Bundespräsident Christian Wulff kommt erneut in Schwierigkeiten. Er soll am 12. Dezember 2011 versucht haben, einen Bericht in der „Bild“-Zeitung über seinen umstrittenen Kreditvertrag mit dem Ehepaar Geerkens zu verhindern.
Was ist da genau vor sich gegangen?
Anfang Dezember reiste Bundespräsident Christian Wulff mit seiner Frau Bettina durch die Golf-Staaten, als ihn eine Anfrage aus Berlin ereilte. Die „Bild“ wollte über die Finanzierung seines Hauses mit Unterstützung des Unternehmerpaars Geerkens berichten und bat um Stellungnahme.
Die gab Wulff ab, zog sie aber wieder zurück und wählte am 12. Dezember, einen Tag, bevor der Artikel in Deutschlands auflagenstärkster Tageszeitung erscheinen sollte, die Handynummer des Chefredakteurs Kai Diekmann. Wulff drohte in dem Anruf mit einem „endgültigen Bruch“ mit dem Springer-Verlag, falls diese Geschichte tatsächlich erscheine. Für ihn und seine Frau sei „der Rubikon überschritten“. Wenn „Bild“ „Krieg führen“ wolle, dann solle man darüber nach seiner Rückkehr sprechen. Er drohte mit strafrechtlichen Konsequenzen für den verantwortlichen „Bild“-Redakteur. Noch am Tag vor seinen Anrufen hatte Wulff in Doha eine Rede gehalten und darin gesagt: Der „Wert von unabhängigen Medien“ sei „nicht hoch genug einzuschätzen.“
Weil Diekmann zum Zeitpunkt von Wulffs Anruf auf Dienstreise in New York weilte, erreichte der Bundespräsident nur Diekmanns Mailbox – und hielt seinen Wutausbruch damit sogar auf Band fest. Auch bei Springer-Vorstand Mathias Döpfner rief Wulff an und bat diesen darum, auf Diekmann Einfluss zu nehmen, wie der Verlag am Montag bestätigte. Doch Döpfner habe Wulff in knapper Form mitgeteilt, sich nicht in die Belange der Redaktion einzumischen.
Zwei Tage nach der ersten Veröffentlichung in der „Bild“kontaktierte Wulff Diekmann erneut und und „bat in einem Telefonat persönlich um Entschuldigung für Ton und Inhalt seiner Äußerungen auf der Handy-Mailbox“, heißt es in einer Stellungnahme, die die „Bild“ am Montag veröffentlichte. Nach „breiter redaktioneller Debatte“ habe die „Bild“ nach dieser Entschuldigung davon abgesehen, über den Vorfall zu berichten. Trotzdem wurde die Geschichte publik. „Bild“-Redakteure hatten sich offenbar mit anderen Journalisten ausgetauscht. Diekmann selbst will sich zu dem Vorfall nicht offiziell äußern.
Was sagt dieser Vorgang über das Verhältnis zwischen Wulff und „Bild“?
Auch der „Stern“ hatte intensiv zur Kreditaffäre recherchiert, ebenfalls der „Spiegel“, der titelte: „Der falsche Präsident“. Doch bei den Chefredakteuren beider Zeitschriften versuchte Wulff nicht zu intervenieren. Bei Diekmann hingegen schien er sich Chancen ausgerechnet zu haben – wohl auch, weil er von der „Bild“ andere Geschichten gewohnt ist, seine Beziehung zu deren Chefredakteur womöglich falsch eingeschätzt hat. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau Christiane hatte die „Bild“ ausführlich über das neue Glück mit Bettina und ihrer Patchworkfamilie berichtet. Und noch kurz vor Wulffs Anruf bei Diekmann hieß es bei Bild.de über die Reise des Bundespräsidenten in die Golfregion: „Expedition Romantik“. Doch Wulff muss nun offenbar erfahren, was bereits andere Politiker und Prominente erlebten und Springer-Chef Döpfner 2006 als Prinzip der „Bild“ beschrieb: „Wer mit ihr im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten.“
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