Friday, August 23, 2013

Berlin, wie nie gebucht


Die Hauptstadt freut sich über eine Rekordzahl an Touristen, die hier viel Geld ausgeben – und will sie noch etwas mehr zur Kasse bitten. Ab Ende dieses Jahres, so plant Klaus Wowereit, sollen Privatbesucher einen Aufschlag von fünf Prozent auf Hotelkosten zahlen

Flughafen-Debakel, Finanznot in den Bezirken – unerfreuliche Konflikte für den Regierenden Bürgermeister. Am Freitagvormittag jedoch konnte sich Klaus Wowereit (SPD) mal wieder einem rundherum erfreulichen Thema widmen. „Der Berlin-Tourismus entwickelt sich prächtig“, verkündete er gut gelaunt anlässlich des 20-jährigen Bestehens der „Berlin Tourismus & Kongress GmbH“, kurz visit Berlin. Die Berlin-Werber hatten eingeladen, um ihre Aktivitäten und den kräftigen Aufwärtstrend bei den Besucherzahlen seit Gründung des Unternehmens zu dokumentieren. So hat sich die Zahl der Gäste von drei Millionen im Jahr 1993 auf geschätzte über elf Millionen bis Ende 2013 fast vervierfacht.
 
 
Von diesem Zulauf profitieren auch Berlins Geschäfte: Alleine im ersten Halbjahr 2013 wuchsen die Einzelhandelsumsätze laut Statistischem Landesamt um 8,1 Prozent.
In den Jubelchor zu „Berlins Tourismus-Erfolgsgeschichte“ stimmte auch Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) ein. 2013 sei Berlin mit mehr als 26 Millionen erwarteten Übernachtungen von Touristen und Kongressgästen bis zum Jahresende so gut ausgebucht wie noch nie, teilte sie mit. Tourismus und das Kongressgeschäft sicherten inzwischen knapp 280 000 Arbeitsplätze. Alleine von Januar bis Juni stiegen die Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9,2 Prozent. Und die Zahl der Gäste nahm mit 5,3 Millionen um fünf Prozent zu. „Mit solchen Zuwächsen liegt Berlin europaweit an der Spitze, weit vor allen anderen Großstädten“, sagt Visit-Berlin-Chef Burkhard Kieker. Nur Paris und London haben unterm Strich noch mehr jährliche Touristenübernachtungen, an der Seine sind es 36 Millionen, an der Themse sogar 48 Millionen. Aber während die Zahlen dort stagnieren, arbeitet sich Berlin stetig vor.
Senat und visit Berlin rechnen mit einem jährlichen Wachstum von fünf Prozent, bis 2016 will man 30 Millionen Übernachtungen erreichen. Ein realistisches Ziel? Für Kieker „auf jeden Fall“. Er untermauert dies mit dem Zuwachs bei den Hotelbetten. 1993 gab es in Berlins Herbergen rund 36 000 Gästebetten, zurzeit sind es 130 000 – und bis 2016 sollen noch 20 000 Betten hinzukommen. Aktuell sind die Herbergen trotz des verschärften Wettbewerbes im Durchschnitt zu 53 Prozent ausgelastet, für Kieker ein „gutes Ergebnis“. Die Investoren im Hotelgewerbe gingen davon aus, „dass Berlin das Beste noch vor sich hat“. Kieker: „Schon jetzt gehören wir zu den vier wichtigsten Kongressstädten weltweit.“
Als die GmbH zur Tourismuswerbung vor 20 Jahren gegründet wurde, hieß sie noch „Berlin Tourismus Marketing“ (BTM). Weg vom angestaubten Fremdenverkehrsamt, hin zum professionellen Tourismusmarketing, lautete damals die Devise. Der Anfang war zäh, doch ab dem Jahr 2000 „kam alles dann so richtig in Fahrt“, blicken die Beteiligten zurück. Auch dank des von visit Berlin zusätzlich zusammengerufenen „Runden Tisches Tourismus“, an dem sich regelmäßig Vertreter vieler Branchen treffen, die von Berlins Gästen profitieren – vom Taxigewerbe über die Gastronomie bis zum Einzelhandel.
Dort wurden schon etliche geschäftsfördernde Ideen geboren. Zum Beispiel, Berlin als „Wintertraum“ zu verkaufen, mit romantischen Weihnachtsmärkten und Illuminationen. Seither sind die kalten, einst besucherschwachen Monate besser gebucht. Oder der „Bahn Hit Berlin“, wie ein ganz neues Angebot heißt. Wer drei Übernachtungen in der Hauptstadt bucht, bekommt die Hinfahrt per Bahn gratis dazu. Kieker: „Das Interesse daran nimmt rasant zu.“
Visit Berlin hat zurzeit rund 180 Mitarbeiter und wirtschaftet mit einem 16-Millionen-Jahresetat. Sieben Millionen kommen aus dem Landeshaushalt, den Rest verdient das öffentliche Unternehmen selbst, unter anderem durch den Verkauf der Berlin Tourismus Card oder seinen Buchungsservice für Hotels und Kulturveranstaltungen. Visit-Berlin-Botschafter bemühen sich weltweit, Kongresse nach Berlin zu holen, andere Experten sind derzeit gezielt in China, Brasilien, in Australien, Israel, Russland oder asiatischen Ländern im Einsatz, um dort Interesse an Berlin zu wecken. Erste Erfolge sind schon sichtbar (siehe Grafiken).
„Keine Stadt auf der Welt wird derzeit so gehypt. Die Sympathie für Berlin spürt man überall auf der Welt“, freute sich denn auch Klaus Wowereit anlässlich des Jubiläums. Berlin fasziniere als Stadt, „die sich von der DDR-Diktatur befreit und neu erfunden hat. Wo dies authentisch erfahrbar ist“.
Um die Touristenwerbung finanziell noch mehr zu unterstützen, will der Senat wie berichtet eine City-Tax einführen. Private Berlingäste sollen fünf Prozent auf den Hotelpreis zahlen. Man erhoffe sich jährliche Einnahmen von etwa 20 Millionen Euro, sagte Wowereit, die Hälfte davon solle dann in verschiedenste Projekte gesteckt werden, von Imagekampagnen bis zu neuen touristischen Leitsystemen. Derzeit wird die City Tax im Abgeordnetenhaus beraten. Wowereit erwartet, dass sie „spätestens Ende des Jahres kommt“.
DURCHSCHNITTSALTER
Bei den Gästen aus Deutschland, die derzeit 58,1 Prozent aller Berlinbesucher ausmachen, liegt das Durchschnittsalter bei knapp über 40 Jahren. „Viele gut situierte, bürgerliche Touristen aus anderen Bundesländern kommen hierher, weil sie die Berliner Kultur und Geschichte genießen wollen“, sagen die Tourismus-Werber. Insgesamt besuchten im ersten Halbjahr 2013 rund 3,4 Millionen Deutsche die Hauptstadt. Bei den ausländischen Gästen sinkt das Durchschnittsalter je nach Land teils stark ab, extrem vor allem bei Israelis. Bei der jungen Generation des Landes ist Berlin ausgesprochen populär. Nur zwanzig Jahre sind die israelischen Gäste im Durchschnitt alt.

ZWEI VON DREI KOMMEN WIEDER Täglich halten sich nach Angaben von visit Berlin 500 000 Besucher in Berlin auf. Davon sind rund 30 000 Übernachtungsgäste. Letztere könnten pro Tag in 580 Reisebussen oder 160 Flugzeugen anreisen. 60 Prozent aller Berlin-Besucher kommen nach ihrer ersten Visite später noch mindestens ein bis zwei Mal wieder. CS

Advisor: schlechte Ratschläge teuer


Unternehmensberater kassieren Millionen von angeschlagenen Firmen - und können das Scheitern oft trotzdem nicht verhindern. Rutscht das Unternehmen in die Insolvenz, droht die Rückzahlung der Honorare

„Firmen, die in Not sind, zahlen für Berater oft jeden Preis“, erzählt Michael Pluta. Der Anwalt, der die Insolvenz des Modelleisenbahnbauers Märklin verwaltete, berichtet von Exzessen in dem angeschlagenen Unternehmen. Die Stundensätze der US-Beratungsfirma hätten bei 450 bis 650 Euro gelegen, zeitweise seien bei Märklin bis zu acht Berater gleichzeitig im Haus gewesen.
„Einmal lag der Jahresverlust bei 13 Millionen Euro – und damit genau auf Höhe der Beraterhonorare“, erzählt Pluta. Erfolg hatten die Unternehmensberater bei Märklin nicht – 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an.

Bei der Baumarktkette Praktiker, die im Juli Insolvenz anmeldete, sollen für die Beratungen mehrerer namhafter Gesellschaften seit 2011 insgesamt rund 80 Millionen Euro geflossen sein, berichtete das Wirtschaftsmagazin „Capital“ aus internen Dokumenten. Unter den Gesellschaften waren etwa die Boston Consulting Group (BCG), McKinsey, Roland Berger und Freshfields. „Wir waren bis Mitte 2011 bei Praktiker engagiert“, sagt McKinsey-Sprecher Kai Peter Rath. Die Höhe des Honorars will McKinsey nicht verraten. „Aber unser Anteil daran entspricht einem Bruchteil“, versichert Rath mit Blick auf die im Magazin genannten 80 Millionen Euro. Die Boston Consulting Group erklärte, man sei 2011 und 2012 im Unternehmen gewesen. „Wir haben Praktiker ein Sanierungskonzept vorgeschlagen, das unter anderem eine Effizienzsteigerung und eine Abkehr von der Billigstrategie beinhaltete“, sagt BCG-Partner Ralf Moldenhauer, der sich ebenfalls nicht zum Honorar äußern wollte. Roland Berger wollte keine Stellungnahme abgeben und verwies auf eine Verschwiegenheitserklärung.
Beraterkreisen zufolge soll der Löwenanteil der 80 Millionen Euro auf Rechtsberatung entfallen sein, etwa für die Kapitalerhöhung und die Prüfung von Verträgen. Allein BCG soll fünf Millionen Euro erhalten haben, berichtet ein Insider. Die Berater hätten versucht, Praktiker von der Billigstrategie abzubringen. Weil aber die Umsätze dadurch zunächst gesunken seien, habe das Management Panik bekommen und sei zu „20 Prozent auf alles“ zurückgekehrt.
Nach Ansicht des Berliner Insolvenzverwalters Christian Köhler-Ma sind die Honorare, die in der Branche gezahlt werden, in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. „Wir beobachten, dass die Beratervergütungen, besonders bei Restrukturierungen, sich im Ergebnis an der Unternehmensgröße orientieren“, sagt der Anwalt aus der Kanzlei Leonhardt. Es flössen dann Summen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich. Allerdings seien die Insolvenzfälle auch viel größer als noch vor der Jahrtausendwende. „Auch durch die Investitionen von ausländischen Geldgebern wie Hedgefonds gibt es jetzt öfter als früher Insolvenzen mit Unternehmensgrößen im Milliardenbereich“, meint Köhler-Ma. Dennoch: „Die Unternehmensberater müssen darauf achten, dass die Firmen durch die Dienstleistung nicht in Schieflage geraten“, meint Insolvenzverwalter Michael Pluta.

