Monday, March 25, 2013

Railroaders erhalten zwei Schritten sechs Prozent mehr Geld

Der Tarifabschluss war erfolgreich, sechs Prozent mehr soll es geben. Die Erhöhung betrifft 130 000 Beschäftigte bei der Bahn. Aber auch bei den Bahn-Konkurrenten gibt es einen Zuschlag.

Berlin - Die 130 000 Beschäftigten der Deutschen Bahn können in den kommenden anderthalb Jahren mit deutlich steigenden Einkommen rechnen. Die Bahn und die Verkehrsgewerkschaft EVG vereinbarten am Montag einen Lohnaufschlag von zweimal drei Prozent. Außerdem gibt es eine Einmalzahlung von 500 Euro sowie Verbesserungen bei der Altersvorsorge. Insgesamt summiert sich das Ergebnis nach EVG-Angaben zu einem Aufschlag von mehr als sieben Prozent. Damit sind Arbeitskämpfe bei der Eisenbahn in der Reisezeit rund um Ostern ausgeschlossen.
„Es gibt kaum einen Tarifabschluss in anderen Bereichen, der in den zurückliegenden zwölf Monaten besser war als der unsere“, sagte die Verhandlungsführerin und EVG-Vizechefin Regina Rusch- Ziemba.

Ihr Gegenüber Ulrich Weber, Personalvorstand des Staatskonzerns, sagte: „Damit gehen wir an die Grenzen des Verkraftbaren.“ Gefordert hatte die EVG 6,5 Prozent – allerdings bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Bahn, die der größte Arbeitgeber in Berlin und Brandenburg ist, hatte verteilt auf zwei Jahre eine Anhebung um 2,4 und 2,0 Prozent angeboten.
Die erste Lohnerhöhung von drei Prozent bekommen die Beschäftigten der Bahn ab Mai. Ab April 2014 gibt es einen erneuten Aufschlag um drei Prozent. Außerdem fließt ab Juli 2014 ein weiteres Prozent in die betriebliche Altersvorsorge. „Das ist respektabel“, lobte sich Rusch-Ziemba. Ihren Angaben zufolge ist es auch gelungen, die von der Bahn angestrebte schlechtere Bezahlung von Reinigungs- und Werkstattkräften abzuwenden. Die EVG verbucht dies als Folge ihres Warnstreiks vom vergangenen Montag. Mehr als 150 Fernzüge waren dabei ausgefallen oder verspätet angekommen. Allerdings wurden für die Beschäftigten in diesen Dienstleistungsberufen längere Laufzeiten vereinbart.

Sechs Prozent mehr bekommen auch die bundesweit rund 3000 Beschäftigten bei den Bahn-Konkurrenten im Schienen-Nahverkehr. Für sie gibt es seit 2011 einen Branchentarifvertrag, der im Kern dafür sorgt, dass der Lohnabstand zwischen der Bahn und ihren Wettbewerbern gewahrt bleibt. Dabei geht es um die Firmen Abellio, Benex, Hessische Landesbahn, Keolis, Netinera oder Veolia Verkehr. Einige davon sind auch in der Hauptstadtregion unterwegs.
Im Grundsatz geeinigt hatten sich beide Parteien bereits vergangene Woche. Allerdings wollten die Tarifkommissionen der EVG das Ergebnis nicht mehr beschließen. Nachdem sich die Gespräche am vergangenen Dienstag länger hingezogen hatten als geplant, hatten einige der gut 60 Mitglieder des Gremiums bereits den Heimweg angetreten, so dass die Kommission sich nicht mehr beschlussfähig fühlte.
Bahn-Vorstand Weber sagte, man habe „unter schwierigen Umständen“ einen Kompromiss gefunden. Er sei auch im Interesse der Kunden. Die Bahn hat sich vorgenommen, einer der beliebtesten Arbeitgeber im Land zu werden, um auch in Zukunft genügend Fachkräfte zu finden. Auf diesem Weg sei man „einen weiteren Schritt vorangekommen.“
Im öffentlichen Dienst hatte es kürzlich eine Einigung auf eine zweistufige Erhöhung von insgesamt 5,4 Prozent gegeben. In der Metall- und Elektroindustrie beginnen die entscheidenden Verhandlungen nach Ostern.
Für die Bahn-Mitarbeiter dürfte es zudem noch einmal eine Extraleistung von einigen hundert Euro geben. Der Konzernbetriebsrat und der Vorstand verhandeln über eine Erfolgsbeteiligung. 2012 hatte die Bahn 1,5 Milliarden Euro verdient – ein Rekord. Für 2011 hatte der Konzern seinen Mitarbeitern einen Bonus von 300 Euro gezahlt

Mit der Axt auf den Zypern Banken

Eine Pleite ist vorerst abgewendet. Zyperns Bankensektor muss massiv umgebaut werden, aus dem Rettungsschirm fließen dafür zehn Milliarden Euro. Ist das Land damit gerettet?

Zypern ist gerettet – vorerst. Nach der Einigung in Brüssel können dem Inselstaat zehn Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm überwiesen werden. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit: Am Sonntag war der konservative zyprische Präsident Nikos Anastasiadis nach Brüssel geflogen, um mit den Spitzenvertretern der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungskonzept zu verhandeln. Am Dienstag hätte die EZB den zyprischen Banken den Liquiditätshahn zugedreht, wenn es bis dahin kein Hilfsprogramm gegeben hätte.

Dann wären der Zusammenbruch des Bankensystems und der Staatsbankrott unvermeidlich geworden. Nun gibt es ein Rettungskonzept und die kleinen Banken machen am Dienstag wieder auf - doch für den Inselstaat ist damit die Zukunft noch nicht gesichert.
Wie ist die Einigung zustande gekommen?
Am Ende der Nacht hat es plötzlich nur noch Sieger gegeben. „Wir haben jetzt das Ergebnis, für das die Bundesregierung immer eingetreten ist“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Verlassen des Brüsseler Ratsgebäudes. Kein Wort mehr davon, dass auch er vor acht Tagen der ersten Einigung der Euroländer zugestimmt hatte, die mit einer Zwangsabgabe auf alle zyprischen Bankguthaben so viel Kritik ausgelöst und am Dienstag im Parlament von Nikosia gescheitert war. Die nun gefundene Lösung sei „besser als die aus der Vorwoche“, befand der niederländische Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Und selbst der zyprische Finanzminister Michael Sarris sprach von einem „besseren Deal für Zypern“.

In den folgenreichen Rückbau der zyprischen Finanzwirtschaft hatte Präsident Nikos Anastasiades nach stundenlangen Verhandlungen mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, IWF-Chefin Christine Lagarde, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Zentralbankchef Mario Draghi und einer eigenen Rücktrittsdrohung eingewilligt. „Es war politisch unmöglich“, sagte der ebenfalls involvierte Jeroen Dijsselbloem, „vor einer Woche eine ähnliche Einigung zu bekommen.“ Finanzminister Sarris sagte: „Wir haben den katastrophalen Austritt aus der Eurozone vermieden“, auch wenn dies „nicht ohne Schmerzen“ abgehen werde. „Dieses Mal war nicht der Ist-Zustand der Vergleichsmaßstab“, sagte ein EU-Diplomat zum Einlenken der Zyprer, „dieses Mal war das Referenzszenario der Staatsbankrott.“

Was sieht der Rettungsplan genau vor?
An die Stelle einer Abgabe für alle Sparer und Anleger tritt nun ein massiver Umbau des zyprischen Bankensektors. Es gibt nach der Finanzministersitzung keine diesbezüglichen Prozentsätze mehr und auch keinen fixen Eigenbeitrag mehr, den die Zyprer beisteuern müssen. „Vergessen Sie die Zahl von 5,8 Milliarden Euro“, forderte Dijsselbloem die Journalisten auf, „wir benutzen sie nicht mehr.“ Einzige Hausnummer in der Ministererklärung ist, dass unverändert bis zu zehn Milliarden aus dem Euro-Rettungsschirm an die Regierung in Nikosia überwiesen werden sollen. Das Geld soll dazu dienen, fällige Staatsanleihen bis 2016 zu refinanzieren und die Haushaltslöcher zu stopfen. Es fließt wohlgemerkt nicht in die Bankenrettung. Das größte Institut der Insel, die Bank of Cyprus, soll sich quasi selbst retten und gesundschrumpfen. Dazu wird ein Teil der Einlagen von mehr als 100000 Euro abgezweigt und in Aktien umgewandelt. Wie hoch der Prozentsatz ist, auf den die Kontoinhaber verzichten müssen, ist noch ungewiss. Der zyprische Regierungssprecher Christos Stylianidis sprach von „etwa 30 Prozent“.
Die restrukturierte Bank of Cyprus soll künftig solide finanziert sein und die vorgeschriebene Eigenkapitalquote von neun Prozent aufweisen. Das mit einem Marktanteil von 16 Prozent zweitgrößte Geldinstitut, die Laiki Bank, wird abgewickelt. Die Guthaben von bis zu 100000 Euro, die durch die EU-Einlagensicherung gedeckt sind, werden auf die Bank of Cyprus übertragen. Entgegen den anfänglichen Plänen sollen diese Bankguthaben von bis zu 100000 Euro, die unter die EU-Einlagensicherung fallen, nicht angetastet werden. „Wir behandeln die Probleme dort, wo sie entstanden sind“, sagte Dijsselbloem ebenso zufrieden wie Christine Lagarde. „Wir haben die Behandlung auf die beiden Problembanken begrenzt“, ergänzte die IWF-Chefin. „Das zyprische Geschäftsmodell war einfach nicht überlebensfähig“, sagte der EU-Kommissionschef Barroso, der gleichzeitig die Gründung einer Task Force für Zypern ankündigte, die untersuchen soll, auf welcher Basis die Wirtschaft neu aufgebaut werden kann: „Wir müssen neue Quellen des Wachstums finden.“ Der direkte Abfluss verbleibender Einlagen wird, wenn nun die kleineren Banken am Dienstag wieder geöffnet werden, mit Hilfe von Kapitalverkehrskontrollen verhindert, denen das Parlament in Nikosia zusammen mit dem Bankenumbau schon vor der Sitzung in Brüssel seinen Segen gegeben hatte

Patient Krankenhaus


An der Charité und bei Vivantes fehlen nach Angaben der Betriebsräte insgesamt mehr als 500 Pfleger und Schwestern. Kliniken und Senat sind sich des Problems bewusst.

