Griechenland braucht in absehbarer Zeit keine zusätzliche Finanzspritze. Sowohl das Bundesfinanzministerium als auch die EU-Kommission dementierten am Mittwoch einen entsprechenden Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. Die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland habe sich stabilisiert, hieß es im Berliner Finanzministerium. Insofern gehe es vor allem darum, dass Athen vereinbarte Maßnahmen jetzt und nach der Sommerpause umsetze. In Brüssel fiel das Dementi noch deutlicher aus. „Die Zahl, die Sie in der Presse sehen, ist falsch“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. „In den nächsten zwölf Monaten gibt es keine Finanzierungslücke.
Die Zeitung hatte unter Berufung auf einen hohen Beamten der EU-Kommission berichtet, im Finanzierungsplan für Griechenland klaffe eine Lücke von bis zu zehn Milliarden Euro. Die Euro-Länder müssten bis Ende September entscheiden, woher das Geld kommen soll – andernfalls müsse der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Zahlungen an Athen einstellen. In Berlin hieß es dazu, es gehe vielmehr um die Frage, ob Griechenland die Voraussetzungen für die Auszahlung der nächsten Tranche erfülle. Das griechische Parlament wollte im Laufe des Abends über Entlassungen im öffentlichen Dienst entscheiden. Rehns Sprecher räumte gleichzeitig ein, dass es nach derzeitiger Einschätzung „Ende 2014“ eine Finanzierungslücke in der Spanne von 2,8 bis 4,6 Milliarden Euro in dem Griechenland-Programm geben könnte.
Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF rechnet damit, dass die griechische Wirtschaft im kommenden Jahr um 0,6 Prozent wächst – nach sechs Jahren Rezession. Dazu könnte auch ein Programm beitragen, das Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei seinem Besuch in Athen an diesem Donnerstag im Gepäck hat. Ein 100-Millionen-Euro-Kredit der deutschen Staatsbank KfW soll kleinen und mittelgroßen Unternehmen auf die Beine helfen. Der Kredit soll Teil des Förderfonds „Institution for Growth“ sein. Eine Vereinbarung über den Fonds, der über eine halbe Milliarde Euro verfügen soll, soll ebenfalls an diesem Donnerstag unterzeichnet werden. Neben der KfW sind 350 Millionen aus dem EU-Strukturfonds und 50 Millionen von der Europäischen Investitionsbank (EIB) geplant. Auch die griechische Regierung wird an diesem Fonds beteiligt, der seinen Sitz in Luxemburg haben wird.
Eine griechische KfW gibt es bislang nicht. Gespräche über einen Förderfonds waren dem Vernehmen nach aufgrund der schwierigen politischen Rahmenbedingungen und der wechselnden Regierungen ins Stocken geraten.
Teile der deutschen Wirtschaft loben das Engagement Schäubles. „Die Kreditklemme in Griechenland bremst die Unternehmen und Investitionen aus“, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, dem Tagesspiegel. „Daher ist es richtig, dass endlich etwas dafür getan wird, den Betrieben Zugang zu frischem Geld zu ermöglichen.“ Schweitzer betonte, auch EIB und EU müssten sich einbringen. „Sonst ist das Angebot von Finanzminister Schäuble nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Für die Gewerkschaften ist der Fonds hingegen der zweite Schritt vor dem ersten. „Wir können einen Förderfonds einrichten, aber was bringt das, wenn die Kürzungspolitik fortgesetzt wird?“, sagte DGB-Vorstand Claus Matecki. Zunächst müsse die Nachfrageseite gestärkt werden. Erst dann würden Unternehmen Kredite in Anspruch nehmen, um Investitionen anzuschieben. Er verwies auf den sogenannten Marshallplan der Gewerkschaften, der jährliche Infrastrukturausgaben in Höhe von 260 Milliarden Euro in Europa fordert. „Wir brauchen auf dem schnellsten Wege eine gesamteuropäische Lösung, die Wachstum und Beschäftigung ermöglicht.“
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