Fast immer würde die Zahlung der Beraterhonorare noch vor der Insolvenz geregelt, erklärt Köhler-Ma. „Denn nach der Insolvenz sind die Chance für die Gesellschaften, ihr Geld zu bekommen, sehr viel niedriger als etwa die der Mitarbeiter oder Lieferanten.“ Dennoch besteht ein Risiko, dass die Honorare wieder zurückgefordert werden. „Alles, was in den drei Monaten vor der Insolvenz passiert ist, wird eingehend vom Verwalter geprüft“, sagt Köhler-Ma. In diesem Zeitraum könne eine Anfechtung durchaus Erfolg haben. Dabei seien Honorare von Beratern, die gezielt für eine Sanierung geholt würden, leichter zurückzufordern als solche für reguläre Beratung. Ob eine Rückforderung auch bei Praktiker ansteht, wollte ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters der Kette am Donnerstag nicht sagen. „Wir sind derzeit dabei, das Geschäft zu stabilisieren.“ Alles, was vor der Insolvenz liege, werde zu einem späteren Zeitpunkt bewertet.

Steve Ballmer geht, steigt stock


Der Mitarbeiter mit der Nummer 30 war seit 1980 bei Microsoft. Doch bei der Einschätzung von iPhone und Tablet lag er gründlich daneben

Redmond/Berlin - Der Blick auf den aktuellen Börsenkurs seines Unternehmens dürfte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Freitag endgültig die Laune verdorben haben. Kaum hatte er seinen Rücktritt auf Raten verkündet, schoss die Aktie um sieben Prozent nach oben. Die Börsianer waren mehrheitlich wohl der Meinung, dass Microsoft die enormen Herausforderungen ohne seinen lautstarken Chefverkäufer besser meistern kann. Ballmer wird es kaum getröstet haben, dass dieser Kursgewinn sein persönliches Vermögen wegen seines dicken Aktienpakets um bis zu eine Milliarde Dollar gesteigert hat.
 
 
In einer Mail an seine Mitarbeiter hatte Ballmer zuvor darauf hingewiesen, welche rasante Entwicklung Microsoft genommen hat, seit er im Juni 1980 dem Ruf seines Freundes Bill Gates folgte und Angestellter Nr.
30 bei Microsoft wurde: „Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben. Unser Umsatz ist von 7,5 Millionen Dollar auf fast 78 Milliarden Dollar gestiegen, seit ich bei Microsoft angefangen habe, und wir sind von 30 Mitarbeitern auf fast 100 000 gewachsen.“
Nun aber brauche Microsoft einen Chef, der längere Zeit den Wandel zu einem Spezialisten für Geräte und Dienstleistungen begleiten werde, erklärte Ballmer. Damit bestätigte er den Umbruch, in dem Microsoft steckt: Das reine Software-Geschäft mit dem Betriebssystem Windows und Programmen wie Office reicht nicht mehr aus. Zudem hatte das neue Windows 8 bisher nicht den erhofften Erfolg. „Es gibt nie eine perfekte Zeit für einen solchen Übergang, aber jetzt ist die richtige Zeit“, erklärte Ballmer am Freitag seinen Rückzug. Bill Gates kündigte an, dass er bei der Suche nach einem Nachfolger helfen werde. Neben Gates hatte Ballmer einen entscheidenden Anteil am Erfolg, weil er rund um Microsoft ein komplettes System an Hardware-Partnern und Serviceunternehmen zum Blühen brachte. Ballmer verfügte allerdings nicht über das technologische Gespür, das andere Pioniere der Computerindustrie auszeichnete.
Legendär ist seine Fehleinschätzung des iPhones. Kurz nach der Präsentation des ersten Apple-Smartphones im Jahr 2007 machte sich Ballmer über das Produkt lustig und fragte das Publikum, wer wohl das „teuerste Telefon der Welt“ kaufen werde. Es dauerte Jahre, bis Ballmer Konsequenzen aus seinem Irrtum zog und die Entwicklung eines modernen Smartphone-Systems in Auftrag gab, das sich heute gegen die Konkurrenz von Google und Apple schwertut. Zwischendurch musste er mit den missratenen Produkten Zune (einem iPod-Konkurrenten) und Kin (ein Smartphone für Jugendliche) weitere Nackenschläge hinnehmen.
Ballmer wollte zunächst auch nicht wahrhaben, dass immer mehr Menschen einen Tablet-Computer wie das iPad statt eines traditionellen PC verwenden werden. „Die Menschen werden mehr und mehr PC verwenden. Das wird für viele Jahre gelten, die vor uns liegen“, sagte er noch im Juni 2010. Tatsächlich geht der PC-Absatz zurück. Microsoft spielt zwar inzwischen mit dem Tablet-Computer Surface und dem neuen Windows-System auch in dem neuen Marktsegment mit,der Erfolg ist indes bescheiden.
In der Branche wird mit Respekt zur Kenntnis genommen, dass Ballmer in dieser Phase den Weg für einen Neuanfang frei macht. Allerdings wird die Suche nach einem Nachfolger nicht einfach werden. Die Riege der Stars aus der zweiten Reihe bei Microsoft hat sich gelichtet: Chef-Softwarearchitekt Ray Ozzie verließ 2010 das Unternehmen, Windows-Chef Steve Sinofsky warf im vergangenen November das Handtuch. Unter den Microsoft-Managern ist derzeit Tony Bates der Favorit für die Ballmer-Nachfolge. Der ehemalige Chef des Online-Telefondienstes Skype ist auch für die Businessabteilung bei Microsoft zuständig und gilt als Internetexperte. (dpa)

Monday, August 19, 2013

Junge Menschen wollen Bio


Deutsche Öko-Bauern können die Nachfrage nach ihren Produkten nicht decken. Vor allem die Unter-30-Jährigen kaufen Bio. Die Unternehmen kämpfen um Fördergelder.



Berlin - Nicole Kidman tut es, ihre Kollegin Gwyneth Paltrow auch. Beide Hollywood-Größen ernähren sich vor allem von Bio-Kost. Doch nicht nur in der weiten Welt der Reichen und der Schönen ist „Bio“ in, auch deutsche Normalverbraucher greifen gern ins Bio-Regal. 74 Prozent kaufen zumindest gelegentlich Bio-Ware, hat eine am Montag veröffentlichte Studie des Bundesagrarministeriums ergeben. „Bio liegt weiter voll im Trend“, sagte Ministerin Ilse Aigner (CSU).
Dafür sorgen vor allem die Jungen. 23 Prozent der Unter-30-Jährigen kaufen häufig Bio – im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von neun Prozentpunkten. Dagegen nimmt das Interesse der Älteren an Bio-Waren ab.


Hatten im vergangenen Jahr noch 26 Prozent aller Befragten zwischen 50 und 59 erklärt, ausschließlich oder häufig Bio-Produkte in ihren Einkaufskorb zu legen, sind es heute nur noch 19 Prozent. Der Anteil der Bio-Kostverächter ist unter den 50- bis 59-Jährigen sogar um neun Prozentpunkte gestiegen. Unterm Strich fällt das aber nicht groß ins Gewicht. Über alle Altersgruppen hinweg machen derzeit nämlich nur 26 Prozent kategorisch einen Bogen um Bio-Lebensmittel. Die große Mehrheit greift dagegen vor allem bei Obst, Gemüse und Eiern zur Bio-Ware. Bio komme eher aus der Region, enthalte weniger Schadstoffe und den Tieren geht es besser, glauben die Verbraucher.
Aigner sieht die Ergebnisse des „Ökobarometers“ auch als Erfolg ihrer Politik. Sie versprach am Montag eine bessere Förderung des Ökolandbaus, damit dieser die Nachfrage der Kunden noch besser bedienen könne. Bislang gelingt das nämlich nur zum Teil. „In den letzten zehn Jahren hat sich der Öko-Lebensmittelmarkt verdreifacht, die Öko-Flächen haben sich in dieser Zeit aber nur verdoppelt“, sagte Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), dem Tagesspiegel. In Deutschland wird Bio auf gut einer Million Hektar angebaut, gemessen an allen Agrarflächen sind das gerade einmal sechs Prozent.
Für viele Landwirte lohne sich der Bio-Anbau nicht, kritisiert Löwenstein. Das liege zum einen an der Energiepolitik: „Wer Mais in der Biogasanlage zu Energie vergärt, kann pro Hektar damit 2000 Euro verdienen“, sagt der Bio-Lobbyist. Der ökologische Anbau von Mais bringe dagegen nur 190 Euro pro Hektar.
Die Bio-Bauern befürchten, dass sich ihre Lage aber bald noch verschlechtert. Denn 2014 tritt die Reform der europäischen Agrarpolitik in Kraft. Die Öko-Landwirte sehen sich als Verlierer. Denn um Geld zu sparen, wird an allen Ecken gekürzt. So werden die Direktzahlungen, die alle Bauern aus dem Brüsseler Agrartopf bekommen, von 2014 bis 2020 um 7,7 Prozent gesenkt, die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen („zweite Säule“) aber sogar um gut neun Prozent. Von dieser zweiten Säule profitiert vor allem der Öko-Landbau, den die Kürzungen daher besonders hart treffen.
Mit jährlichen Mindereinnahmen von 500 Millionen Euro rechnet Löwenstein für die deutschen Bio-Bauern allein wegen der Streichungen in der zweiten Säule. Daher soll Aigner einen Teil der Subventionen vom ersten in den zweiten Topf umschichten, fordert der BÖLW. 15 Prozent will Brüssel erlauben. Am kommenden Mittwoch und Donnerstag beraten die Agrarminister von Bund und Ländern. Doch Aigner hat schon klargemacht, dass sie von solchen Umverteilungen nichts hält: Sie will stattdessen mit Sonderzahlungen alle kleinen Betriebe fördern und mit Ausgleichszulagen für Grünland auch konventionelle Landwirte dazu bewegen, mehr für die Umwelt zu tun, heißt es im Ministerium.