Die Berliner Landeskliniken bekommen ihr Personalproblem kaum in den Griff. An der Charité und bei Vivantes würden zusammen mehr als 500 Schwestern und Pfleger fehlen, beklagen Betriebs- und Personalräte. An der Charité ist für den 17. März sogar eine kleinere Station geschlossen worden. Die Patienten der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung auf dem Weddinger Gelände der Klinik sind dazu in andere Stationen verlegt worden. Dies bestätigte eine Kliniksprecherin.
Auslöser waren neben der offenbar knappen Zahl eingeplanter Pflegekräfte vor allem krankheitsbedingte Ausfälle. Womöglich hätte man die Station offen halten können. Doch der Personalrat stimmte weiteren Überstunden der dortigen Schwestern und Pfleger nicht zu.
Nicht ausgeschlossen ist also, dass künftig andere Stationen wegen zu knapper Besetzung vorübergehend nicht mit Patienten belegt werden.
Die Arbeitnehmervertreter wollen stärker auf die Einhaltung von Dienstplänen achten, man werde „konsequent auf Unterbesetzung reagieren“, sagte Charité-Personalratschef Carsten Becker. Das Anhäufen von Überstunden soll verhindert werden. Die von den Pflegekräften gesammelten Überstunden entsprechen Personalratsangaben zufolge 80 neuen Stellen. Zur Charité gehören Kliniken in Mitte, Wedding, Steglitz und Buch. Um an allen Standorten eine gute Versorgung zu garantieren, seien bis zu 300 zusätzliche Schwestern und Pfleger nötig, sagte Becker.
Die Klinikleitung bestätigte die Zahlen am Montag nicht. Allgemein sei mehr Personal aber besser. Die Charité beschäftigt derzeit rund 3400 Pflegekräfte. Aus dem Haus von Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD), die Vorsitzende des Charité-Aufsichtsrates ist, hieß es: Der Senat nehme das Problem ernst, man werde sich erneut damit befassen.
Den Personalräten zufolge gibt es Nachtschichten, in denen eine Pflegerin formal für bis zu 30 Patienten zuständig ist. „Wir schauen uns jetzt jeden Dienstplan genau an“, sagte Jörg Pawlowski, der die unmittelbar im Krankendienst beschäftigten Mitarbeiter der Universitätsklinik vertritt. Intern wird die Ankündigung der Personalräte von einigen als „kalter Arbeitskampf“ bewertet. Zu einem Streik, so sieht es das Arbeitsrecht vor, darf erst nach offiziellem Scheitern von Tarifverhandlungen und nur von Gewerkschaften aufgerufen werden.

Die Gewerkschaft Verdi wollte in diesen Wochen mit dem Klinikvorstand eigentlich über die Arbeitsbedingungen verhandeln – also über bessere Besetzung der Stationen. Doch das tarifliche Festschreiben von Personalbesetzungen hält die Charité-Leitung nach eigener Auskunft für problematisch. Die Arbeitnehmer können dann die Besetzung von Schichten notfalls von Gerichten beurteilen lassen.
Auch bei Vivantes gibt es ein Personalproblem. Dies sieht zumindest Betriebsratschef Giovanni Ammirabile so. Ein Stellenplan dürfe sich nicht vorrangig an ökonomischen Kennzahlen orientieren, sondern an den Patienten und ihren Diagnosen. In den acht Vivantes-Kliniken fehlten „einige hundert“ Schwestern und Pfleger. Die Konzernleitung teilte auf Anfrage mit, grundsätzlich sei „die Arbeitsbelastung gestiegen“. Eine Entwicklung, „die wir sehr ernst nehmen“.
Immer wieder hatten die Chefs von Vivantes und Charité von Krankenkassen und Politik eine bessere Finanzierung verlangt. Beide landeseigenen Großkliniken müssen derzeit ihre zahlreichen, über die Stadt verteilten Häuser sanieren. Während der Staat für die Finanzierung von Gebäuden und Technik aufkommt, müssen die laufenden Kosten für Personal, Energie und Medikamente laut Gesetz mit den Geldern der Krankenkassen bestritten werden. Oft liegen die Mittel der Landesregierungen und Kassen unter den Preissteigerungen für Güter und Dienstleistungen.
Die Bundesregierung hatte angekündigt, mit einer Milliarde Euro den Krankenhäusern in Deutschland zu helfen. Noch muss darüber im Bundesrat abgestimmt werden. Für steigende Personalkosten sollen bundesweit bis zu 80 Millionen Euro veranschlagt werden. Das Geld wird von den Krankenkassen kommen, die zuletzt Überschüsse erzielten. Entsprechend kritisch sieht man dort den Plan. Statt kurzfristiger Hilfe für die Kliniken „sollte lieber über tiefgreifende Reformen bei deren Finanzierung nachgedacht werden“, teilte die Barmer mit. Gegenwärtig würden nötige Investitionen nicht einmal zur Hälfte durch Landesmittel finanziert, wie es das Gesetz vorsieht. Die Kassen müssten längst für Sanierungen und Technik herhalten.

Thursday, March 21, 2013

Ein Leben ohne Geld

Seit sechs Tagen sind die Banken auf Zypern geschlossen. Die Verzweiflung der Bevölkerung wächst - wie auch die Ambitionen von Kredithaien, schnell viel abzuzocken. Gerd Höhler berichtet, wie das Leben auf der Mittelmeerinsel ohne Bargeld funktioniert.
„Das macht dann 22,10 Euro“, sagt der Kellner freundlich und legt die Rechnung auf den Tisch. Aber als der Gast des Restaurants in der Laiki Gitonia, dem malerischen Altstadtviertel der zyprischen Inselhauptstadt Nikosia, seine Kreditkarte zückt, verfinstert sich die Miene des Mannes. „Können Sie nicht in bar zahlen?“, will er wissen.
Diese Frage hört man jetzt immer häufiger in Zypern. Seit sechs Tagen sind die Banken auf der Insel bereits geschlossen – während die Politiker in einer Krisensitzung nach der anderen über einen Ausweg beraten, der den drohenden Zusammenbruch der Geldinstitute verhindern und einen Staatsbankrott abwenden soll.

Ob eine Lösung gefunden werden kann, war am Donnerstag noch ungewiss. Seit das zyprische Parlament am Dienstagabend die von der EU vorgeschlagene Zwangsabgabe auf Bankguthaben mit großer Mehrheit abschmetterte, hat sich die Krise gefährlich verschärft. Auch am Donnerstag und Freitag bleiben die Banken geschlossen. Dahinter steht die Angst, dass es zu einem Ansturm auf die Schalter kommen könnte, wenn die Filialen wieder öffnen, ohne dass zuvor eine politische Lösung gefunden ist und sich die Lage stabilisiert hat. Ein massiver Abfluss von Einlagen könnte die strauchelnden Geldinstitute binnen weniger Stunden in die Knie zwingen, fürchten Finanzexperten. Da am Montag ohnehin ein Feiertag in Zypern ist, werden die Institute frühestens am Dienstag der kommenden Woche öffnen.

Auf Zypern wird nur noch bar gezahlt

Bis dahin versuchen sich die Zyprer irgendwie über die Runden zu retten. „Keine Schecks und Kreditkarten, nur Cash“ - solche selbstgemalten Schilder sieht man jetzt in den Schaufenstern vieler Geschäfte in Nikosia. Bargeld lacht. Auch Hoteliers nehmen Kreditkarten nur noch widerstrebend entgegen. Zwar werden die dem Kunden belasteten Beträge offenbar ordnungsgemäß den Konten der Geschäftsleute gutgeschrieben, weil die elektronischen Buchungssysteme im Hintergrund noch laufen.

„Aber wer weiß, ob ich jemals an das Geld auf meinem Konto herankomme?“, sagt ein Hotelier in der Altstadt von Nikosia. „Ich muss meine Lieferanten bezahlen, nächste Woche werden außerdem die Löhne für das Personal fällig.“ Er versuche deshalb, so viel Bargeld wie möglich vorzuhalten, erklärt der Geschäftsmann. Auch an den Tankstellen hat man mit Banknoten bessere Karten. Die Treibstoffversorgung sei sichergestellt, es gebe keine Engpässe, versichert Stefanos Stefanou, der Präsident des Verbandes der zyprischen Tankstellenpächter. Er appellierte aber an die Autofahrer, möglichst in bar und nicht mit Kreditkarten zu zahlen.

