Thursday, August 15, 2013

USA ruft ihre Staatsbürger aus Ägypten zurück


Die Situation in Ägypten eskaliert weiter. Die USA rufen ihre Bürger auf, das Land zu verlassen, der UN-Sicherheitsrat kommt noch am Donnerstagabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Das Ausmaß der Kämpfe der letzten Tage wird erst nach und nach sichtbar.

Nach den tödlichen Unruhen in Ägypten wird der UN-Sicherheitsrat nach Diplomatenangaben noch am Donnerstagnachmittag (23.30 Uhr MESZ) zu einer Dringlichkeitssitzung in New York zusammentreten. Zuvor hatten Frankreich, Großbritannien und Australien laut Diplomatenkreisen eine solche Sondersitzung der 15 Mitgliedstaaten beantragt.
Die USA hatten kurz zuvor ihre Bürger zum Verlassen Ägyptens aufgerufen. Grund seien die politischen und sozialen Unruhen in dem Land. Die US-Botschaft bleibe aber vorerst geöffnet.
US-Bürger seien dringend dazu aufgerufen, Demonstrationen in Ägypten zu meiden. Selbst friedliche Proteste könnten sich schnell in gewalttätige Zusammenstöße verwandeln.
Den Anweisungen vor Ort sei unbedingt Folge zu leisten, hieß es. Außerdem sollten Reisende sich ausweisen können, ein Handy bei sich tragen und sich in örtlichen Medien über die Sicherheitslage zu informieren. Die Unruhen hatten seit Mittwoch Hunderte Tote gefordert.
Große Sorgen bereitet nach Ansicht des US-Außenamts die geschlechtsbezogene Gewalt, die auch Ausländer treffen kann. Frauen seien im Umfeld der Proteste mehrfach Ziel sexueller Übergriffe geworden.
Obwohl die schwersten Zusammenstöße aus Metropolregionen wie Kairo, Alexandria und Port Said gemeldet wurden, habe es zuletzt auch aus anderen Regionen Berichte über bewaffnete Angriffe gegeben, teilte das US-Außenamt mit.
EU-Diplomaten wollen Montag über die Lage in Ägypten beraten
Hochrangige EU-Diplomaten wollen am Montag bei einem Treffen in Brüssel über die Lage in Ägypten beraten. Bei der Zusammenkunft werde es auch um mögliche Schritte der Europäischen Union (EU) gehen, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Donnerstagabend. Die Botschafter wollten auch über eine Sitzung der EU-Außenminister sprechen. Eine Entscheidung über einen Zeitpunkt für solch ein Treffen sei aber noch nicht getroffen worden. Zuvor hatte das italienische Außenministerium mitgeteilt, dass die EU-Außenminister wahrscheinlich in der nächsten Woche zusammenkommen wollten.
Mehrere skandinavische Reiseveranstalter entschieden, ihre Urlauber aus dem Land zurückzuholen. Das meldete die dänische Nachrichtenagentur Ritzau am Donnerstagabend. Betroffen seien mehrere hundert Dänen, Norweger und Schweden. Die Reiseveranstalter Star Tour, Ving, Apollo und Spies wollten ihre Gäste bis spätestens Montag wieder nach Hause holen.

Erst nach und nach wird das Ausmaß der Kämpfe zwischen dem Militär und den Anhängern Mursis bekannt

Erst jetzt, einen Tag nach den Auseinandersetzungen zwischen den militärischen Machthabern und den islamistischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi wird das ganze Ausmaß der bürgerkriegsähnlichen Kämpfe in Ägypten sichtbar. Die Behörden erhöhten am Donnerstag fast stündlich die Opferzahlen. Am Abend waren 638 Tote offiziell bestätigt. Verletzt worden seien 4201 Menschen. Die oppositionellen Muslimbrüder gehen von mehr als 3000 getöteten Menschen aus.
Während es in der Hauptstadt Kairo zu neuen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten kam, gab es weltweit Kritik an dem brutalen Vorgehen der militärischen Übergangsregierung. Das Auswärtige Amt verschärfte die Reisehinweise für Ägypten.

Ägyptisches Innenministerium weist Polizei an, mit scharfer Munition zu schießen

Das ägyptische Innenministerium hat die Polizei am Donnerstag angewiesen, mit scharfer Munition auf Plünderer und Saboteure zu schießen. Damit solle verhindert werden, dass öffentliche Gebäude in Brand gesetzt und Waffen aus Polizeistationen gestohlen werden. Zuvor hatte es einen Angriff auf ein Regierungsgebäude in Gizeh bei Kairo gegeben. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen haben mutmaßliche Extremisten zudem im Norden der Sinai-Halbinsel fünf Soldaten getötet.





In der Hafenstadt Alexandria sollen vier Menschen getötet worden sein, als sich Anwohner einem Protestmarsch der Muslimbrüder entgegenstellten. Auch Angriffe auf Christen haben dramatisch zugenommen. Landesweit seien mehrere Dutzend Kirchen angegriffen und teilweise verwüstet worden, berichtete die staatliche Zeitung „Al Ahram“ unter Berufung auf die Kirchenführung der Kopten, der christlichen Minderheit am Nil.

Untersuchungshaft für Mursi um 30 Tage verlängert

Ein ägyptischer Untersuchungsrichter hat die Untersuchungshaft für den gestürzten Präsidenten Mursi um 30 Tage verlängert. Dies berichtete die offizielle ägyptische Nachrichtenagentur Middle East News Agency. Mursi war am 3. Juli durch das Militär abgesetzt worden und befindet sich an einem geheimen Ort. Die Islamisten wollen die Proteste nach den Freitagsgebeten fortsetzen. Das ägyptische Nachrichtenportal „youm7“ berichtete, Sicherheitskräfte befürchteten eine neue Welle der Gewalt.

Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Ägypten ab

Das Auswärtige Amt rät von Reisen in das nordafrikanische Land, insbesondere ins Nildelta, nach Kairo und Oberägypten dringend ab. Auch vor Reisen auf den Nord-Sinai wird gewarnt. Die Teilreisewarnung gelte derzeit nicht für die Touristengebiete am Roten Meer und auf der Sinai-Halbinsel im Küstenstreifen zwischen Scharm el Scheich und Nuwaiba.

Obama sagt gemeinsame Militärmanöver mit Ägypten ab

US-Präsident Barack Obama sagte die für September geplanten Militärmanöver mit den ägyptischen Streitkräften ab. Ägypten sei auf einem „gefährlichen Weg“, sagte Obama bei einer Pressekonferenz. Die Regierungen in Berlin, Paris, London und Rom bestellten am Donnerstag die ägyptischen Botschafter ein, die Regierung in der Türkei forderte eine rasche Debatte des UN-Sicherheitsrats. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte Konsequenzen aus der blutigen Räumung von Protestlagern der Islamisten an. Dazu liefen derzeit internationale Abstimmungen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), brachte eine zeitweilige Aussetzung der wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenarbeit mit Ägypten ins Gespräch. (mit AFP, dpa, rtr)

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