Sport ist ein Geschäft - auch in einer Bar in der Ecke


Ball und Spieler im Fernsehen laufen für Geld, nicht aus reinem Spaß an der Freude, die gesamte Bundesliga ist eine gigantische Kommerz-Veranstaltung. Jetzt beschweren sich die Kneipiers über den Sender Sky, der drastisch die Preise erhöht hat - der eigentliche Preistreiber ist aber jemand anderes.


Es geht wieder ein Juchzen durch Deutschland. Die Fußball-Bundesliga ist in ihre 51. Saison gestartet, und auch Hertha BSC will mit attraktivem Offensivfußball nicht wieder absteigen müssen. Wer nicht ins Olympiastadion geht oder zum Auswärtsspiel fährt, der möchte wenigstens via Pay- TV-Sender Sky hautnah dabei sein.
Das Leben als Fan erfüllt sich für viele Anhänger in der Gemeinschaft. Die Kneipiers haben das längst erkannt und haben über ihre Theken XXL-Fernseher aufgehängt. Dort zeigt Sky die Bundesliga exklusiv, live und in Farbe.
Wie schön, wie grausam. Sky hat die Abopreise für die Kneipenwirte deutlich, die Betroffenen sagen: drastisch erhöht.
Dem Sender wird mit Kündigung gedroht, so viel Bier könne gar nicht verkauft werden, um noch einen befriedigenden Schnitt zu machen.
Sky zahlt für das Recht auf Exklusivübertragung in dieser Saison sagenhafte 486 Millionen Euro an die Deutsche Fußball-Liga, fast das Doppelte der vergangenen Spielzeit. Insgesamt steigerte die Profiliga die Erlöse aus den verkauften Medienrechten von 412 auf 628 Millionen Euro. Der Löwenanteil kommt vom Fernsehen, kommt vom Bezahlsender Sky.
Mit diesem TV-Geld und für dieses TV-Geld laufen Ball und Spieler. Nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus Erwerbssinn. Die Fußball-Bundesliga ist eine kommerzielle Veranstaltung, die aus allen Ecken und Enden ihre Einnahmen zieht. Die Fernsehsender sind in diesen Kreislauf ebenso eingebunden wie der Fan und der Kneipier. Viele zahlen in die Portemonnaies weniger.
Wenn die Wirte klagen, dann klagen sie über ihren Vertragspartner Sky. Der muss aber selber sehen, wie er die von seinem Rechtepartner DFL aufgerufenen Preise refinanziert. Die Vermarktungsgemeinschaft und damit die Vereine der Bundesligen sind die Preistreiber. Das übersieht der Fan an der Theke gerne, denn sein Herz (sein Hirn?) hängt an den Vereinen.
Die neue, übersteigerte Einnahmekultur legt die Organisation der Bundesliga offen. Ein toller Motor, der nur prächtig läuft, wenn auch das Benzin toll ist. Die Spritpreise (!) sind immer ein Ärgernis, die Alternative – Verzicht auf oder Abstriche beim Fußball – ist keine. Wäre auch widersinnig: Die geile Liga muss jetzt megageil werden.


Es hat etwas Rührend-Verständliches, wie der Sport mit einer Wohlfühloase verwechselt wird. Bitte kein Kommerz, keine Homophobie, kein Doping, keine Politik, keine Wetten. Ein Spiel nach den Regeln von gut, schön, wahr. Das mag noch beim Sportabzeichen funktionieren, bei der durchkapitalisierten Variante reimt sich Leistung auf Geld. Kommerzielle Unterhaltung – nichts dagegen – mit den Begleiterscheinungen von Politik, Doping etc. Nie war Sport grausamer, ehrlicher, faszinierender.
Kein Umstand macht vor der Fußballkneipe kehrt. An der Theke „Zum gemütlichen Dicken“ geht es niemals zu wie im Teletubby-Land. Aufgewacht, Kneipiers und Hertha-Fans: Ehe der Kommerzsport seine tragenden Eckpfeiler zum Einstürzen bringt, wird der Zapfhahn trocken – und der Ball eckig.

Aufsichtsrat beschließt eine Teilöffnung bis zum Herbst


Der Minibetrieb in Schönefeld ist doch noch nicht genehmigt, die Flughafengesellschaft will den Antrag für den BER-Umbau am Nordpier aber noch in dieser Woche stellen. Hartmut Mehdorn möchte so den Echtbetrieb testen – auf den Tickets der Flugreisenden wird dann aber trotzdem nicht "BER" stehen.

Die Flughafengesellschaft will noch diese Woche den Bau-Änderungsantrag für den Umbau des Nordpiers am BER für eine vorübergehende Abfertigung von Passagieren bei der Genehmigungsbehörde einreichen. Das hat Vorstandschef Hartmut Mehdorn am Montag im BER-Sonderausschuss des Potsdamer Landtages angekündigt. Der Aufsichtsrat hatte letzten Freitag grünes Licht gegeben, diesen Kleinst-Start des Hauptstadt-Airports weiterzuverfolgen, es aber an eine Bedingung geknüpft.
Wenn die Baugenehmigung vorliegt, was nicht vor Herbst 2013 realistisch ist, muss Mehdorn damit noch einmal in den Aufsichtsrat. Erst dann wird endgültig über die nötigen Investitionen und den Testbetrieb im Nordpier entschieden. Über ein „Go oder ein No“, sagte Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke ), der selbst im Aufsichtsrat sitzt. Vorher dürfe der Flughafen nicht mit Umbauarbeiten beginnen

Ob die Zeit reicht, den Nordpier, wie von Mehdorn gewünscht, März/April 2014 in Betrieb zu nehmen, ist unklar. Mehdorn sagte, es gehe eher um eine „Ummöblierung“, um den vorübergehenden Einbau von Check-In-Schalter und Gepäckbändern, die für andere Teile des Airports geplant waren. „Es geht nicht um eine BER–Eröffnung, sondern eher um eine kleine Erweiterung des existierenden Flughafens Schönefeld/Alt“. Dessen Kürzel SXF stünde auch auf den Tickets, nicht BER.
Alles hängt von der Genehmigung ab. Wenn die Unterlagen vollständig und schlüssig seien, könne der Antrag zügig bearbeitet werden, hatte der für die Bauaufsicht zuständige Vize-Landrat des Kreises Dahme-Spreewald, Carl-Heinz Klinkmüller, bereits im Vorfeld gesagt. Doch deutete Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider im Ausschuss an, dass die Genehmigungsfragen dennoch schwierig sind. Mehdorn selbst schloss ein Scheitern nicht aus. „Wenn es mit der Genehmigung nicht geht, dann sind wir ein bisschen traurig.“

Die nächsten Schritte auf dem Weg zur Gesamteröffnung will Mehdorn im Oktober mitteilen – wahrscheinlich ohne einen festen Termin zu nennen. Der Aufsichtsrat hatte am Freitag beide Konzepte der Geschäftsführung diskutiert: einen vorgezogenen Flugbetrieb im Kleinformat vom Nordpier aus, wie es Mehdorn will, oder einen Gesamtumzug aller Fluggesellschaften vom bisherigen Flughafen Schönefeld, wie es Technikchef Horst Amann vorschlug. Letzteres wurde verworfen. „Das verfolgen wir nicht weiter“, sagte Mehdorn.

Im Nordpier will Mehdorn mit bis zu zehn Abflügen am Tag 71 der 107 „Objekte“ im Flughafensystem im Echtbetrieb testen lassen. Dazu gehören neben auch Parkhäuser, Energiezentralen, Zugangskontrollstellen sowie die Gebäude der Feuerwehr und der Bodenverkehrsdienste. Zudem sollen mit der dort vorgezogenen Inbetriebnahme alle 56 übergreifenden technischen Systeme im Echtbetrieb erprobt werden. Es gehe darum, die Abläufe „nicht in Trockenübungen“ einzuspielen, sagte Mehdorn. Ziel sei es auch, Mitarbeiter aus Schönefeld und Tegel an ihre künftigen Jobs am BER heranzuführen, „das ist Eure neue Welt.“

Thursday, August 15, 2013

Amerikanische Praktikant bei Volkswagen


Nicht nur in Deutschland, auch in den USA herrscht Fachkräftemangel. VW ergreift in seinem Werk in Tennessee die Initiative - und bildet Mechatroniker nach deutschem Standard aus.

Für deutsche Firmen gibt es in den USA kaum ein größeres Problem, als an qualifiziertes Personal zu kommen. Sie nennen es den „skills gap“, die US-Regierung spricht vom Fachkräftemangel und eigentlich jeder Deutsche, der ein wenig Zeit in den Vereinigten Staaten verbringt, wünscht diesem Land vor allem ein besseres Ausbildungssystem. Qualifikation ist hier keine Selbstverständlichkeit. Konzerne aus Deutschland, die in den USA investieren, gehen deshalb eigene Wege und schulen ihren Nachwuchs selbst – nach deutschen Standards. In dieser Woche hat erstmals eine in den USA ausgebildete Mechatroniker-Klasse nach dreijähriger Lehrzeit zugleich mit ihrem US-Abschluss ein DIHK- Zertifikat erhalten.