"Retten, was zu retten ist"

Weil die Zahlungssysteme lahmliegen, sind die Im- und Exporte Zyperns weitgehend zum Erliegen gekommen. Noch gibt es zwar weder bei Rohöl noch bei Arzneimitteln oder anderen Importwaren spürbare Engpässe. Die Raffinerie bei Larnaka an der Südküste arbeitet noch normal. Auch sind die Lager der meisten Importeure gefüllt. Aber das könnte sich ändern, wenn der Ausnahmezustand länger andauert oder die Banken gar ganz zusammenbrechen. Schon jetzt fürchten Fachleute, dass die ohnehin im Abschwung befindliche zyprische Wirtschaft durch die Bankenschließung deutlich tiefer in die Rezession rutschen wird. Unabsehbare Folgen fürchtet auch die Tourismusbranche, die neben den Finanzdienstleistungen die zweite wichtige Säule der zyprischen Volkswirtschaft ist: Vor allem russische und britische Reiseveranstalter seien besorgt, berichtet Marios Channidis, Generaldirektor der staatlichen Tourismusbehörde KOT. In britischen Medien kursieren bereits Berichte, wonach Urlaubern auf der Mittelmeerinsel das Bargeld ausgehe. Dass die britische Regierung diese Woche eine Million Euro in einer Militärmaschine nach Zypern fliegen ließ, um ihre dort stationierten 3500 Soldaten mit Bargeld zu versorgen, ließ die Lage noch dramatischer erscheinen.

Noch spucken die Geldautomaten auf Zypern Scheine aus. Aber man muss außer seiner Bankkarte viel Geduld mitbringen. Stehvermögen wird vor allem den Kunden der Laiki Bank abverlangt. Das zweitgrößte Kreditinstitut der Insel ist wegen immenser Verluste beim griechischen Schuldenschnitt und hoher Ausfälle durch faule Kredite in einer besonders prekären Lage. Als am Donnerstagmorgen Gerüchte über einen unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der Bank oder eine geplante Liquidierung des Instituts die Runde machten, eilten viele Kunden zu den Zweigstellen, um so viel Bargeld wie möglich von den Konten abzuziehen. Vor den beiden Automaten der Bank an der Platia Eleftherias wurde die Schlange der ungeduldig wartenden Menschen immer länger. „Ich will retten, was zu retten ist", sagte verzweifelt eine Hausfrau, die sich unter die Wartenden einreihte. Sie hat knapp 4000 Euro auf ihrem Girokonto, aber mehr als 400 Euro gibt der Geldautomat pro Kunde und Tag nicht heraus.

Die Kunden bleiben aus

Noch werden die Automaten immer wieder aufgefüllt. An vielen Banken fahren die gepanzerten Lieferwagen der Sicherheitsfirmen mehrmals am Tag vor. Das Geld stammt letztlich von der Europäischen Zentralbank (EZB), die bisher grünes Licht für die Vergabe von Liquidität an die zyprischen Geschäftsbanken über die ELA-Nothilfe (Emergency Liquidity Assistance) durch die zyprische Zentralbank gab. Allerdings will die EZB Zypern den Geldhahn am kommenden Montagabend zudrehen, wenn bis dahin kein Hilfskonzept steht. Dieses Ultimatum erhöht nicht nur den Druck auf die Politiker in Nikosia. Es sorgt auch für wachsende Unruhe in der Bevölkerung. Denn die Menschen wissen: Die beiden großen Geldinstitute Zyperns, die Bank of Cyprus und die Laiki Bank, sind praktisch insolvent. Allein in den letzten Tagen vor der Schließung der Banken flossen rund vier Milliarden Euro aus Zypern ab. Die Einlagen der Banken schmolzen dadurch von 68 auf 64 Milliarden zusammen.
Dass immer weniger Geld im Umlauf ist, bekommt auch die Verkäuferin Maria Grigoriou zu spüren. Sie arbeitet in einem Optikerladen wenige Schritte von den belagerten Geldautomaten der Laiki Bank entfernt. Wie viele Kunden hatten sie denn heute schon? Auf diese Frage gibt Maria um zwölf Uhr mittags die entwaffnende Antwort: „Sie sind der erste." Ihr Lächeln weicht allerdings Enttäuschung, als sie erfährt, dass der vermeintliche Kunde nur ein Journalist ist, der sich nach dem Umsatz erkundigen will. „Schlecht gehen die Geschäfte, immer schlechter“, sagt sie. Und wie wird es weitergehen? „Wie soll ich das wissen?“, entgegnet die junge Frau mit ratlosem Schulterzucken, „das wissen ja nicht mal unsere Politiker.“

Im Land ohne Geld blühen dubiose Geschäfte auf

Nicht nur bei der Brillenverkäuferin bleiben die Kunden aus. „Wir hatten am vergangenen Freitag den letzten Interessenten", berichtet ein Gebrauchtwagenhändler an der Limassol-Allee, einer großen Ausfallstraße, die von Nikosia zur Südküste führt. Der junge Mann habe sich einen Wagen angesehen, aber nicht gekauft, teilt der Händler mit. Auch auf dem Immobilienmarkt läuft zurzeit nichts mehr. Im Kaufhaus Debenhams an der Ledra-Straße sind ebenfalls nur wenige Kunden anzutreffen. „Die Menschen kaufen nur noch das Allernötigste“, sagt eine Besucherin.
Um 15 Prozent seien die Umsätze der Supermärkte zurückgegangen, berichtet Verbandssprecher Andreas Chatzipadamou. „Stammkunden lasse ich notfalls anschreiben“, sagt ein Lebensmittelhändler nahe der alten Stadtmauer von Nikosia. Denn trotz noch funktionierender Geldautomaten geht vielen Menschen das Geld aus. Schließlich haben nicht alle Zyprer eine Plastikkarte, die ihnen Zugriff auf ihr Konto erlaubt. Vor allem viele Rentner verfügen nur über traditionelle Sparbücher. Nachbarn und Verwandte helfen sich mit Bargeld zwar noch bereitwillig aus. Es beginnen im Land ohne Banken allerdings auch dubiose Geschäfte aufzublühen.

Nicht nur die Pfandleiher profitieren von der Notlage vieler Menschen, die nun Schmuck und andere Wertgegenstände versetzen, um an etwas Bargeld zu kommen. Auch Finanzhaie gehen auf Jagd: Als sie gestern nachsehen wollte, ob ihre Bankfiliale nicht vielleicht doch geöffnet habe, sei sie dort von einem Unbekannten angesprochen worden, berichtete eine Frau im zyprischen Radio. Der Mann habe ihr ein Bündel Banknoten gezeigt und einen „Barkredit“ über 2000 Euro angeboten, für einen Tageszins von drei Prozent, erzählte die Anruferin empört. Als „Sicherheit“ habe der Mann ihre Autoschlüssel verlangt. Die Frau lehnte dankend ab.
„Bald gehen hier die Lichter aus“, sagt einer der Bankkunden, der zum Glück nicht auf die Dienste zwielichtiger Geldgeber angewiesen ist sondern an einem Geldautomaten der Hellenic Bank am Donnerstagmittag noch 400 Euro ergatterte. Die düstere Prognose wird sich hoffentlich nicht wörtlich bewahrheiten. Weil es keine Überweisungen gibt und auch Daueraufträge nicht ausgeführt werden, können jetzt viele Zyprer ihre Stromrechnungen nicht bezahlen. Immerhin teilte die staatliche Elektrizitätsgesellschaft am Donnerstag mit, dass sie bis auf weiteres auch säumigen Zahlern nicht den Strom abdrehen wird.

Eis Kollision in einer Spirale

Zwei Hubschrauber der Bundespolizei sind heute bei einer Anti-Hooligan-Übung am Olympiastadion Berlin verunglückt. Bei der Landung wartete einer der Piloten offenbar nicht lange genug und setzte bei schlechter Sicht im Schneegestöber auf den zweiten Helikopter auf.




Bei einer Großübung der Bundespolizei sind am Donnerstagvormittag zwei Hubschrauber mit mehreren Dutzend Beamten am Olympiastadion in Berlin verunglückt. Ein Pilot starb, vier Polizisten wurden schwer verletzt, mehrere weitere leicht. Das Unglück ereignete sich gegen 10.30 Uhr auf dem Maifeld, gleich neben dem Olympiastadion. Drei Hubschrauber der Typen Puma und Eurocopter waren im Anflug, um eine Spezialeinheit der Bereitschaftspolizei abzusetzen, die gegen sich prügelnde Hooligans auf dem S-Bahnhof Olympiastadion vorgehen sollte – so sah es das Drehbuch vor.

Zunächst landeten zwei Pumas kurz nacheinander auf dem Platz, auf dem etwa 20 Zentimeter Schnee lagen, sie wirbelten eine ungeheure Schneemasse auf, die Augenzeugen völlig die Sicht nahm. In jedem Helikopter saßen 20 bis 25 Polizisten.
Die letzte landende Maschine vom Typ Eurocopter 155 wartete offensichtlich nicht, bis sich das Schneegestöber nach den vorherigen Landungen gelegt hatte und versuchte ebenfalls zu landen. Dabei setzte sie höchstwahrscheinlich auf der zuerst gelandeten Puma auf. Über den genauen Hergang gibt es aber noch keinen genaueren offiziellen Informationen - jedoch kam der Pilot des Pumas, der zuerst gelandet war, dabei ums Leben.
Durch die Kollision der Maschinen kam es zu einem lauten Knall. Da sich die Rotoren der Maschine noch drehten, brachen diese auseinander und flogen in Fetzen viele Meter weit. Die Puma kippte um. Herumfliegende Hubschrauber-Teile zerstörten sogar einige Fensterscheiben des Olympiastadions. Aus dem Pulk der wartenden Beamten und Journalisten wurde ein Reporterin leicht verletzt.

Erst am Nachmittag konnte der getötete Pilot geborgen werden. Gestorben ist der Pilot der zweiten Maschine, 42 Jahre alt, der den Unfall nicht selbst verursacht hat. Die Feuerwehr sorgte den Tag über mit Löschschaum dafür, dass sich das ausgelaufene Kerosin nicht entzündet, am Abend räumte das Technische Hilfswerk die Unglücksstelle. Der dritte, unbeschädigte Helikopter konnte von dort weggeflogen werden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der sofort zur Unfallstelle geeilt war, sprach von einem „schrecklichen Unglück“.  Auch Innensenator Frank Henkel und Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt informierten sich am Olympiastadion. Die Übung, an der 400 Polizisten teilnahmen, wurde abgebrochen, die Feuerwehr löste einen Großeinsatz aus.


