für Querulanten und vermeintlich Aufständische.
Wer waren die vier Evangelisten?
Die Forscher wissen wenig über sie. Es ist nicht mal klar, ob sie tatsächlich Markus, Matthäus, Lukas und Johannes hießen. Fest steht: Keiner von ihnen kannte Jesus persönlich. Sie griffen auf das zurück, was man sich in den frühchristlichen Gemeinden in Palästina, Syrien, Griechenland und Kleinasien über den „Nazarener“ erzählte und aufgeschrieben hatte und mischten es mit Mythen aus anderen Religionen und Kulturen der Zeit.
Als Erster brachte Markus das Leben Jesu in die Form einer zusammenhängenden Erzählung, wohl um das Jahr 70. Da war Jesus schon 40 Jahre tot. Lange Zeit dachte man, dieser Markus sei ein Begleiter des Apostels Paulus gewesen. Heute vermutet man, dass dem Schreiber die Nähe zu Paulus angedichtet wurde, um seinem Text Autorität zu verleihen. Matthäus schrieb seine Version zehn bis zwanzig Jahre nach Markus auf, wahrscheinlich in Syrien. Matthäus war wohl nicht der Jesus-Jünger selben Namens, sondern ein unbekannter Verfasser. Aus seinem Text wird deutlich, dass er mit dem Judentum vertraut war, weshalb man vermutet, dass er ein jüdischer Schriftgelehrter war, bevor er zum Christentum übergetreten ist. Das Lukasevangelium ist erzählerisch ausgefeilter als die anderen Evangelien. Offenbar gehörte Lukas zur gebildeten Schicht. Forscher vermuten, dass er Grieche war, vielleicht ein Arzt. Da die Römer bei ihm ziemlich gut wegkommen, geht man davon aus, dass er seinen Text zwischen 80 und 90 verfasst hat – zu einer Zeit, als die Römer von den Christenverfolgungen abließen. Johannes schrieb noch mal zwanzig Jahre später, früher dachte man, dieser Evangelist sei der Lieblingsjünger Johannes gewesen. Heute weiß man: Auch diese Zuordnung stimmt nicht. Wer dieser Johannes wirklich war, bleibt im Dunkeln. Offenbar kannte er sich gut mit der griechischen Philosophie aus, vielleicht war er wie Lukas Grieche.

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