Noch vor der eigentlichen Eröffnung seiner neuen Passat-Fabrik in Chattanooga, Tennessee, im Jahr 2011 hatte der VW-Konzern Ausbildungsplätze für Mechatroniker ausgeschrieben. Zwölf haben jetzt ihren Abschluss gemacht. Bei der Abschlussfeier, zu der VW auch den Tagesspiegel eingeladen hatte, lobten die Vertreterin der deutsch-amerikanischen Handelskammer, Martina Stellmaszek, und der Gouverneur von Tennessee, Bill Haslam, das Ausbildungsprogramm als wegweisend. Er sei hier, weil „es eine unserer höchsten Prioritäten ist, den skills gap zu schließen“, sagte der Gouverneur.
Deutsche Investitionen in den USA machen nach Angaben der deutschen Botschaft in Washington 8,6 Prozent der ausländischen Gesamtinvestitionen aus, mehr als 3400 deutsche Firmen haben hier einen Standort aufgebaut und dabei etwa 600 000 Arbeitsplätze geschaffen. Aber sie alle, berichtet der Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft, Peter Fischer, nennen immer ein zentrales Problem: „Was die Amerikaner ausbilden, ist unzureichend.“ VW hat das Problem auf seine Weise gelöst und ein eigenes Ausbildungszentrum geschaffen, in dem sie die Lehrlinge nach dem deutschen dualen System in Zusammenarbeit mit einem lokalen College ausbilden. Siemens oder Wacker Chemie gehen ähnlich vor. Mindestens 20 Unternehmen, schätzt die Botschaft, haben es inzwischen aufgegeben, auf Nachwuchs von den normalen amerikanischen Colleges zu setzen. Praxis steht dort nicht auf dem Stundenplan. In Charlotte, North Carolina, ist in Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen ein Ausbildungszentrum entstanden. Ganz in der Nähe unterhält BMW seine US-Fertigung.
Im September soll ein ähnlicher Ausbildungsschwerpunkt wie in Charlotte mit Firmen aus dem Automobilzuliefererbereich in Montana an den Start gehen. Und die deutsche Botschaft unterstützt Unternehmen bei der Suche nach qualifiziertem Personal mit einer Initiative, um ebensolche Projekte zu fördern. „Die Skills Initiative der Botschaft stößt auf eine rege Nachfrage“, zieht Fischer eine erste Zwischenbilanz des im Mai 2012 gestarteten Projekts, „wir arbeiten inzwischen mit mehr als zehn Bundesstaaten zusammen“.
Der Mangel an Fachkräften ist übrigens kein spezielles Problem der deutschen Wirtschaft. Auch US-Präsident Barack Obama hat sich den Wiederaufbau des Produktionsstandortes USA auf die Fahnen geschrieben, ein Maßnahmenpaket dazu auf den Weg gebracht und in seiner Rede zur Lage der Nation im Februar 2013 explizit das deutsche duale Ausbildungssystem gelobt. VW übrigens hat reichlich Bedarf in Chattanooga: In den nächsten Monaten wird entschieden, ob in dem Werk eine neue Geländelimousine mit Hybridantrieb für den nordamerikanischen Markt gebaut wird.

Air Berlin wird auf dem Boden bleiben


Die Fluggesellschaft schreibt weiter rote Zahlen, sogar das Eigenkapital ist negativ.

Berlin - Air Berlin kommt auf seinem Sanierungskurs nur wenig voran. Mitarbeiter müssen gehen, Strecken wurden gestrichen, Flugzeuge verkauft – doch ob Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft ihr Gewinnziel erreicht, ist offen. Der Vorstand geht zwar davon aus, dass eine „schwarze Null“ vor Zinsen und Steuern in diesem Jahr erreichbar ist. Allerdings werde diese Vorgabe wegen der schwachen Konjunktur und der harten Konkurrenz „zunehmend anspruchsvoller“, sagte Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer am Donnerstag.
Air Berlin hatte nach jahrelangen Verlusten einen harten Sanierungskurs eingeleitet. Mit 900 Stellen soll im Zuge des Sparprogramms „Turbine“ rund jeder zehnte Arbeitsplatz wegfallen.

In Dresden, Erfurt, Dortmund, Münster und Hannover will Air Berlin keine Maschinen mehr stationieren.
Es ist eine ganze Palette von Problemen, die Air Berlin das Geschäft schwer macht. Da sind zum einen externe Einflüsse wie etwa der immer noch relativ hohe Ölpreis, die Luftverkehrsabgabe und die Verzögerungen beim neuen Hauptstadtflughafen. Hinzu kommen hausgemachte Probleme: So hat Air Berlin in der Vergangenheit viele Fluggesellschaften übernommen und dabei zu sehr auf Wachstum gesetzt und zu wenig auf die Profitabilität geachtet. „Es fehlt auch eine klare Strategie“, kritisiert Analyst Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe. Air Berlin sei weder ein Billigflieger noch könne das Unternehmen mit der Lufthansa mithalten. „Dazu wären viel mehr Finanzmittel nötig“, meint Hein.
Doch eben diese fehlen. Air Berlin hat nicht nur sein Eigenkapital aufgebraucht, es ist sogar negativ. Das heißt: Die Schulden des Unternehmens sind größer als das Vermögen. Dies sei eine Folge der traditionell schwachen Ertragslage in den ersten sechs Monaten sowie der Einmalbelastungen aus dem Sparprogramm, sagte Finanzchef Ulf Hüttmeyer am Donnerstag. „In den folgenden Quartalen erwarten wir, dass sich das Eigenkapital wieder erholen wird“, fügte er hinzu. „Die Zielgröße, mittelfristig eine Eigenkapitalquote von 15 bis 20 Prozent zu erreichen, bleibt unverändert erhalten.“
Negatives Eigenkapital – das gab es bei Air Berlin auch schon im ersten Quartal. Mit dem Anteilseigner Etihad Airways im Rücken sei die Situation aber keinesfalls aussichtslos, sagt Hein. „Mit Etihad sollte Air Berlin überleben.“ Die Fluggesellschaft des Emirats Abu Dhabi hält knapp 30 Prozent der Air-Berlin-Anteile. Analyst Hein sieht Air Berlin auf dem richtigen Weg. „Das Management hat die richtigen Maßnahmen ergriffen“, sagt er. Es gehe darum, das Profil der Fluggesellschaft zu schärfen, mehr Langstrecke zu fliegen und zugleich die Zahl der Stationen und der Flugzeuge zu reduzieren. „Air Berlin muss schlanker und effizienter werden“, sagt der Analyst. Dabei werde der Wettbewerb für Air Berlin mit der neu aufgestellten Lufthansa-Tochter Germanwings allerdings nicht einfacher werden.
Im zweiten Quartal dämmte Air Berlin den Verlust unter dem Strich auf 38 Millionen Euro ein. Ein Jahr zuvor hatte hier noch ein Minus von fast 100 Millionen Euro gestanden. Der Umsatz sank um knapp zwei Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Unter anderem, weil Air Berlin das Flugangebot zusammengestrichen hat und die Maschinen mit mehr Passagieren besser ausgelastet waren, fiel der Verlust vor Steuern und Zinsen mit acht Millionen Euro um gut zwei Drittel geringer aus als ein Jahr zuvor.
Frische Kredite benötigt Air Berlin unterdessen nicht. „Wir stehen mit der Liquidität um vieles, vieles besser da als vor einem Jahr“, sagte Prock-Schauer. Mittelfristig könnte die Gesellschaft allerdings neue Aktien ausgeben, um ihre Eigenkapitalquote zu erhöhen. mit

dpa

USA ruft ihre Staatsbürger aus Ägypten zurück


Die Situation in Ägypten eskaliert weiter. Die USA rufen ihre Bürger auf, das Land zu verlassen, der UN-Sicherheitsrat kommt noch am Donnerstagabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Das Ausmaß der Kämpfe der letzten Tage wird erst nach und nach sichtbar.

Nach den tödlichen Unruhen in Ägypten wird der UN-Sicherheitsrat nach Diplomatenangaben noch am Donnerstagnachmittag (23.30 Uhr MESZ) zu einer Dringlichkeitssitzung in New York zusammentreten. Zuvor hatten Frankreich, Großbritannien und Australien laut Diplomatenkreisen eine solche Sondersitzung der 15 Mitgliedstaaten beantragt.
Die USA hatten kurz zuvor ihre Bürger zum Verlassen Ägyptens aufgerufen. Grund seien die politischen und sozialen Unruhen in dem Land. Die US-Botschaft bleibe aber vorerst geöffnet.
US-Bürger seien dringend dazu aufgerufen, Demonstrationen in Ägypten zu meiden. Selbst friedliche Proteste könnten sich schnell in gewalttätige Zusammenstöße verwandeln.
Den Anweisungen vor Ort sei unbedingt Folge zu leisten, hieß es. Außerdem sollten Reisende sich ausweisen können, ein Handy bei sich tragen und sich in örtlichen Medien über die Sicherheitslage zu informieren. Die Unruhen hatten seit Mittwoch Hunderte Tote gefordert.
Große Sorgen bereitet nach Ansicht des US-Außenamts die geschlechtsbezogene Gewalt, die auch Ausländer treffen kann. Frauen seien im Umfeld der Proteste mehrfach Ziel sexueller Übergriffe geworden.
Obwohl die schwersten Zusammenstöße aus Metropolregionen wie Kairo, Alexandria und Port Said gemeldet wurden, habe es zuletzt auch aus anderen Regionen Berichte über bewaffnete Angriffe gegeben, teilte das US-Außenamt mit.
EU-Diplomaten wollen Montag über die Lage in Ägypten beraten
Hochrangige EU-Diplomaten wollen am Montag bei einem Treffen in Brüssel über die Lage in Ägypten beraten. Bei der Zusammenkunft werde es auch um mögliche Schritte der Europäischen Union (EU) gehen, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Donnerstagabend. Die Botschafter wollten auch über eine Sitzung der EU-Außenminister sprechen. Eine Entscheidung über einen Zeitpunkt für solch ein Treffen sei aber noch nicht getroffen worden. Zuvor hatte das italienische Außenministerium mitgeteilt, dass die EU-Außenminister wahrscheinlich in der nächsten Woche zusammenkommen wollten.
Mehrere skandinavische Reiseveranstalter entschieden, ihre Urlauber aus dem Land zurückzuholen. Das meldete die dänische Nachrichtenagentur Ritzau am Donnerstagabend. Betroffen seien mehrere hundert Dänen, Norweger und Schweden. Die Reiseveranstalter Star Tour, Ving, Apollo und Spies wollten ihre Gäste bis spätestens Montag wieder nach Hause holen.