60 Kräfte der Feuerwehr sind im Einsatz gewesen, ebenso Sanitäter, die ohnehin zu den Hundertschaften der Bundespolizei gehören. Auf dem Maifeld musste ausgelaufenes Kerosin gesichert werden. Der große Kranwagen der Feuerwehr kam auch aufs Maifeld, um den Helikopter aufzurichten. Da die Unfallstelle erst von Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) begutachtet werden muss, wurde der Kran nicht eingesetzt. Das Olympiastadion ist bis auf Weiteres komplett gesperrt. Wie Innenminister Friedrich sagte, habe die Untersuchung der Absturzursache bereits begonnen.


Unter Flugexperten ist es ein bekanntes Problem, dass bei Landeanflügen oft so viel Schnee aufgewirbelt wird, dass dadurch die Sicht stark eingeschränkt wird. Hierzu gibt es sogar ein eigenes Forschungsprojekt. Möglicherweise sei es - im Vorhinein betrachtet - sogar sinnvoll gewesen, die Übung heute durchzuführen, da Helikopter auch bei grenzwertigem Wetter aufsteigen müssen, sagte ein Mitarbeiter der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung im Braunschweig, die den Unfall untersucht. "Wir tragen derzeit die Fakten zusammen, einen ausführlichen Bericht wird es aber erst in zwei Monaten geben."
Beide Hubschrauber sind allwetter- und nachtflugtauglich. Das schlechte Wetter am Donnerstag sei keine Hindernisgröße für den Einsatz der Maschinen bei der Übung gewesen, sagen Experten. „Dass Transportflüge auch bei schlechtem Wetter stattfinden müssen, ist selbstredend.“
Thomas Weber, der Polizeireporter von Radio Eins, war bei der Übung vor Ort. Er berichtete live im Radio von seinen ersten Eindrücken: "Es hat einen Zwischenfall gegeben."
Während das Unglück passierte, hatten Hertha-Profis auf dem Olympiagelände trainiert. "Wir haben davon nichts mitbekommen", sagt Herthas Kapitän Peter Niemeyer.

Industry Energy Summit enttäuscht und Stromkunden

Vor der Bundestagswahl wird es nichts mit der Strompreisbremse: Bundesregierung und Bundesländer konnten sich am Donnerstag auf dem Energiegipfel nicht einig werden.

Hoffnungen von Stromkunden auf eine Preisbremse noch vor der Bundestagswahl haben einen deutlichen Dämpfer erhalten. Die von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) angepeilte Verständigung mit den Ländern blieb beim Energiegipfel am Donnerstag aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, die Gespräche würden nun unter Regie des Kanzleramts bis Mai weiter geführt, um noch eine Lösung zu finden. „Ob es gelingt, werden wir sehen“, sagte sie. Die Hürden sind jedoch groß: So reagierte Merkel auf die Länder-Kernforderung nach einer Senkung der Stromsteuer kühl: „Ich habe meiner Skepsis hier Ausdruck verliehen.
“ Sie sehe dafür keinen Spielraum im Haushalt.
Bei der Industrie traf die Vertagung auf scharfe Kritik: „Dies ist ein fatales Signal für die notwendige Steuerung der Energiewende insgesamt“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Energiewirtschaft, Hildegard Müller. BDI-Chef Ulrich Grillo sprach von einer verpassten Chance: „Dieses Spiel auf Zeit gefährdet fahrlässig Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze.“ Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wertete dem Umstand, dass Merkel offen an einem Erfolg zweifele, als „besondere Abfuhr“ für Umweltminister Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).
Altmaier hatte bei seinem Vorstoß im Januar betont, bis zum Gipfel im Kanzleramt müsse es eine Verständigung zwischen Bund und Ländern geben, um Investitionssicherheit für Industrie und Ökostrombranche zu schaffen. Die Regierung braucht SPD und Grüne, um die Preisbremse durch den Bundesrat zu bringen. Ziel ist, die Umlage von knapp 5,3 Cent pro Kilowattstunde für die Ökostrom-Förderung durch die Haushalte stabil zu halten.Neben Kürzungen bei den erneuerbaren Energien soll die Industrie sich die Lasten der Energiewende stärker mit Haushalten und Mittelstand teilen.

Im Vorfeld hatten Arbeitsgruppen von Bund und Ländern fünf mal getagt. Gleichwohl sind Regierungslager und Opposition weiter in nahezu allen Kernpunkten zerstritten. Auch innerhalb der Koalition und der Länder gibt es Differenzen. Hier gebe es etwa im Streit um die Befreiung einzelner Branchen von der Umlage, wie Berlins Senatssprecher Richard Meng dem Tagesspiegel sagte. NRW habe natürlich die Schwerindustrie im Blick, für Berlin sei wichtig, dass der öffentliche Personennahverkehr von den Kosten weitgehend befreit bleibe. „Wir brauchen keine neue Debatte über steigende Ticketpreise“, sagte er. (mit Reuters)


Monday, March 18, 2013

Samwer-Brüder sammeln 150.000.000 €

Global Founders Capital investiert in junge Firmen auf der ganzen Welt - will dabei aber Rocket Internet nicht in die Quere kommen.

Berlin - Die Samwer-Brüder sind dafür bekannt, dass sie sich nicht mit Klein- Klein zufrieden geben. Die Internetunternehmer investieren nur in ein Geschäftsmodell, wenn sie dahinter einen großen Markt sehen und dort die Nummer eins sein können. Mit ihren erfolgreichen Gründungen (Alando, Jamba), Beteiligungen (Facebook, Linked-in) und den Verkäufen derselben haben sie viel Geld verdient – dass sie in immer neue Unternehmen stecken. Jetzt haben zwei der Brüder, Oliver und Marc, einen 150 Millionen Euro schweren Fonds aufgelegt, mit dem sie Internetfirmen in der ganzen Welt finanzieren wollen. Dritter im Team von Global Founders Capital ist Fabian Siegel, Mitgründer von Clickandbuy und zuletzt Co-Chef von Delivery Hero.

Das Geld komme von einem kleinen Kreis erfolgreicher Internetunternehmer und der Familie Samwer und nicht etwa von klassischen Finanzinvestoren, sagte Siegel dem Tagesspiegel. Er wird von Berlin aus für den Fonds tätig sein, auch wenn der Fonds seinen Sitz in München hat, wo die Samwers wohnen. Siegel sieht große Wachstumschancen in Südostasien, Afrika und Lateinamerika, wo es wenig Kapital gebe. Zwischen 100 000 und vier Millionen Euro, je nach Stadium, kann eine Firma erhalten. „Aber ein Produkt sollte schon da sein“, sagte Siegel. „An den ersten Deals arbeiten wir noch – in Berlin, Europa und den USA.“ Allerdings werde der Fonds nicht dort einsteigen, wo Rocket Internet tätig ist. „Die Samwers wollen sich schließlich nicht selbst Konkurrenz machen.“
Rocket Internet ist der Inkubator der Samwers in Berlin. Inkubator deshalb, weil Rocket als eine Art Brutkasten für Gründungen funktioniert, die zum Teil rasend schnell wachsen. Der Internethändler Zalando zum Beispiel. Nach eigenen Angaben haben die Samwers inzwischen ein Netzwerk von Internetfirmen mit 27 000 Mitarbeitern in 43 Ländern aufgebaut. Aber ihre Methoden sind umstritten, auch weil sie Geschäftsmodelle kopieren.
Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften hat es seit 2011, als der staatlich initiierte Hightech-Gründerfonds 288,5 Millionen Euro einwarb, nur Earlybird hierzulande geschafft, einen Fonds im dreistelligen Millionen-Euro-Volumen aufzulegen. Corinna Visser

Bundeskartellamt Maßnahmen gegen den Hersteller von pharmazeutischen Produkten

Die Wettbewerbsbehörde verhängt ein Bußgelder von 39 Millionen Euro gegen insgesamt sechs Unternehmen für Drogerieartikel. Procter & Gamble und L'Oréal wehren sich.

