Sunday, January 22, 2012

Tausende Unbeteiligte gerieten ins Visier


Auch der eine oder andere mit Handy telefonierende Polizist dürfte im Raster hängen geblieben sein. Foto: Imago 
Auch der eine oder andere mit Handy telefonierende Polizist dürfte im Raster hängen geblieben sein. - FOTO: IMAGO
Polizisten werten gern Handydaten in der Nähe von Tatorten aus. Das trifft oft Unbeteiligte. Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses ist das umstrittene Fahndungsmittel am Montag Thema.




Die Empörung ist groß, Datenschützer, Anwälte und Oppositionspolitiker sind vom Ausmaß bisher polizeilich angeforderter Handydaten offenbar überrascht worden. Dabei sind die technischen und rechtlichen Möglichkeiten seit langem bekannt. Vergangene Woche stellte sich heraus, dass in Berlin womöglich millionenfach Telefondaten erfasst wurden – und zwar unter dem öffentlichen Druck, endlich einen Autobrandstifter zu fassen. Am heutigen Montag soll im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses darüber gesprochen werden.
Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte die flächendeckende Auswertung verteidigt, ein Richter den Einsatz genehmigt.

Die Opposition will wissen, wie viele Telefondaten tatsächlich ausgewertet worden sind. Wohlgemerkt: Eine Funkzellenabfrage trifft je nach Kiez bis zu tausende Unbeteiligte. Wer nah an einem Tatort wohnt oder in einer Kneipe sitzt, wird registriert, sobald er ein eingeschaltetes Handy dabei hat.
Die vergangene Woche zunächst bekannt gewordene Funkzellenabfrage vom Herbst 2009 erfolgte nach einer Brandstiftung in Friedrichshain. Die Polizei ließ sich daraufhin von Mobilfunkbetreibern die Handydaten von 13 Funkzellen in Tatortnähe geben. Gespeichert waren: Rufnummern von Anrufern und Angerufenen, Uhrzeit, ungefährer Standort, Gesprächsdauer. Viele Juristen finden das übertrieben, selbst wenn die Daten der Anwohner gelöscht worden sein sollten.
Wegen vieler Autobrände in den letzten Jahren gehört die – von Richtern zuvor zu genehmigende – Handydatenauswertung zur Ermittler-Routine. Dennoch ist so in keinem bekannten Fall ein Verdächtiger gefasst worden. Aber, sagen Kritiker, tausende Unbeteiligte sind zumindest als Datenset ins Visier geraten.

Will man nicht das Telefonverhalten der Bewohner ganzer Kieze ausforschen, macht die Methode letztlich nur Sinn, wenn ein Handy irgendwann tatsächlich in zwei oder mehr Funkzellen auftaucht, die rund um verschiedene Tatorte liegen. Denn dann könnte es sich beim Benutzer des Mobiltelefons vielleicht um einen Serienbrandstifter handeln. Muss es aber nicht.


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