Erst nach und nach wird das Ausmaß der Kämpfe zwischen dem Militär und den Anhängern Mursis bekannt

Erst jetzt, einen Tag nach den Auseinandersetzungen zwischen den militärischen Machthabern und den islamistischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi wird das ganze Ausmaß der bürgerkriegsähnlichen Kämpfe in Ägypten sichtbar. Die Behörden erhöhten am Donnerstag fast stündlich die Opferzahlen. Am Abend waren 638 Tote offiziell bestätigt. Verletzt worden seien 4201 Menschen. Die oppositionellen Muslimbrüder gehen von mehr als 3000 getöteten Menschen aus.
Während es in der Hauptstadt Kairo zu neuen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten kam, gab es weltweit Kritik an dem brutalen Vorgehen der militärischen Übergangsregierung. Das Auswärtige Amt verschärfte die Reisehinweise für Ägypten.

Ägyptisches Innenministerium weist Polizei an, mit scharfer Munition zu schießen

Das ägyptische Innenministerium hat die Polizei am Donnerstag angewiesen, mit scharfer Munition auf Plünderer und Saboteure zu schießen. Damit solle verhindert werden, dass öffentliche Gebäude in Brand gesetzt und Waffen aus Polizeistationen gestohlen werden. Zuvor hatte es einen Angriff auf ein Regierungsgebäude in Gizeh bei Kairo gegeben. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen haben mutmaßliche Extremisten zudem im Norden der Sinai-Halbinsel fünf Soldaten getötet.





In der Hafenstadt Alexandria sollen vier Menschen getötet worden sein, als sich Anwohner einem Protestmarsch der Muslimbrüder entgegenstellten. Auch Angriffe auf Christen haben dramatisch zugenommen. Landesweit seien mehrere Dutzend Kirchen angegriffen und teilweise verwüstet worden, berichtete die staatliche Zeitung „Al Ahram“ unter Berufung auf die Kirchenführung der Kopten, der christlichen Minderheit am Nil.

Untersuchungshaft für Mursi um 30 Tage verlängert

Ein ägyptischer Untersuchungsrichter hat die Untersuchungshaft für den gestürzten Präsidenten Mursi um 30 Tage verlängert. Dies berichtete die offizielle ägyptische Nachrichtenagentur Middle East News Agency. Mursi war am 3. Juli durch das Militär abgesetzt worden und befindet sich an einem geheimen Ort. Die Islamisten wollen die Proteste nach den Freitagsgebeten fortsetzen. Das ägyptische Nachrichtenportal „youm7“ berichtete, Sicherheitskräfte befürchteten eine neue Welle der Gewalt.

Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Ägypten ab

Das Auswärtige Amt rät von Reisen in das nordafrikanische Land, insbesondere ins Nildelta, nach Kairo und Oberägypten dringend ab. Auch vor Reisen auf den Nord-Sinai wird gewarnt. Die Teilreisewarnung gelte derzeit nicht für die Touristengebiete am Roten Meer und auf der Sinai-Halbinsel im Küstenstreifen zwischen Scharm el Scheich und Nuwaiba.

Obama sagt gemeinsame Militärmanöver mit Ägypten ab

US-Präsident Barack Obama sagte die für September geplanten Militärmanöver mit den ägyptischen Streitkräften ab. Ägypten sei auf einem „gefährlichen Weg“, sagte Obama bei einer Pressekonferenz. Die Regierungen in Berlin, Paris, London und Rom bestellten am Donnerstag die ägyptischen Botschafter ein, die Regierung in der Türkei forderte eine rasche Debatte des UN-Sicherheitsrats. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte Konsequenzen aus der blutigen Räumung von Protestlagern der Islamisten an. Dazu liefen derzeit internationale Abstimmungen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), brachte eine zeitweilige Aussetzung der wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenarbeit mit Ägypten ins Gespräch. (mit AFP, dpa, rtr)

Alles ist für alle gesetzt


Das Urteil im Fall Jonny K. bestärkt diejenigen, deren Vertrauen in den Rechtsstaat auf einer nach Gesetzen urteilenden Gerichtsbarkeit beruht. Alles andere ist Sache der Politik und der Gesellschaft.

Der Wunsch von Jonny K’s Schwester hat sich nicht erfüllt. „Ich will die Wahrheit wissen“, hatte sie am ersten Prozesstag gesagt. Doch es ließ sich bis zum Ende des Verfahrens nicht klären, welcher Schlag oder Tritt zum Tod des jungen Mannes geführt hat. Dennoch legte sich die Strafkammer auf einen Hauptverantwortlichen fest: Entscheidend sei der erste Schlag gewesen, sagte der Vorsitzende Richter, und den habe Onur U. ausgeführt. Das Urteil ist folgerichtig, es entspricht dem Verlauf des Verfahrens und der Aussage von Zeugen; es ist nicht ganz zweifelsfrei, was die Höhe der Strafe für den Wiederholungstäter Onur U. betrifft, dessen Anti-Gewalt- Training nach früheren Vorfällen ein durchschlagender Misserfolg war – und es ist anfechtbar.
Das letzte Wort in diesem Fall wird die Urteilsbegründung jedenfalls nicht gewesen sein: Onur U.’s Anwalt kündigte unmittelbar nach der Verhandlung an, das Urteil anzufechten. Der Fall Jonny K. wird die Stadt weiter beschäftigen – juristisch und politisch.

Der Fall Jonny K. brachte eine hitzige und zuweilen hysterische Stimmung nach Berlin

Innensenator Henkel hatte gleich nach der nächtlichen Tat zwischen Rotem Rathaus und Alexanderplatz den Ton vorgegeben für eine hitzige, zuweilen hysterische Stimmung. Diese Stimmung, von manchen Medien befeuert, löste einen Sicherheitsplacebowettstreit zwischen den Parteien aus, brach sich Bahn in rassistischen Worten im Kondolenzbuch und in Onlineforen, führte dazu, dass Haftrichter und Rechtsanwälte angefeindet wurden und verführte auch einen Schöffen, im Gericht gegenüber einem schwankenden Zeugen die Contenance zu verlieren und sich anschließend in einem Gespräch mit Boulevardjournalisten endgültig zu desavouieren, so dass der Prozess platzte und neu angesetzt werden musste. „Ich will das nicht verstehen“, hatte Henkel über die Tat gesagt. Menschlich ist das nachvollziehbar, doch weder war es dem Amt angemessen, noch war es hilfreich, für niemanden.

Jeder der Angeklagten hätte den Angriff auf Jonny K. stoppen können

So wie Henkel empfanden viele. Nicht jedoch Jonny K’s Schwester, deren beherrschtes Verhalten, deren Aufklärung, nicht Rache forderndes Auftreten hoch zu achten ist. Und schon gar nicht der Richter, der deutlich machte, dass es eine Vorverurteilung bei ihm nicht gebe. So unaufgeregt wie möglich hat er das Verfahren durchgezogen, am Ende standen deutliche Worte: Onur U. habe die Schlägerei in einer Mischung aus Dummheit, Arroganz, Unverschämtheit und Aggressivität angezettelt. Nur mit dem Begriff der Tragödie, die sich abgespielt habe, liegt der Richter falsch, denn schicksalhaft, unausweichlich war das Ende nicht. Jeder der Angeklagten hätte die Raserei stoppen können, doch dazu waren sie wohl zu feige gegenüber den Freunden. Der eigentlich wichtigste Satz des Vorsitzenden lautete deshalb auch: „Alles, was danach passierte, ist allen zuzuordnen“ – danach, nach dem ersten Schlag. Dass auch sie, die nicht als Haupttäter zählen oder als solche überführt werden konnten, zu Haftstrafen verurteilt wurden, wenn auch nicht wegen Körperverletzung mit Todesfolge, ist deshalb konsequent und richtig. Ihre Haftverschonung gilt nur, bis das Urteil rechtskräftig ist.

Prozess und Urteil im Fall Jonny K. bestärken das Vertrauen in den Rechtsstaat

In den Tagen nach der Tat hatte sich hilflose Wut auch gegen die Justiz gerichtet, aus Unverständnis, aus Nicht-verstehen-Wollen heraus. Das Verfahren und das Urteil bestärken nun diejenigen, deren Vertrauen in den Rechtsstaat auf einer unabhängigen, nicht Stimmungen unterworfenen, sondern nach Wahrheit suchenden und nach Gesetzen urteilenden Gerichtsbarkeit beruht. Alles andere ist Sache der Politik und der Gesellschaft.

Tuesday, August 13, 2013

Deutsch Bahn fährt um Personal Stillstand


Nach den Pannen rund um das Mainzer Stellwerk fällt auf: Deutschlandweit hat die Bahn einen Personalengpass. Eine weitere Baustelle ist schon in Sicht. Laut der Gewerkschaft GDL sollen mindestens 800 Lokführer fehlen. Nun mischt sich auch die Kanzlerin ein.

Der Personalengpass in den Stellwerken, der zu Chaos und Zugausfällen bei der Deutschen Bahn (DB) geführt hat, besteht nicht nur in Mainz. Dort soll erst ab dem letzten Augustwochenende der gesamte Verkehr wieder nach dem regulären Fahrplan fahren – es sei denn, es gibt weitere Krankheitsfälle im Stellwerk. „Für das Stellwerk Mainz bildet die DB kurzfristig neun weitere Mitarbeiter aus, die sukzessive als Fahrdienstleiter zum Einsatz kommen“, kündigte Frank Sennhenn, Vorstandschef der DB Netz AG, nach einem Krisentreffen mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag an.