Berlin - Das Bundeskartellamt hat erneut Bußgelder gegen führende Hersteller von Drogerieartikeln verhängt. Das Amt wirft Procter & Gamble, Beiersdorf und anderen vor, unerlaubt Informationen ausgetauscht und damit den Wettbewerb beeinträchtigt zu haben. Sechs Unternehmen der Branche und der Markenverband müssen rund 39 Millionen Euro zahlen, teilte die Wettbewerbsbehörde am Montag mit. In einer ersten Runde waren bereits Strafen in Höhe von etwa 24 Millionen Euro verhängt worden.
Führende Markenartikelhersteller hätten sich jahrelang bei offiziellen Verbandssitzungen über Preiserhöhungen, Rabattforderungen und die Verhandlungen mit den Einzelhändlern ausgetauscht, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt.
Gemauschelt wurde demnach im Arbeitskreis „Körperpflege, Wasch- und Reinigungsmittel“ (KWR). Colgate Palmolive hatte die Behörden über den Informationsaustausch informiert, das Unternehmen muss deshalb keine Strafe zahlen.
Anders erging es einer ganzen Reihe bekannter Hersteller: Zu den Unternehmen, die jetzt belangt werden, zählen neben Beiersdorf und Procter & Gamble auch die Gillette-Gruppe, die heute zu Procter & Gamble gehört, die Kosmetikfirma L’Oréal und der Schuhcreme-Produzent Erdal-Rex. Während Beiersdorf den Bußgeldbescheid akzeptierte, will sich Procter & Gamble (Ariel, Pampers, Blend-a-med) gegen das Kartellamt zur Wehr setzen. „Wir werden gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einlegen“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Es sei ein wesentlicher Grundsatz des Unternehmens, „sich an Wortlaut und Zweck der Gesetze zu halten, wo immer wir operieren.“ Auch L'Oréal Deutschland erklärte am Montag, gegen den Bußgeldbescheid „Einspruch“ einzulegen. Der Kosmetikhersteller habe sich „in keiner Weise an einem ,wettbewerbsbeschränkenden Informationsaustausch’ beteiligt“, erklärte eine Sprecherin. Daher weise man „die Beschuldigungen“ des Kartellamtes zurück. Der Markenverband, der den umstrittenen Arbeitskreis organisiert hatte, kündigte an, die Entscheidung des Bundeskartellamts zu analysieren und dann über Rechtsmittel zu entscheiden.
An dem verbotenen Informationsaustausch, der zwischen 2004 und 2006 stattgefunden hatte, hatten alle namhaften Hersteller von Drogerieartikeln teilgenommen. Gegen Unternehmen wie Unilever (Dove, Axe), Henkel (Persil), Schwarzkopf (Schauma) und Johnson & Johnson (Bebe, Penaten, OB) war das Kartellamt bereits 2008 und 2011 vorgegangen. Die Bußgeldbescheide über insgesamt 24 Millionen Euro sind inzwischen rechtskräftig.
Dass die Bußgelder angesichts der Größe der Unternehmen nicht noch deutlich höher ausgefallen sind, liegt daran, dass die Konzerne zwar bei ihren regelmäßigen Treffen Informationen ausgetauscht haben, das Kartellamt ihnen aber konkrete Preis- oder sonstige Absprachen nicht nachweisen konnte. Obwohl es sich nicht um Kartelle im eigentlichen Sinne handelt, geht das Amt gegen die Hersteller vor, denn auch der Austausch von wettbewerblich relevanten Informationen sei „kartellrechtlich verboten“, betonte Behördenchef Mundt. „Der Wettbewerb wird durch solche Verhaltensweisen beeinträchtigt.“
Ob Mühlen, Kaffeeröster, Schienen- und Schokoriegelhersteller oder Sanitärgroßhändler – die Fälle häufen sich. Die Wettbewerbsbehörde hat den Kampf gegen Kartelle deutlich verschärft. „Wir sind schlagkräftiger geworden“, sagte Behördensprecher Kay Weidner dem Tagesspiegel. Verdachtsfällen geht das Amt jetzt schneller und entschlossener nach als früher. Zudem arbeiten heute mehr Mitarbeiter im Kartellbereich, darunter auch ehemalige Kriminalkommissare. Bezahlt macht sich für das Amt zudem die Kronzeugenregelung, nach der Firmen, die Kartelle beim Amt melden – wie in diesem Fall Colgate Palmolive – straffrei ausgehen. Mitarbeit: jmi


In frühestens 2014 Mieter bekommen Geld

Das Kartellamt hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass das Berliner Trinkwasser zu teuer ist. Die Rückerstattung der erhöhten Kosten wurde amtlich verordnet. Doch die Mieter haben vorerst nichts davon.

Die Rückerstattung zu viel gezahlter Wasserpreise kommt bei den Berliner Mietern frühestens im kommenden Jahr an. „Die Mieter sehen erst einmal kein Geld“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Michael Roggenbrodt, dem Tagesspiegel.
An den Wasserbetrieben liegt das nicht. Sie haben nach eigenen Angaben bereits zwei Drittel der knapp 60 Millionen Euro, die sie nach Meinung des Bundeskartellamts im vergangenen Jahr zu viel kassiert haben, an die Hausbesitzer überwiesen. Doch die können sich mit der Weitergabe an die Mieter Zeit lassen.

Da die Überweisung erst in diesem Jahr erfolgt ist, fließen die Gelder in die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013 ein. „Diese Abrechnung können die Vermieter frühestens am 1. Januar 2014 vorlegen“, weiß Mieterschützer Roggenbrodt. Sie dürfen sich aber auch Zeit lassen – und zwar bis zum 31. Dezember 2014, betont Roggenbrodt, „erst danach kann der Mieter klagen.“
Geht es nach dem Willen der Vermieter, sollen sich die Mieter aber noch länger gedulden. Die Vermieter wollen die Rückzahlung der Wasserbetriebe nämlich erst einmal auf Treuhandkonten parken, sagte Carsten Brückner, Chef von Haus & Grund Berlin, dem Tagesspiegel. Das liege auch im Interesse der Mieter, meint der Vorstand des Hausbesitzerverbands. „Es gibt den Mietern Sicherheit.“
Denn noch ist rechtlich nicht geklärt, ob die Wasserbetriebe überhaupt etwas zurückzahlen müssen. Gegen eine entsprechende Verfügung des Bundeskartellamts hat das Unternehmen vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf geklagt. Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest. Wahrscheinlich dürfte der Streit aber ohnehin vor dem Bundesgerichtshof landen – und sich so weiter hinziehen.

Das Kartellamt hatte im vergangenen Juni entschieden, dass das Trinkwasser in Berlin zu teuer ist und die Wasserbetriebe die Preise senken müssen. Für 2012 schüttet das Unternehmen, das mehrheitlich in der Hand des Landes Berlin ist, daher 13,50 Euro pro Kopf aus. Kartellamtspräsident Andreas Mundt hatte im Tagesspiegel-Interview angekündigt, dass die Behörde die Rückzahlung unter die Lupe nehmen will. Bei den Wasserbetrieben sieht man dieser Prüfung jedoch gelassen entgegen. „Wir wissen, dass es einige Diskussionspunkte mit dem Kartellamt gibt“, sagte Sprecher Stephan Natz, „aber wir werden das klären können“.

Francis ist schon ungewöhnlich Papst

Bereits nach knapp einer Woche verändert Franziskus die Wahrnehmung des Papstamtes: Er lebt das Prinzip der Kollegialität. Wo Benedikt von Veränderung nur sprach, könnte sein Nachfolger schon bald ernst damit machen.


Das Spektakel hält an. Der neue Papst, Franziskus, wiewohl an Jahren nicht sehr viel jünger als der Vorgänger, als Benedikt, entwickelt in selbstbewusster Beiläufigkeit ein Tempo, das es seit Jahren, besser: seit Jahrzehnten nicht mehr gab. Die Erstarrung im Vatikan, das sich in Ritualen Erschöpfende, dazu das vom deutschen Papst leise wieder eingeführte Gepränge – alles steht nach wenigen Tagen in Frage. Bereits Äußerlichkeiten werden zum Signal: keine Mitra, keine roten Schuhe, nichts von alledem.
Stattdessen einer, der sich als erstes unters Volk begibt, sich als Bischof von Rom zeigt, Gläubigen die Hand gibt und Ungläubigen im übertragenen Sinn die Hand reicht, der Frauen, die aus der Kirche kommen, Freundschaftsküsse entbietet, der nahbar ist und ungewöhnliche Dinge in gewöhnlichen Worten sagt. Botschaften sind das, die weit ausstrahlen, weil sie vom weltweit einflussreichen Mann mit der weißen Soutane kommen.
Wer sich, nur ein Beispiel, als Seelsorger heraus aus dem Palast der institutionalisierten Spiritualität begibt, der zeigt zugleich, dass er das Prinzip der Kollegialität lebt. Das ist, auf den Papst bezogen, ein Thema seit dem Zweiten Vatikanum. Als Erster dieser Kirche ist sein Wort von Gewicht, da muss er sich nicht eigens wichtig machen. Dem folgte auch, wie Franziskus über das Konklave berichtete: nicht wie von einem Mysterium, nicht raunend, sondern in freundlicher Offenheit, geradezu weltzugewandt. Wenn das die Kurie merkt … Dann kann es, bei diesem Mann von jesuitischem Geist, schon zu spät sein.

Und es kann auch sein, dass er ernst macht, wo Benedikt, der Gelehrte aus den Sphären der hohen Theologie, über Veränderung nur sprach. Eine arme Kirche nach Franziskus – das kann heißen, ganz erdverbunden, dass etwa auf Kirchensteuer verzichtet wird. Dass womöglich einmal in Deutschland, wie in Frankreich, das Geld nur aus Spenden kommt, um die Trennung von Staat und Kirche deutlich zu machen.
Das alles lässt schon fast vergessen, dass es in Franziskus’ Lebenslauf diese verdüsterte Zeit gab, als er in seinem Heimatland mit einer Junta auszukommen versuchte. Aber vielleicht mag da der Spruch gelten, der entschuldigend bereits für andere Kirchenleut’ angeführt wurde: Wer mit dem Teufel sprechen muss, der riecht nach Schwefel. Und heute ist Jose Bergoglio Franziskus.

Sunday, March 17, 2013

Organisation Mndt Coach: "Wir sind jetzt die Schaffung von Transparenz"

Bundeskartellamtschef Andreas Mundt über die neue Marktmacht der Mineralölkonzerne, Lebensmittelpreise, die Berliner Wasserbetriebe und warum Videos ein Produkt wie Kaffee sind.

