- Die Zukunft von Christian Wulff als Bundespräsident ist ungewiss. Sein Rückhalt in der CDU schwindet. - FOTO: DPA
Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet angesichts der neuen Vorwürfe gegen Bundespräsident Christian Wulff eine weitere persönliche Erklärung vom Staatsoberhaupt. "Die Bundeskanzlerin geht davon aus, dass er sich erklärt“, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch in Berlin. Erwartungen an eine solche Stellungnahme äußerte er aber nicht. Das wäre "ungehörig". Streiter betonte, die Kanzlerin schätze Wulffs Arbeit außerordentlich. Das habe sie mehrfach gesagt und "davon hat sie nichts zu widerrufen". Merkel habe "volles Vertrauen", dass Wulff auch weiterhin alle offenen Fragen beantworte. Nach Informationen des ARD-Morgenmagazins will Bundespräsident Christian Wulff im Amt bleiben. Wulff habe sich entschieden, nicht zurückzutreten, meldete das ARD-Morgenmagazin unter Berufung auf zuverlässige Quellen in der Umgebung des Staatsoberhauptes. Das Bundespräsidialamt war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Laut dpa-Informationen will sich Wulff noch am Mittwoch in einem gemeinsamen Interview für ARD und ZDF äußern. Das Bundespräsidialamt sagt, dass es am Mittwoch eine Erklärung Wulffs geben werde, allerdings werden der genaue Zeitpunkt und die Form der Erklärung noch bekanntgegeben, teilte die Pressestelle des Bundespräsidialamtes mit. Laut ARD könnte die Erklärung am frühen Nachmittag oder Abend erfolgen.
In Kreisen der Unionsfraktion wird die Situation für den Bundespräsidenten als durchaus kritisch eingeschätzt. Als erste prominente CDU-Politikerin sprach sich nun Vera Lengsfeld offen für einen Rücktritt Wulffs aus. In einem Interview von „Handelsblatt Online“ schlug sie zugleich den früheren Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, als Nachfolger vor. SPD-Chef Sigmar Gabriel schreibt auf seiner Facebook-Seite, dass nachwievor gelte: "
Der Versuch von Bundespräsident Christian Wulff, die Berichterstattung in den Medien über seine Immobilienfinanzierung zu verhindern, hat den Druck auf das Staatsoberhaupt verschärft. Politiker aller Parteien forderten Wulff am Dienstag auf, sich zu erklären. Die Bundesregierung wollte sich zu den Vorfällen ausdrücklich nicht äußern. Im Präsidialamt hieß es lediglich, Wulff nehme seine Amtsgeschäfte wie geplant am Mittwoch wieder auf.
Im Zusammenhang mit dem Mailbox-Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Diekmann prüft die Berliner Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Wulff wegen des Verdachts der Nötigung. Bei der Staatsanwaltschaft Hannover liegen mittlerweile mehr als 20 Anzeigen im Zusammenhang mit dem Privatkredit für Wulffs Haus vor. Einen Anfangsverdacht für eine Straftat gab es nach bisheriger Prüfung nicht. Strafanzeigen sind jederzeit möglich, jeder Bürger kann sie stellen.
Derweil wurde bekannt, dass der Präsident nicht nur im Fall seiner Immobilienaffäre Mitte Dezember Druck auf die „Bild“-Zeitung ausgeübt, sondern noch in weiteren Fällenunliebsame Berichte über seine Person zu verhindern gesucht hat. Die „Welt am Sonntag“ berichtete von einem Versuch, im Sommer 2011 Druck auf einen Reporter der Zeitung auszuüben, der im Umfeld von Wulffs Familie recherchiert hatte.
Nach Bekanntwerden der Telefonanrufe des Präsidenten bei den Spitzen des Springer-Verlages im Dezember wurde gegen Wulff Anzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft erhoben. Die Behörde prüft das Vorliegen eines Anfangsverdachtes.
Spitzenpolitiker aus der Koalition mahnten den Präsidenten, die Vorwürfe rasch aufzuklären. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt legte ihm eine Erklärung zu der versuchten Einflussnahme nahe. Auch die FDP-Spitze forderte das. „Es liegt natürlich an dem Bundespräsidenten selbst, die entstandenen Irritationen aus dem Weg zu räumen. Ich persönlich bin ganz zuversichtlich, dass ihm das gelingen wird“, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte hingegen, die Entschuldigung Wulffs bei der „Bild“-Zeitung zu akzeptieren. Wulff hatte sich bei „Bild“-Chefredakteur Dieckmann für seinen Drohanruf am 12. Dezember entschuldigt.
Deutlich schärfer kritisierte die Opposition das Staatsoberhaupt. „Die politische Schonfrist geht zu Ende“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. „Wulff hatte drei Wochen Zeit, die Vorwürfe zu entkräften. Das ist ihm nicht gelungen.“ Linksfraktionsvize Ulrich Maurer legte Wulff einen Rücktritt nahe. „Christian Wulff hat das Amt und damit die Bundesrepublik massiv beschädigt“, sagte er. „Das Maß ist voll, der Präsident muss die Konsequenzen ziehen.“ Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn beklagte,Wulff sei „den Anforderungen des Amtes nicht gewachsen“. Die Glaubwürdigkeit des Präsidenten sei beschädigt. Auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte der Grünen-Politiker eine klare Positionierung.
Der ehemalige CDU-Spitzenpolitiker und Ministerpräsident Bernhard Vogel forderte den Schluss der Debatte. „Die Diskussion muss ein Ende finden“, sagte Vogel dem Tagesspiegel, „sonst nimmt das Amt des Präsidenten und das Land Schaden“. Vogel forderte „alle Seiten“ zur Aufklärung auf. Von Wulff erwarte er eine „umfassende Erklärung zu den Vorwürfen, die ihm gemacht werden“. Dies gelte aber auch für die Medien, mit der zögerlichen Publikation ihrer Vorwürfe. „Danach muss Schluss sein“, sagte Vogel. (mit dpa)
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