„Zusätzlich werden bundesweit 340 neue Fahrdienstleiter eingestellt, sodass 2013 rund 600 neue Mitarbeiter für diese Aufgaben zur Verfügung stehen“, sagte Sennhenn weiter.

Bahn-Chef Grube macht Personalprobleme zur Chefsache

Nach Ansicht der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) fehlen bei der Bahn zudem auch mindestens 800 Lokführer. Man werde im nächsten Tarifvertrag mit dem Unternehmen eine verbindliche Personalplanung vereinbaren, kündigte der GDL-Chef Claus Weselsky an. Die bislang vereinbarten Einstellungsquoten reichten nicht aus, um die Abgänge der kommenden Jahre zu kompensieren. In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Überstunden bei den aktuell rund 22 500 Lokführern auf mehr als drei Millionen Stunden in diesem Jahr angewachsen. Auch bei den privaten Bahnen mit rund 4500 Lokführern fehlten rund 200 Stellen. Bahnchef Rüdiger Grube werde die Personalprobleme zur Chefsache machen und am heutigen Mittwoch mit dem Vorstand der Gewerkschaft in Frankfurt am Main darüber sprechen, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa.

Angela Merkel sieht ein "ernstes Problem" bei der Bahn

Nun meldete sich auch die Kanzlerin zu Wort: Angesichts der massiven Zugausfälle bei der Bahn fordert sie eine Lösung für die Personalprobleme des Unternehmens. „Ich kann nur unterstützen und unterstreichen, dass hier was unternommen werden muss“, sagte Merkel am Dienstagabend im Interview mit den Sendern Phoenix und Deutschlandfunk. Die Bahn sei für viele Menschen „lebenswichtig“, um ihren Arbeitsplatz erreichen zu können.
„Deswegen halte ich das für ein sehr ernstes Problem“, sagte die Kanzlerin.


Der Druck auf die Bahn wächst. „Ein Teilnehmer hat vorhin auch gesagt, aus dem ganzen Chaos in Berlin mit den S-Bahnen hat man relativ wenig gelernt. Und ich denke, das ist der eigentliche Skandal, dass wir heute in der Situation stehen, dass wir sehen, wie ein Bahnhof zusammenklappt“, sagte Ministerpräsidentin Dreyer am Dienstag.

Bei der Bundesnetzagentur läuft schon ein Verfahren

Tatsächlich sind die Personalprobleme in den Stellwerken der Bahn nicht neu. „Wir haben die ersten Beschwerden anderer Verkehrsunternehmen bereits im Oktober vergangenen Jahres erhalten“, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur. Zunächst seien unter anderem Zwickau, Bebra und Friedrichssegen betroffen gewesen. Man habe die Bahn dazu bereits im Mai angehört. Seither läuft ein Verfahren, das mit einer Zwangsgeldandrohung von maximal 500 000 Euro verbunden ist, falls die Bahn anderen Unternehmen keinen diskriminierungsfreien Zugang zum Netz gewährleisten kann. Die Bundesnetzagentur soll dafür sorgen, dass der Wettbewerb auf der Schiene funktioniert.

Das Eisenbahnbundesamt wiederum überwacht, dass die Bahn ihrer Verpflichtung nachkommt, „ihre Infrastruktur in einem betriebssicheren Zustand für den Eisenbahnverkehr vorzuhalten“. Daher wies die Behörde die Bahn jetzt an, „den uneingeschränkten sicheren Betrieb des Stellwerks Mainz unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, wieder aufzunehmen und besetzungsbedingte Ausfälle zukünftig zu verhindern“. Zudem hat das Amt die Bahn verpflichtet, fortlaufend über ihre Maßnahmen zu berichten.

Die Bahn investiert in elektronische Stellwerke

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), in dem rund 600 Unternehmen organisiert sind, darunter auch die DB Netz AG, berichtet, dass mehrere Mitgliedsfirmen wegen des fehlenden Personals in den Stellwerken Probleme haben. „In erster Linie ist der Güterverkehr betroffen“, sagte ein VDV-Sprecher. Erste Anzeichen habe es bereits vor Monaten gegeben, vor allem in Hessen. Die Bahn investiere unter anderem massiv in elektronische Stellwerke, die weitgehend automatisch arbeiten. Aber diese Lösung sei eben nicht kurzfristig verfügbar. (mit AFP)

Israel beginnt Freilassung palästinensischer Gefangener


In Israel ist mit der Freilassung von palästinensischen Gefangenen begonnen worden. Nahe Tel Aviv verließen zwei Busse mit Häftlingen die Haftanlage Ajalon.

Israel hat am Dienstag wie erwartet mit der Freilassung von 26 palästinensischen Häftlingen begonnen. Zwei Busse mit Gefangenen verließen abends die Haftanlage Ajalon nahe Tel Aviv, wie ein AFP-Korrespondent vor Ort beobachtete. Ein Bus mit 14 Insassen brach in Richtung des Grenzübergangs Eres zum Gazastreifen auf, der andere Gefangenentransporter nach Ramallah im Westjordanland. Zwei Busse mit Gefangenen verließen am Abend die Haftanlage Ajalon nahe Tel Aviv, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP vor Ort beobachtete.
Ein Bus mit 14 Insassen brach in Richtung des Grenzübergangs Eres am Nordrand des Gazastreifens auf, der zweite in Richtung Ramallah im Westjordanland.
Die schrittweise Freilassung von 104 Gefangenen in vier Etappen parallel zum Nahost-Friedensprozess war von Israel als Zeichen des guten Willens angekündigt worden.


Die seit rund drei Jahren unterbrochenen direkten Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern sollen am Mittwochabend formell neu gestartet werden. US-Vermittler Martin Indyk sowie die israelische Verhandlungsführerin Zipi Livni und ihr palästinensischer Gegenpart Sajeb Erakat von der Palästinensischen Befreiungsorganisation wollen in Jerusalem Zeitablauf und Modalitäten der auf neun Monate angelegten Gespräche vereinbaren.(AFP)

Wand Merkel Kunden

"Vertretungslehrerin" Angela Merkel meldet sich mit einer Unterrichtsstunde zum Mauerbau an einer Berliner Schule aus dem Urlaub zurück und im Wahlkampf an. Mit den Schülern sprach sie über ihre persönlichen Erinnerungen an die DDR. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit - fast.

Applaus. Auftritt Angela Merkel. Sie steigt aus ihrem schwarzen Audi vor dem Heinrich-Schliemann-Gymnasium in Prenzlauer Berg. Die Schüler stehen Spalier, der Zugang ist seitlich mit einer weißen Kordel abgesperrt. Merkel winkt. Merkel schüttelt Hände, die Kameras Dutzender Fotografen klicken. Das ist alles, was die Öffentlichkeit zu sehen bekommt. Dabei soll die Bundeskanzlerin hier eine Geschichtsstunde zum Mauerbau halten. Vor Zwölftklässlern aus ihren Erfahrungen in der DDR berichten.
 Was genau sie den Schülern berichtet hat, bleibt vorerst eigentlich Verschlusssache. Die Schulleiterin hat Journalisten zuvor verboten, mit den betreffenden Schülern zu reden. In den folgenden Tagen soll ein Artikel über die Stunde auf dem Onlineportal von „Spiesser“ veröffentlicht werden. Steffen Seibert, Chef des Bundespresseamts und Regierungssprecher, saß auch mit in der Stunde. Er will Merkels Zitate vorher noch absegnen.
Die einzige zugelassene Journalistin war die 23-jährige Studentin Milena Zwerenz. Sie sitzt nach der Unterrichtsstunde im Cafe Beaker’s gleich neben der Schule. Sehr fachlich habe Merkel anfangs doziert, sagt Zwerenz. „Wie eine klassische Geschichtslehrerin.“ Die jungen Erwachsenen, die meisten um die 18 Jahre alt, habe sie schnell für sich gewonnen. „Sie dürfen Frau Merkel zu mir sagen“, habe Frau Merkel gesagt und ihren Namen an die Tafel geschrieben. Es wurden Berlin-Karten ausgeteilt, auf denen die Schüler den Mauerverlauf einzeichnen sollten. Die richtige Lösung hatte Merkel natürlich auch parat. Sie habe sich für die Stunde „geschichtlich sattelfest“ gemacht, hatte sie vorher noch verraten.



Merkel selbst war beim Mauerbau 1961 gerade sieben Jahre alt und lebte mit ihrer Familie im brandenburgischen Templin. Konkrete Erinnerungen habe sie nicht, sagt sie später den wartenden Journalisten. Nur, dass ihre Eltern sehr traurig gewesen seien, wisse sie noch. Die Schüler habe sie gefragt, woran sie heute noch die Unterschiede in Ost und West erkennen würden. Die Ampelschaltung im Osten sei schlechter, bekam sie zur Antwort. „Die gute Nachricht ist, dass in Deutschland aus Sicht der jungen Leute die Herkunft aus Ost oder West eine untergeordnete Rolle spielt“, sagt Merkel.
Im „Unterricht“ sei Merkel dann doch noch etwas persönlicher geworden, meint Zwerenz. Über das Gefühl, von der Stasi überwacht zu werden habe sie gesprochen. Und wie es gewesen sei zu verreisen, einen Rucksack zu packen und doch nicht überall hin zu können. Über den Gemüseladen, der unterhalb ihrer Wohnung in Berlin gelegen habe und in den jetzt ein Dönerladen eingezogen sei.

Eine wenig politische Geschichtsstunde also, für eine Kanzlerin, die sich gerade von ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück hatte anhören müssen, als Ostdeutsche gehe ihr das Gespür für Europapolitik ab. Und einer CDU-Vorsitzenden, die zu dem Vorwurf, sie sei an der Akademie der Wissenschaften einst FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda gewesen, nicht mehr zu sagen hat, als dass sie sich eben nicht daran erinnern könne.
Die Schüler, so berichtet es Zwerenz, hätten dazu keine Fragen gestellt. Überhaupt habe es wenig Fragen gegeben. Die Schüler hätten alle „großen Respekt“ vor der Kanzlerin gehabt.

Alle Berichte zum Bundestagswahlkampf finden Sie auch auf unserem Wahlblog.