Herr Mundt, in zwei Wochen ist Ostern. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass der Sprit dann wieder teurer wird. Warum können Sie nichts dagegen tun?
Die Mineralölfirmen haben ein System gefunden, mit dem sie gefahrlos Preiserhöhungen durchsetzen können. Aral oder Shell – einer von den beiden fängt an, und alle anderen Wettbewerber folgen innerhalb von 180 Minuten.
Und Sie schauen zu?
Wir haben keine Hinweise auf illegale Absprachen. Die Unternehmen nutzen ihre Marktmacht geschickt aus. Sie beobachten einfach die Preise und ziehen nach. Jede Konzernzentrale weiß, was der Sprit an jeder Tankstelle kostet

Diese Transparenz nutzen die Mineralölfirmen für Preiserhöhungen. Das ist unerfreulich und ein Ergebnis mangelnden Wettbewerbs, aber kein verbotenes Verhalten.
Künftig sollen auch die Verbraucher zeitnah erfahren, wo sie am billigsten tanken.
Ja, wir schaffen jetzt dieselbe Transparenz über die Benzinpreise für die Kunden.
Dafür gibt es doch schon heute Apps und Internetportale.
Und die leisten auch wirklich einen wertvollen Beitrag. Aber die neue Markttransparenzstelle, die wir beim Bundeskartellamt aufbauen, wird viel mehr Daten in kürzerer Zeit liefern.
Wie soll das gehen?
Die Mineralölunternehmen müssen uns alle Preisänderungen innerhalb von fünf Minuten melden. Wir sammeln das und geben die Daten an Verbraucherinformationsdienste weiter. Diese verbreiten die Infos dann etwa über Apps weiter oder speisen sie direkt in die Navigationssysteme ein.

Und das sorgt für niedrige Spritpreise?
Die Verbraucher werden künftig in der Lage sein, ganz gezielt die günstigste Tankstelle anzusteuern. Das wird den Druck auf die Anbieter erhöhen. Wir tun aber noch mehr. Wir untersuchen auch den Raffineriebereich. Wir wollen Raffinerie- und Tankstellenpreise abgleichen und herausfinden, wie die ganze Wertschöpfungskette funktioniert.
Wann kann ich mir die neue App mit den vom Kartellamt geprüften Spritpreisen auf mein Handy laden?
So bald wie möglich. In Österreich mit seinen 3000 Tankstellen hat das ein Jahr gedauert. Wir haben 14 700 Tankstellen.
Könnten Sie dieses Modell nicht auch auf andere Bereiche übertragen, etwa auf den Lebensmittelhandel? Dann könnten Sie uns sagen, wo die Milch gerade am billigsten ist.
Der Tankstellenmarkt ist sehr ungewöhnlich strukturiert und rechtfertigt deshalb auch ungewöhnliche Maßnahmen. Das können Sie aber nicht kurzerhand auf andere Märkte übertragen

Erinnern Sie sich mit Sparern

Die Finanzminister der Eurozone haben beschlossen, Zyperns Kontoinhaber mit einer Zwangsabgabe an der Rettung des Landes zu beteiligen. Das trifft den Kleinsparer genauso wie den russischen Millionär. Ist das gerechtfertigt?

Wieder einmal müssen die Euro-Staaten einem strauchelnden Mitglied unter die Arme greifen: Zypern wird bis zu zehn Milliarden Euro erhalten, wodurch der Schuldenstand auf 100 Prozent der Wirtschaftskraft im Jahr 2020 begrenzt werden soll. Insgesamt hat der Mittelmeerstaat einen Finanzbedarf von rund 17,5 Milliarden Euro, was etwa seiner jährlichen Wirtschaftskraft entspricht. Die Differenz soll nun unter anderem durch eine Zwangsabgabe für Kontoinhaber bei zyprischen Banken – inländischen wie ausländischen – aufgebracht werden: Wer mehr als 100 000 Euro Bankeinlagen hat, muss eine Sonderabgabe in Höhe von 9,9 Prozent zahlen, geringere Summen werden mit 6,75 Prozent besteuert.
Einleger sollen im Gegenzug an den Banken beteiligt werden.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu Folge sei bei dem Rettungspaket für Zypern nicht auf die Ersparnisse von Kleinsparern zurückgegriffen worden. Die Bundesregierung hätte die Einlagensicherung respektiert, die für Konten bis zu 100.000 Euro gilt, erklärte Schäuble in einem “Tagesthemen“-Interview. “ Das war die zyprische Regierung, auch die Europäische Kommission und die EZB, die haben sich für diese Lösung entschieden und das müssen sie nun dem zyprischen Volk auch erklären“.
Auf die Frage, ob nicht auch ein Freibetrag möglich gewesen wäre, um die Zwangsabgabe sozialer zu gestalten, antwortete Schäuble, dass eine bestimmte Summe an Finanzmitteln zusammenkommen musste. “Wenn man auf der einen Seite nicht zu hoch gehen wollte in der Belastung der großen Investoren, dann kommt man auf die Summe nur, wenn man sie breit anlegt.“ Schäuble warnte das zyprische Parlament vor einer Ablehnung des Rettungspaketes. Im Falle eines “Nein“ seien die zyprischen Banken nicht mehr zahlungsfähig. “Und dann kommt Zypern in eine sehr schwierige Lage.“

Ist der Vorwurf berechtigt, die Zwangsabgabe für Sparer sei ein Tabubruch der EU?
In der Tat werden zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Staatsschuldenkrise die Besitzer von Giro- und Spareinlagen an den Kosten einer Rettungsaktion beteiligt. Auch im Falle Griechenlands gab es, wenn man so will, bereits einen Tabubruch, als nämlich private Gläubiger an den Kosten die Bankenrettung beteiligt wurden. Doch dort ging es um Gläubiger von Staatsanleihen, im Fall Zypern trifft es dagegen den zyprischen Rentner als Kleinsparer genauso wie den russischen Großanleger. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) fordert deshalb einen Schutz für Kleinsparer: Ihnen sollte ein Freibetrag von 25 000 Euro zugesagt werden.
Der Chefvolkswirt der Commerzbank Jörg Krämer betont, dass Zypern „mit seinem völlig überdimensionierten Bankensystem und seinen laxen Geldwäscheregeln ein Sonderfall“ sei. Die Bilanzsumme der zyprischen Banken ist acht Mal so groß wie die gesamte Wirtschaftsleistung. Im Schnitt der EU-Staaten ist der Bankensektor nur 3,5 Mal so groß. Die zyprischen Finanzinstitute werden von der EU nun gezwungen, bis 2018 auf das EU-Durchschnittsmaß zu schrumpfen.
Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisiert, dass Zypern nach wie vor eine bedeutende Rolle für Vermögen aus Straftaten spiele. So werde das Geld dort in großem Stile mithilfe von Schein- und Domizilgesellschaften gewaschen. BDK-Bundesvorsitzender André Schulz fordert „ernsthafte Maßnahmen zur Trockenlegung geldwäscherelevanter Infrastrukturen“. So müssten mindestens übliche gesellschaftsrechtliche Publikationspflichten umgesetzt werden. „Ein Online-Unternehmensregister, in dem unter anderem die Recherche eines wirtschaftlich Berechtigten einer Gesellschaft möglich ist, sollte innerhalb der Europäischen Union längst zu einem selbstverständlichen Mindeststandard gehören“, sagte Schulz.

Wednesday, March 13, 2013

Die Aufteilung der Ökostrom steigt weiter an

Weil der Strompreis an der Börse unter dem kalkulierten Wert liegt, kosten erneuerbare Energien mehr.











Die Strompreise dürften wegen höherer Kosten für die sogenannte EEG-Umlage auch im kommenden Jahr wieder steigen. Aus der Umlage werden auch erneuerbare Energien gefördert. Das erwartet der Chef des ostdeutschen Übertragsungsnetzbetreibers 50Hertz, Boris Schucht. Bei der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch wies er darauf hin, dass der Strompreis an der Börse in Leipzig in den ersten zwei Monaten konstant unter dem für die Umlage 2013 kalkulierten Preis von 51 Euro pro Megawattstunde gelegen habe. Für die EEG-Umlage muss der Abstand zwischen dem Börsenpreis und dem garantierten Einspeisepreis für die Betreiber von Windrädern oder Solaranlagen aufgebracht werden.

Je niedriger der Börsenpreis, desto höher fällt die EEG-Umlage aus.
Da in diesem Jahr zudem viele neue Kohle- und Gaskraftwerke ans Netz gehen sollen, ergebe sich ein noch größeres Überangebot an Strom. Dass der Preis steigt, sei kaum zu erwarten, sagt Schucht. Der Finanzvorstand von 50Hertz, Udo Giegerich, rechnet mit einem durchschnittlichen Börsenpreis von etwa 40 Euro pro Megawattstunde. Daraus ergäbe sich, wenn alles so bleibt, ein Defizit auf dem EEG-Konto von rund 2,5 Milliarden Euro. Die EEG-Umlage, derzeit 5,3 Cent pro Kilowattstunde Strom, würde dann wohl auf sechs Cent steigen.

Schucht warnte davon, die sogenannte Liquiditätsreserve in der Umlage aufzulösen, „weil das Problem damit nur um ein Jahr verschoben würde“. Außerdem hält er wenig davon, in einmal abgeschlossene Verträge einzugreifen, also rückwirkend Einspeisevergütungen zu senken, wie die Minister Peter Altmaier (CDU) und Philipp Rösler (FDP) planen. 50Hertz werde in den kommenden Jahren viel Geld in den Ausbau der Stromnetze investieren. Um dafür die Mittel aufbringen zu können, sei es wichtig, dass Deutschland ein verlässliches Land für Investitionen sei.
Die Bilanz von 50Hertz weist für 2012 nach Steuern einen Gewinn von 111 Millionen Euro aus. Der hohe Wert sei aber einem regulatorischen Sondereffekt zu verdanken, hieß es.

Court: Career Center zu höheren Mieten zahlen

Ein Sozialrichter hält die Berliner Verordnung zur Kostenübernahme für unrechtmäßig. Senator Czaja sieht aber keinen Grund nachzubessern. Nun stehen Entscheidungen in höchster Instanz an.

