Wednesday, December 21, 2011

Die Beförderungsbedingungen der BVG sind ein Possenspiel

Regeln und Verbote gibt es in Berlins öffentlichen Verkehrsmitteln genug. Es hält sich nur keiner daran. Foto: dpa
Regeln und Verbote gibt es in Berlins öffentlichen Verkehrsmitteln genug. Es hält sich nur keiner daran. - Foto: dpa
Alle beschweren sich über die S-Bahn – aber auch die U-Bahn liegt im Argen. Säufer, Schläger, Musikanten: Die BVG duldet täglich, was sie eigentlich verbietet.
Morgens ist die U-Bahn ein Futtermobil. Tasche unterm Arm, Handy am Ohr, bleibt eine freie Hand für das mit Käse und Schinken gestopfte Panini. Der Nachbar balanciert einen Becher Milchkaffee. Nach der Fahrt kann jeder den Kollegen die klebrige Hand zum Morgengruß bieten.
Wer studiert schon das Kleingedruckte? Auf den Bahnhöfen hängt neben dem Stadtplan ein Dokument, das nur mit Lupe und in gebückter Haltung zu lesen ist: Die Beförderungsbedingungen der Verkehrsbetriebe. „Pst!“, ahnt man die BVG-Chefin sagen, „weil sonst der ganze Bahnsteig lacht.“ Raus mit der Lupe! Paragraf 4. Was ist verboten? Der Genuss von Alkohol – auch ohne Gesetz! – ebenso wie die Mitnahme „übel riechender“ Gestalten, der Verzehr „offener Speisen“ und Auftritte des lärmenden Kleinstkunstgewerbes.
Hunde müssen Maulkorb tragen (noch nie erlebt!). Untersagt ist, in Abfallkörben zu wühlen, die „Motz“ feilzubieten, zu betteln und „mit dem Ziel des Gelderwerbs Schau- oder andere Darstellungen“ vorzuführen.
Selten so gelacht, die Paragrafen sind ein Possenspiel. Denn die BVG untersagt wortreich alles, was sie täglich duldet und und „mit dem Ziel des Gelderwerbs“ befördert. Senf und Mayo, Currywurst und Riesenfritten gibt es an der Bahnsteigkante. Dazu Sprit in jeder Menge. Ein Prösterchen am Kiosk neben den Geleisen und dann: „Gute Weiterfahrt!“
In ihrem Internetauftritt präsentiert sich die BVG als „modernes Dienstleistungsunternehmen“, das sich „mit innovativen Strategien den Herausforderungen der Zeit stellt“. Das ist Leitbild-Papperlapapp. Aber im Zeitalter von Mario Barth und Cindy aus Marzahn stellt sich die BVG der Herausforderung, im Spaßbetrieb mitzumischen, und zwar mit diesem launigen Text: Wer Verstöße gegen die „obliegenden Pflichten“ beobachtet, habe diese dem Aufsichtspersonal zu melden. Ist keins vor Ort, sind die Beschwerden „unter Angabe von Datum, Uhrzeit, Wagen- und Linienbezeichnung sowie möglichst unter Beifügung des Fahrausweises an die Verwaltung des Verkehrsunternehmens zu richten“. So groß kann kein Postsack sein

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