Monday, August 12, 2013

Chinas Wirtschaft gewinnt wieder an Fahrt.





PEKING--Die chinesische Wirtschaft hat im Kampf gegen die Wachstumsflaute im Juli einen Schritt nach vorn gemacht. Industrie, Handel und Immobiliensektor berichteten starke Daten, die die Erwartungen der Märkte teilweise deutlich übertrafen. China-Kenner bleiben aber trotzdem skeptisch, ob der Spuk des weiter nachlassenden Wachstums gebannt ist. Li Wei ist Volkswirt bei der britischen Bank Standard Chartered und gehört zu den vorsichtigen Optimisten. "Das wird einen Vertrauensschub auslösen. Wir müssen aber beim langfristigen Wachstum weiter vorsichtig sein", erklärt Li.

Die chinesischen Industriefirmen konnten im Juli ihre Produktion um 9,7 Prozent zum Vorjahresmonat steigern und überraschten damit die Märkte, die nur 9,0 Prozent erwartet hatten. Im Juni war die Produktion um 8,9 Prozent gestiegen. Gute Nachrichten gab es auch vom Einzelhandel. Die Verbraucher sind kauffreudig, so dass der Umsatz der Händler im Juli zum Vorjahr um 13,2 Prozent kletterte. Die Betriebe investieren außerdem weiter kräftig. In der Zeit von Januar bis Juli stiegen die Ausgaben für Maschinen, Fahrzeuge und Fabrikhallen in den urbanen Regionen um ein Fünftel zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Mit derselben Rate legten die Investitionen in Wohnungen, Häuser und gewerbliche Immobilien zu.
Gleichzeitig bleibt die Teuerung im Rahmen. Die Lebenshaltungskosten lagen wie im Juni 2,7 Prozent über dem Stand des Vorjahresmonats. Shen Jianguang von Mizuho Securities sieht deshalb die Zentralbank in der Pflicht, durch billigeres Geld den Firmen zu helfen. "Die Inflation bereitet keine großen Sorgen. Aber die Unternehmen stehen immer noch unter großem Druck, so dass es eine Zinssenkung und niedrigere Mindestreserveanforderungen geben sollte".

Nach vielen schlechten Nachrichten im zweiten Quartal stehen die neuen Daten in einer kleinen Reihe positiver Meldungen. Sie begann vergangene Woche mit der stärker als erwartet ausgefallenen offiziellen Einkaufsmanagerumfrage für die Industrie. Der internationale Handel - also Importe und Exporte - läuft auch unerwartet besser.
Im zweiten Quartal hatte sich das Wachstum auf 7,5 Prozent verlangsamt, nachdem zum Jahresanfang noch 7,7 Prozent erreicht wurden. Für das Gesamtjahr hat die Führung ein Wachstumsziel von 7,5 Prozent ausgerufen. Die Wirtschaft müsste also im zweiten Halbjahr deutlich abbremsen, damit das Ziel verfehlt würde.
"Es könnte im dritten Quartal zu einer kurzen Belebung kommen. Das Wachstum wird sich aber schon im vierten Quartal wieder abschwächen", gibt sich Citigroup C -0,89%-Volkswirt Ding Shuang pessimistisch. Bis auf Steuernachlässe für kleine Firmen und mehr Geld für Großprojekte, wie Eisenbahnstrecken und Flughäfen, hält sich die neue Spitze der Kommunistischen Partei zurück, das Wachstum durch Sonderprogramme zu befeuern. Sie will das vom Export getriebene Wirtschaftsmodell umbauen. Dazu soll die Binnennachfrage der Konsumenten gestärkt werden.




Friday, August 9, 2013

Warren Buffett ist wieder auf Elefantenjagd.




Warren Buffett hat auf der Jagd nach "Elefanten" bisher nicht geschossen. Die Manager seines Konzerns hat er aber aufgefordert, auch kleinere Beutetiere zu jagen.
Über alle Tochterfirmen hinweg hat Berkshire Hathaway BRKB -0,79%im vergangenen Jahr 2,3 Milliarden US-Dollar für insgesamt 26 Übernahmen ausgeben – nach Angaben des Unternehmens waren es so viele wie nie. In diesem Jahr setzt sich die Kauflust fort, mehr als ein Dutzend Firmen haben Berkshire-Unternehmen im ersten Halbjahr bereits gekauft. Wie viel sie dafür ausgegeben haben, hat der Konzern nicht öffentlich gemacht.

Da die Gelegenheiten für Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft rar sind und sich zuletzt in dieser Hinsicht überhaupt nichts auftat, konzentriert sich Berkshire zunehmend auf Zukäufe, die das Firmen-Portfolio ergänzen und die Gewinne des Konzerns steigern. An Geld fehlt es nicht. Die Barreserven betrugen Ende Juni 36 Milliarden Dollar. Und allein im ersten Halbjahr stieg der Netto-Cashflow im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 36 Prozent. Das erhöht den Druck auf Berkshire Hathaway, das Barvermögen auszugeben, statt es zu horten.
In einem Telefoninterview mit dem Wall Street Journal erklärte Buffett, er gehe davon aus, dass noch viele weitere kleinere Übernahmen folgen werden. "Ich mag es, wenn die Manager Kaufgelegenheiten finden", sagte der Star-Investor.
Buffett, der Ende August 83 Jahre alt wird, ist bekannt dafür, dass er den Leitern der einzelnen Bereiche von Berkshire bei der Führung ihrer Geschäfte nicht reinredet. Wenn es um Zukäufe geht, ist er aber deutlich zupackender. Einige Berkshire-Chefs schicken Buffet monatliche Berichte über mögliche Übernahmeziele.
Um "Elefanten" handelt es sich bei diesen Zukäufen aber nicht. Mit diesem Begriff bezeichnet Buffett die Mega-Übernahmen, mit denen er und sein Vize Charlie Munger das Riesen-Konglomerat Berkshire immer wieder in neue Geschäftsbereiche geführt haben. Auf diese Art von Deals lauert Buffett. Im Jahr 2011 schrieb er, dass seine "Elefantenwaffe" geladen sei und "sein Finger am Abzug juckt".



Trotz des gegenwärtigen Mangels an Unternehmen, die Buffetts Kriterien hinsichtlich Größe, Branche, Gewinnen und Kaufpreis erfüllen, hat er die Jagd nicht abgeblasen. "Ein großer Deal lässt mein Herz immer noch schneller schlagen", sagte Buffett jüngst in einem Interview. Im Juni vollendete Berkshire die Übernahme des Ketchup-Herstellers H.J. Heinz. Der Konzern hatte sich für den 23,6 Milliarden Dollar schweren Zukauf mit der brasilianischen Investmentfirma 3G Capital zusammengetan und etwa die Hälfte des Kaufpreises beigesteuert.
Es waren diese milliardenschweren Deals, die Berkshire den Aufstieg von einem Textil-Fabrikanten in den 1960er-Jahren zu einer Holding mit 288 Milliarden Dollar Börsenwert und Beteiligungen von Laufschuhen bis zum Eisenbahnsektor ermöglicht haben.
Die einzelnen Unternehmen im Berkshire-Reich weisen nicht immer aus, wie viel sie für einzelne Übernahmen bezahlen. Größere Zukäufe hätten aber meist ein Volumen von mindestens einer Milliarde Dollar, berichten Führungskräfte. Ein Ausreißer unter den Deals der vergangenen Monate ist die Übernahme des regionalen Versorgers NV Energy. Diesen ließ sich die Berkshire-Tochter MidAmerican Energy Holdings 5,6 Milliarden Dollar kosten.
Wegen Berkshires weitgespanntem Beteiligungsnetz und der Finanzstärke des Konzerns werden Buffett und andere Führungskräfte häufig von verkaufswilligen Unternehmen angesprochen. Diese Möglichkeit, sich die richtigen Deals auszuwählen, ist ein ziemlicher Luxus im M&A-Geschäft, das nach der Finanzkrise bis heute nicht richtig in Schwung gekommen ist.

"Wir sind auf dem Radarschirm von Leuten in Dutzenden Branchen", sagt Buffett. „Sie wissen, dass ich Interesse an großen Zukäufen habe, mit denen wir Neuland betreten, dass unsere Firmen aber auch daran interessiert sind, auf eigene Faust zu wachsen."
Banker an der Wall Street und Chefs von Private-Equity-Firmen berichten, dass sie Berkshire häufiger kontaktieren als andere potenzielle Käufer, da das Unternehmen mit seinen 81 operativ tätigen Firmen in fast jedem Sektor unterwegs sei.
Die kleineren Übernahmen sind für Berkshire bedeutsam, da sie Umsatz und Gewinn des Konzerns vermehren. Im ersten Halbjahr 2013 etwa stieg der Umsatz der Berkshire-Beteiligung McLane im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent auf 22,2 Milliarden Dollar, der Gewinn sprang um 41 Prozent auf 246 Millionen Dollar. Ein Teil des Anstiegs geht auf die Übernahme des Nahrungsmittel-Lieferanten Meadowbrook Meat zurück.
Milliardär Buffett hatte bereits in der Vergangenheit die Hoffnung geäußert, Berkshires Ergebnis durch kleinere Zukäufe zu stärken. Befohlen habe er diese nicht, berichten Vorstandschefs von Tochterfirmen. Wohl aber ermutige er sie und unterstütze Bemühungen in diese Richtung.

Mancinelli ein fleißiger Käufer der Buffett-Familie

Victor Mancinelli, Chef von CTB, einem Hersteller von Landwirtschaftsgeräten, schwärmt davon, dass Buffett für neue Ideen immer zu haben sei. Mancinelli gehört zu den fleißigeren Zukäufern innerhalb der Buffett-Familie, der seit der Übernahme durch Berkshire im Jahr 2002 fast jährlich ein Geschäft abgeschlossen hat.