Streitigkeiten um die Übernahme der Mietkosten durch die Jobcenter gehören zu den häufigsten Klagegründen beim Sozialgericht. Jetzt hat eine Kammer des Gerichts zum ersten Mal entschieden, dass die Berliner Richtwerte für Hartz-IV-Mieten zu niedrig angesetzt sind und die seit Mai 2012 geltende Verordnung des Senats nicht rechtmäßig ist. Geklagt hatte ein Hartz-IV-Empfänger aus Friedrichshain-Kreuzberg. Das Jobcenter hatte es abgelehnt, eine Nachforderung für Heizkosten zu übernehmen, weil damit der zulässige Kostenrahmen für die Warmmiete überschritten würde. Der Richter entschied hingegen, dass die zugrundeliegende Berechnung anhand des Mietspiegels nicht aussagekräftig sei.

Außerdem seien die steigenden Mietpreise in der Stadt nicht berücksichtigt worden. „Die Werte sind ohne Substanz“, heißt es in dem Urteil. Deswegen sei ein „Sicherheitszuschlag in Höhe von zehn Prozent“ auf den Richtwert für die Kaltmiete notwendig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Jobcenter hat Berufung eingelegt.
In anderen Fällen haben Richter in ihren Entscheidungen bisher durchaus die Werte der „Wohnaufwendungenverordnung“ des Senats zugrunde gelegt. Die Präsidentin des Sozialgerichts, Sabine Schudoma, konstatierte im Januar, dass durch die Verordnung die Festsetzung der Höchstmieten auf eine neue Grundlage gestellt sei: „Der Senat hat seine Hausaufgaben gemacht.“ Rechtsanwalt Kay Füßlein, der den Kläger vertritt, geht dennoch davon aus, dass das erstinstanzliche Urteil eine Signalwirkung hat und sich Richter daran orientieren werden.
Demgegenüber sieht Sozialsenator Mario Czaja (CDU), dessen Haus die Richtwerte für die Hartz-IV-Mieten erarbeitete, keinen Anlass, die Verordnung zu überprüfen. „Es ist erstaunlich, dass der Richter nicht eine höchstrichterliche Entscheidung über die Verordnung abgewartet hat“, sagte seine Sprecherin Franciska Obermeyer. Das Landessozialgericht in Potsdam will bis zum Frühsommer über Normenkontrollklagen und damit über die Rechtmäßigkeit der Verordnung entscheiden. Rechtsanwalt Füßlein hat zudem mit einer anderen Normenkontrollklage Revision beim Bundessozialgericht eingelegt. Dabei geht es allerdings um die Frage, ob die Verordnung im Fall eines erwerbsunfähigen Rentners, der Grundsicherung bezieht, anzuwenden ist.
Bereits beim Inkrafttreten der Richtlinie bemängelten Opposition, Sozialverbände und Mieterverein, die Grenzwerte seien angesichts der steigenden Mieten viel zu niedrig angesetzt. Die Direktorin des Diakonischen Werkes, Susanne Kahl-Passoth, nannte das jetzige Urteil richtungsweisend, auch wenn es noch nicht rechtskräftig sei. Von einer „Schlappe“ für Sozialsenator Czaja sprechen die Grünen. Sie fordern, die Richtwerte regional zu differenzieren: „ Anderer Kiez, andere Kosten.“
Czajas Sprecherin Obermeyer sagte, die Verwaltung habe sich an den Vorgaben des Bundessozialgerichts orientiert. Zudem würden jetzt der Mietspiegel, die Art der Heizung und die Größe des Mietshauses berücksichtigt. Ohnehin gebe es bald nach dem neuen Mietspiegel eine Anpassung der Werte. Außerdem sei seit Inkrafttreten die Zahl der Umzüge wegen zu hoher Mieten um die Hälfte gesunken. In Berlin erhalten 305 000 Haushalte Hartz IV.

Von Bürogebäuden in der Wohnturm

Jetzt soll vieles anders werden im Ku'damm-Karree: Architekt David Chipperfield will aus dem 20-stöckigen Büro-Hochhaus einen Wohnturm mit angeschlossenem Shoppingcenter machen. An den umstrittenen Plänen für die beiden Theater im Haus ändert sich dadurch aber nichts.

Obwohl es zu den größten Gebäuden der City West gehört, fällt es Passanten kaum auf. Das 20-stöckige Hochhaus im Ku’damm-Karree ist mit der Einkaufspassage aus den 70er Jahren umbaut  – und bleibt abends in der Regel dunkel und leer. Das will der britische Star-Architekt David Chipperfield ändern: Aus dem Bürogebäude soll ein Wohnturm werden. Dies ist die größte Veränderung in den überarbeiteten Umbauplänen für das marode Ku’damm-Karree, die am Mittwoch vorgestellt wurden.
Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeister Reinhard Naumann und Baustadtrat Marc Schulte (beide SPD) hatten sich Wohnungsbau in Gesprächen mit dem irischen Investor Ballymore gewünscht.

In Neubauten an einem geplanten Stadtplatz an der Uhlandstraße sollen weitere Wohnetagen über Läden entstehen. Insgesamt geht es laut Firmenvertretern um 250 bis 300 Eigentumswohnungen, für Miethäuser sei die Toplage ungeeignet.
 Die Handelsflächen summieren sich auf 33 400 Quadratmeter, was einem mittelgroßen Shoppingcenter entspricht. Hinzu kommen eine Freiluftpassage, Büros und 750 Tiefgaragenplätze.

Umstritten ist die Modernisierung vor allem wegen des Theaters und der Komödie am Kurfürstendamm. Gemäß einem Kompromiss, den der Investor und Intendant Martin Woelffer vor einiger Zeit vereinbart hatten, werden die alten Boulevardbühnen abgerissen. Dafür entsteht ein neues Theater mit 650 Plätzen in der dritten Etage, das unten am Ku’damm einen Eingang mit der Theaterkasse erhält.
Dagegen protestiert der Verein „Rettet die Ku’damm-Bühnen“ um Otfried Laur vom Berliner Theaterclub. Ein Bürgerentscheid, mit dem der Verein die historischen Säle retten wollte, war 2011 gescheitert. Woelffer widersprach Laurs Darstellung, die Boulevardtheater seien am Ende; er rechne mit einem vielversprechenden Neubeginn. Noch fehle aber eine Ersatzspielstätte für die Dauer der Bauarbeiten.
Ballymore will damit im Frühjahr 2015 beginnen und in der zweiten Jahreshälfte 2017 fertig werden. Die bisher auf 500 Millionen Euro geschätzten Investitionen dürften „etwas höher“ ausfallen, sagte Direktor Mike de Mug. Im Januar hatte das wirtschaftlich angeschlagene Familienunternehmen mitgeteilt, einen Finanzierungspartner zu haben – davon war nun überraschend keine Rede mehr.

Stadtrat Schulte nannte die Pläne einen „sinnvollen Kompromiss“. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) muss noch zustimmen, aber im Stadtentwicklungsausschuss gab es bereits überwiegend Lob.
Als Verlierer sieht sich die Ausstellung „Story of Berlin“ in einem alten Atombunker. Dieser soll der Tiefgarage weichen. Laut Geschäftsführer Axel Bering sind Räume im Neubau keine Lösung, die Schließung während des Umbaus könne man wirtschaftlich nicht überstehen. Die Schau zur Geschichte Berlins sucht deshalb einen anderen Standort.

Monday, March 11, 2013

Ihn nur 14,50 Millionen Euro

Der Lotto-Jackpot wurde mit einem in Neukölln abgegebenen Spielschein geknackt, mit einem Gewinn von über 21 Millionen Euro. Gemeldet hat sich der Glückspilz bislang aber nicht.
Bei Jauch ’ne Million gewinnen? Pippifax, ein Fall für die Portokasse – jedenfalls aus der Sicht eines Lottospielers, der soeben den Jackpot geknackt hat und jetzt kaum mehr weiß, wohin mit seinen Millionen. Exakt 21 193 239,30 Euro lagen am vergangenen Wochenende im Jackpot. Ein Spieler, der seinen Glücksschein am 2. März in Neukölln erworben hatte, hat sie sich geholt, mit den Zahlen 2, 12, 14, 20, 39, 47 und der Superzahl 7. Wie der Sprecher der Deutschen Klassenlotterie Berlin, Thomas Dumke, am Montag mitteilte, ist es „der größte Jackpot, der je in Berlin geknackt wurde“.
Bislang hat sich der Glückspilz allerdings noch nicht gemeldet, und Dumke vermutet, das er dies ohnehin erst im Laufe der Woche tun werde.