Buffetts Ansatz, sich aus dem Geschäft seiner Beteiligungen rauszuhalten, habe sich auch nach dem Abgang von David Sokol im Jahr 2011 nicht geändert. Sokol war einer der Top-Vertrauten von Buffett und ehemaliger Chef von MidAmerican, wo er sehr aktiv zugekauft hatte. Er trat zurück, nachdem bekannt geworden war, dass er Aktien eines Unternehmens gekauft hatte, das Berkshire später auf seinen Rat hin übernahm. Sokol sagte gleichwohl, sein Abgang stehe hiermit nicht im Zusammenhang.
Die Tochterfirmen von Berkshire nutzen die enormen Barreserven des Konglomerats auch, um in Fabriken und Ausstattung zu investieren. Im laufenden Jahr dürften diese Ausgaben die Marke von 10 Milliarden Dollar überschreiten – eine Unternehmensrekord, wie Buffett sagte.
Nicht alle Unternehmen der Gruppe treten als Zukäufer auf. Burlington Northern Santa Fe, der Eisenbahnbetreiber, den Berkshire 2010 für 26,5 Milliarden Dollar kaufte, würde kaum ein anderes Eisenbahnunternehmen übernehmen, sagen Verantwortliche bei Berkshire. Burlington hat für dieses Jahr jedoch Investitionen in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar vorgesehen, nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr 3,6 Milliarden Dollar ausgegeben hatte.
Auch im Versicherungssektor, einem der Hauptpfeiler von Berkshire, dürfte es nur noch selten Übernahmen geben – hauptsächlich deshalb, weil es für Berkshire nur wenige attraktive Ziele gibt. Zudem könne das Unternehmen selbst neue Versicherungsprodukte zu geringeren Kosten entwickeln, sagt Buffett. Kleinere Firmen haben die beiden Berkshire-Töchter Columbia Insurance und National Indemnity im vergangen Jahr aber aufgekauft.

Beteiligungen außerhalb des Versicherungssektors

Fleißig zugekauft haben dagegen in den vergangenen Jahren drei der fünf größten Beteiligungen von Berkshire außerhalb des Versicherungssektors – der Industrieausrüster Marmon Group, MidAmerican und der Spezialchemiekonzern Lubrizol. CTB und der Maschinenbauer Mitek, die in den vergangenen zwei Wochen zwei Geschäfte getätigt haben, gehören zu den kleineren Töchtern, die regelmäßig zukaufen.
Tom Manenti, Vorstandschef von Mitek, erklärt, er sei bestrebt, die gleichen Kriterien anzuwenden wie Buffett selbst, wenn er nach Übernahmegelegenheiten suche. Dazu zähle ein gutes Management. „Warren hat bewiesen, dass das eine erfolgreiche Strategie ist", sagt Manenti.
Einige Vorstände aus dem Berkshire-Reich versuchen auch, ihrem Boss direkt zuzuspielen. Lubrizol-Chef James Hambrick erklärt, seine Priorität sei es, Ziele für den Chemiekonzern zu finden. Gleichwohl lasse er "keine Gelegenheit aus, um auch breiter Ausschau zu halten" – nach Zielen, die geeignet sind für Buffetts Großkaliber







Snowden Ausgabe vor den Allgemeinen Bestimmungen des Datenschutzes in der Europäischen Union.




Die Enthüllungen über die Spähprogramme der amerikanischen Geheimdienste haben in Brüssel den Ruf nach mehr Datenschutz aufkommen lassen. Nun arbeitet die Europäische Union an höheren Hürden für Internetunternehmen – was vor allem US-Konzernen das Leben in Europa schwer machen könnte.
EU-Politiker wollen bis zu den Europawahlen im kommenden Mai eine neue Regelung vorlegen. „Es ist klar geworden, wie wichtig es ist, grenzüberschreitende europäische Regeln zu haben, um die Grundrechte zu schützen", sagt der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht. Der 30-Jährige ist der leitende Berichterstatte des Parlaments im Ringen um eine Datenschutz-Grundverordnung. „Die Debatte ist dadurch lebhafter geworden."

Worüber das Europaparlament diskutiert, wird in den USA in den Konzernzentralen von Google GOOG -0,25%oder Microsoft MSFT -0,58%genau beobachtet. In absehbarerer Zeit würden US-Unternehmen, die in Europa tätig sind, dem europäischen Datenschutzrecht unterliegen, sagt Hartmut Häselbarth von der Kanzlei Shearman & Sterling, der Kunden zum deutschen und europäischen Datenschutz berät. Er ist zwar skeptisch, dass eine neue Verordnung wirklich bis Mai steht. Aber wenn sie komme, würden US-Konzerne „höchstwahrscheinlich mehr Probleme bekommen", sagt der Rechtsexperte. Das liege auch daran, dass Kontrollen in einem gemeinsamen EU-Rechtsrahmen strenger ausfallen würden, als wenn die Behörden in den einzelnen Mitgliedstaaten ihre unterschiedlichen Aufsichtsregeln durchsetzten.
Google und Microsoft sagen, sie verfolgten die Debatten um die laufenden EU-Initiativen. Zu den Einzelheiten der neuen Datenschutz-Regeln haben sie sich aber noch nicht geäußert.
Schon jetzt aber haben US-Konzerne wie sie in Europa einen schweren Stand. Google etwa stieß in Deutschland mit seinem Kartendienst Street View auf großen öffentlichen Widerstand. Hamburgs Datenschutzbeauftragter verhängte eine Strafe von 145.000 Euro gegen das Unternehmen. Im Juni dann drohten die Aufsichtsbehörden in mehreren europäischen Staaten, den Suchmaschinenriesen wegen Verstößen ins Visier zu nehmen.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte die Debatte über neue europäische Datenschutzregeln im Januar 2012 angestoßen. Aber Parlamentarier meldeten eine Rekordzahl von Änderungswünschen an, die Mitgliedsstaaten waren sich alles andere als einig und bald drohte die Datenschutz-Initiative in den Mühlen der Brüsseler Bürokratie stecken zu bleiben.

Gemeinsame Front der Mitgliedsländer

Seit den Enthüllungen über Datenspionage des US-Geheimdienstes National Security Agency ist das anders. Plötzlich steht die Datenschutz-Grundordnung wieder im öffentlichen Rampenlicht. Der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden, der zurzeit Asyl in Russland genießt, hatte Einzelheiten zur immensen Spähpolitik der Amerikaner verraten: Demnach sammeln US-Konzerne enorme Datenmengen und leiten sie an Regierungsbehörden weiter. Auch bei Ausländern gingen die US-Spione auf Datenfang.
Besonders Deutschland, dessen Datenschutzvorschriften zu den strengsten des Kontinents zählen, wirft in der Datendebatte sein Gewicht in die Waagschale. „Wir wollen, dass die Firmen uns in Europa sagen, wem sie die Daten geben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Juli. „Europa muss hier mit einer Stimme sprechen."
Beim EU-Gipfel im Juli forderten die Justizminister aus Deutschland und Frankreich eine schnelle Umsetzung der Datenschutzreform. Auf einmal gibt es in der Diskussion also eine gemeinsame Front der Mitgliedsländer. EU-Kommissarin Reding will das Thema auch auf die Agenda des EU-Gipfels im Oktober setzen.
Künftig sollen die nationalen Datenschutzbehörden solche Unternehmen bestrafen dürfen, die Kundendaten ohne deren Zustimmung verkaufen oder missbräuchlich verwenden. Die Bußgelder können bis zu 2 Prozent des globalen Umsatzes eines Unternehmens betragen. Anwendbar wäre diese Regelung auf jede Firma, die innerhalb der EU Geschäfte betreibt. US-Technologieunternehmen „wollen Zugang zu unserer Goldmine, dem Binnenmarkt mit über 500 Millionen potenziellen Kunden", sagt Reding. „Wenn sie eintreten wollen, dann müssen sie sich an unsere Regeln halten."
Die EU würde damit auf direkten Konfrontationskurs zum US-Recht gehen. In den USA gilt der sogenannte Patriot Act. Mit diesem Gesetz kann Washington Unternehmen zur Datenausgabe zwingen – auch wenn das in Europa illegal ist. Zugriff hat die US-Regierung auch auf Daten von Ausländern, die sich außerhalb der USA befinden, deren Daten aber bei bestimmten Cloud-Anbietern gespeichert sind.
„Diese Gesetzgebung bezieht sich auf Cloud-Dienste, die systematisch in den USA Geschäfte machen. Es hängt noch von dem Ort ab, wo die Daten gespeichert werden, wie oft angenommen wird", sagt Joris van Hoboken, Informationsrechtler an der Universität Amsterdam.

Daten sollen auf europäischen Servern bleiben

Reding sagt, die Unternehmen müssten spüren, dass sie in Europa hart sanktioniert werden können, wenn sie sich nicht an örtliches Recht hielten. Derzeit gebe es das Problem, dass sich die US-Konzerne in der Frage „ob sie sich an US- oder europäisches Recht halten sollen, üblicherweise für die amerikanischen Gesetze entscheiden".
Das EU-Parlament will noch weitergehen und dafür sorgen, dass die Daten von Europäern auf europäischen Servern bleiben. „Wir müssen sicherstellen, dass persönliche Daten oder Daten allgemein hier in Europa liegen. Nur so können wir sicher sein, dass europäisches Recht gilt", sagt Grünen-Politiker Albrecht. Zugleich müsse es eine „rechtliche Schranke für Datentransfers an bestimmte Orte" geben, sagt er.
Ein solcher Vorstoß aber würde die US-Unternehmen nicht nur Umsatz kosten, sondern könnte auch die schwierige globale Balance zwischen Datenmengen und Serverkapazitäten in der Cloud aus dem Gleichgewicht bringen.
Parallel dazu überprüft die EU auch die sogenannte Safe-Harbor-Vereinbarung mit den USA, die seit dem Jahr 2000 besteht. Diese ermöglicht es europäischen Unternehmen, personenbezogene Daten ganz legal in die USA weiterzuleiten. Wenn ein EU-Bürger gegen ein US-Unternehmen klagt, kann diese Klage in den USA verhandelt werden. Jetzt will Brüssel bis Jahresende entscheiden, was mit der Vereinbarung geschehen soll. Sie könnte „vielleicht doch nicht so sicher" für die europäischen Verbraucher sein, sagt Justizkommissarin Reding.