Die Umstände – ein Sechser-Tipp für zwei Wochen – sprächen für einen typischen Jackpot-Spieler, der eben dabei sein wollte, als es besonders viel zu holen gab. Vielleicht sei er jetzt gar nicht in der Stadt, spekulierte der Lotto-Sprecher.
Vielleicht ahnt der Gewinner aber auch noch nichts von seinem Glück, sondern marschiert irgendwann nichtsahnend zwecks Gewinnprüfung zu seiner Lottostelle. Den Betrag wird er dort nicht erfahren: Ab 500 Euro Gewinn leuchtet dann im Gerät nur die Anzeige auf, der Spieler möge sich bitte in der Zentrale melden. So will man Gewinner davor schützen, dass ihr Geldsegen vorzeitig und ungewollt publik wird.
Der Spieler könnte jetzt seinen Spielschein gegen Quittung abgeben und an die Zentrale in der Brandenburgischen Straße 36 in Wilmersdorf weiterleiten lassen, aber das habe er noch nie erlebt, sagt Dumke. Gewinner wollen es sofort wissen und legen ihren kostbaren Schein persönlich vor. Ab 19. März könnte der Glückliche dann im Geld schwimmen, das ihm per Verrechnungsscheck übermittelt werden kann (das ist auch noch nicht vorgekommen) oder per Überweisung auf einem von ihm angegebenen Bankkonto landet.
Beim letzten im Großraum Berlin geknackten Jackpot hatte es bis zum Mittwoch nach der Samstagziehung gedauert, dass sich die Gewinner meldeten. Das war im August 2011, damals gingen 20,6 Millionen an ein berufstätiges Ehepaar mit zwei schulpflichtigen Kindern im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Die Familie wollte damals unerkannt bleiben, hatte deshalb die erste Aufregung abgewartet, bevor sie sich meldete. Der Glücksschein hatte die Gewinner 17,50 Euro gekostet, im aktuellen Fall waren es sogar nur 14,50 Euro.
Einen annähernd vergleichbaren Gewinn hatte es in Berlin 2010 gegeben. Damals brachte ein Spielschein aus Lichtenberg 13,9 Millionen Euro. Im selben Jahr sackte ein Spandauer immerhin drei und ein Steglitzer 1,8 Millionen Euro ein. 2007 hatte eine sechsköpfige Familie aus Hohenschönhausen 17 Millionen Euro gewonnen. In ihren Wünschen blieb sie moderat: Ein neues familiengerechtes Auto und statt vier Zimmern im Plattenbau eine schöneres Zuhause, aber nicht unbedingt ein Haus. Andreas Conrad

Paris als großes Vorbild

Frankreich peilt an, was Berlin verpasst hat: Jährlich sollen 70 000 Wohnungen vor der Stadt gebaut werden. Ein riesiges Bahnnetz ist geplant. Und Berlin? Hier wurden 2012 gerade einmal 3500 Wohnungen gebaut, obwohl die Stadt aus allen Nähten platzt.

Frankreichs Falschparker packte der Zorn. „Wieso soll ich für den Ausbau des Metro-Netzes in Paris bezahlen, wovon ich hier in Marseille doch gar nichts habe?“ schimpfte ein Mann im Fernsehen. Empörung kochte hoch, als die Nachricht aus Paris kam, die Regierung des sozialistischen Präsidenten Francois Hollande erwäge, die Strafgebühr für Falschparken von 17 auf 35 Euro zu erhöhen. Die zusätzlichen Einnahmen, so ließ Premierminister Jean-Marc Ayrault durchblicken, sollten zur Verwirklichung des von der vorigen konservativen Regierung hinterlassenen Projekts „Groß-Paris“ beitragen. Mit dem Milliardenvorhaben sollen der Wohnungsmangel und die Verkehrsprobleme der Hauptstadtregion Île-de-France behoben werden.
Der Premier hat jetzt bei einer Konferenz mit lokalen Volksvertretern und Entscheidungsträgern der Wirtschaft in Marne-la Vallée bei Paris bekräftigt, dass seine Regierung den vom früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy angestoßenen, aber vor der Wahl nicht mehr angepackten Entwicklungsplan aufgreifen und bis 2030 zum Erfolg führen wolle.
Die Île-de-France zählt zehn Millionen Einwohner und produziert 30 Prozent der Wertschöpfung Frankreichs, sagte der Regierungschef. Aber es sei auch die Region, die die höchste Konzentration schwieriger Lebensbedingungen und „enormer Ungleichheiten zwischen sehr armen und sehr reichen Gebieten“ aufweise. Von deren Überwindung verspricht er sich einen Wachstumsschub, neue Arbeitsplätze und mehr Steuereinnahmen.
Im Mittelpunkt des Plans steht der Ausbau der Pariser Metro zum „Grand Paris Express“. Sie umfasst derzeit ein Netz von 14 Linien mit einer Länge von 218 Kilometern und soll bis 2030 für rund 30 Milliarden Euro um vier Strecken und weitere 220 km Länge erweitert werden. Bauherr wird ein gemeinsames Unternehmen von Staat und Region mit dem Namen „Société Grand Paris“ sein. Die völlig automatisierten neuen Strecken sollen im Bogen um die Hauptstadt herumführen, das innerstädtische Netz entlasten und Kommunen in der Banlieue mit den Orten in der Region verbinden, in denen sich in den letzten Jahren Industrieunternehmen, Forschungseinrichtungen und Entwicklungszentren niedergelassen haben. So könnte die Lage für die Bewohner von Orten mit hoher Arbeitslosigkeit wie Clichy-sousBois, wo 2005 eine vier Wochen andauernde Jugendrevolte ausbrach, verbessert werden. Wegen fehlender Verkehrsverbindungen sind für sie Jobangebote im Einzugsgebiet des boomenden Pariser Flughafens Roissy bisher kaum erreichbar. Gleichzeitig sollen auch das bestehende veraltete Metro-Netz modernisiert und andere Nahverkehrssysteme wie die neue Straßenbahn weiterentwickelt werden.

Spektakulär ist das Projekt „Métropole de Paris“, mit dem Staat und Vorortgemeinden jedes Jahr 70 000 neue Wohnungen errichten wollen, um den Bedarf mittlerer und unterer Einkommensschichten zu decken. Trotz gesetzlicher Vorgaben wurden in den vergangenen Jahren dort nur jeweils 30 000 Wohnungen gebaut.
Noch ist kein Spatenstich getan. Doch wegen der gigantischen Kosten musste die ursprüngliche Planung für das Groß-Paris-Projekt bereits zurechtgestutzt werden. Präsident Sarkozy hatte sich 2008 eine Hauptstadtregion vorgestellt, die von Paris aus den Unterlauf der Seine bis zur 134 Kilometer entfernten Stadt Rouen und darüber hinaus einbezieht. Mit der Ansiedlung von Forschungs- und Entwicklungszentren, Exzellenzpools, Industriezonen, Bürotürmen und dem Bau von Wohnanlagen sollte damit ein Gebiet attraktiver Aktivitäten entstehen, das mit Agglomerationen wie London und anderen Hauptstädten konkurriert und Investoren aus aller Welt anzieht. Doch die Krise machte einen Strich durch die Rechnung. Nach dem Wahlsieg Hollandes wurde das Projekt dann einer Generalüberprüfung unterzogen und wieder aufgenommen.
Finanziert werden soll das Megaprojekt durch eine Steuer auf Büros, mit der sich der Arbeitgeberverband Medef bereits einverstanden erklärt hat, sowie durch langfristige Anleihen. Auch eine Abgabe auf Hotelübernachtungen, ein Zuschlag auf Flugtickets sowie die Einführung einer Ökosteuer auf Lastwagen ist geplant. Von der Idee, auch Falschparker heranzuziehen, nahm der Regierungschef inzwischen wieder Abstand. Eine französische Revolution will er nicht riskieren.

Verschiebung nach links in das Wahlprogramm der SPD

Mindestlohn von 8,50 Euro, Solidarrente, bezahlbare Mieten: Das Wahlprogramm der SPD setzt auf Gesellschaftspolitik - und ist damit weiter links positioniert als bisher.

Berlin - Die SPD setzt in ihrem Regierungsprogramm für die Bundestagswahl im Herbst vor allem auf das Versprechen sozialer Gerechtigkeit. „Diese Bundestagswahl wird auf gesellschaftspolitischen Themenfeldern entschieden“, sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Parteichef Sigmar Gabriel. Zuvor hatte der SPD-Bundesvorstand das Programm einstimmig gebilligt.
Steinbrück versicherte, er stehe mit voller Überzeugung zu dem Programm, das unter anderem einen höheren Spitzensteuersatz und einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro fordert. „Das ist ein Programm des Kandidaten und der Partei, einvernehmlich und einmütig“, sagte der Ex-Finanzminister, der in seiner Partei in früheren Jahren oft eine Minderheitsposition vertreten hatte.

Die Behauptung sei nicht falsch, dass sich die SPD mit dem Programm im politischen Feld weiter links als bisher positioniere, meinte Steinbrück: „Warum soll sie sich nicht weiterbewegen, wenn sie damit den Grundströmungen und Bedürfnissen der Bürger entspricht?“ Die gesamte deutsche Gesellschaft habe dazugelernt und denke heute etwa über die Bändigung der Finanzmärkte und Mindestlöhne anders als vor etlichen Jahren. Wesentliche Forderungen des Programms entsprächen „der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung“.
Der SPD-Kanzlerkandidat bekräftigte seine These, wonach nur ein politisches Gegensteuern den drohenden Zerfall des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland und einen Vertrauensverlust in die Demokratie aufhalten könne. „Es geht um die Bändigung von Fliehkräften in unserer Gesellschaft“, sagte er. „Oder banaler gesagt: Es geht darum, wie halten wir diesen Laden zusammen.“
„Das ist ein Programm für eine bessere Regierungspolitik“, meinte Steinbrück. Als wichtigste Vorhaben nannte der Kandidat die Bändigung des Finanzkapitalismus, den Kampf gegen Facharbeitermangel, ein gerechteres Steuer-und Bildungssystem, die neue Solidarrente, bezahlbares Wohnen, die Einführung einer Bürgerversicherung sowie die Reform der Pflegeversorgung und der Pflegeversicherung.
Das Wahlprogramm soll am 14. April auf einem Parteitag in Augsburg beschlossen werden. Konkret sieht es vor, dass der Spitzensteuersatz auf 49 Prozent steigt und eine Mietpreisbremse eingeführt wird, die Erhöhungen auf maximal zehn Prozent bei Neuvermietungen begrenzt. Außerdem schlägt die SPD eine Solidarrente von 850 Euro im Monat für Geringverdiener vor.
Die SPD will im Bundestagswahlkampf auch einen zu starken Lobbyisten-Einfluss auf die Politik thematisieren. „Wir brauchen endlich ein Lobbyregister im Bundestag“, sagte Gabriel. Außerdem müsse die Bürgerbeteiligung gestärkt werden, betonte der Parteichef.
In den Schlussberatungen des Vorstands waren eine Reihe von Anträgen der Parteilinken und Jusos gescheitert, etwa zur Aufweichung von Hartz-IV-Kriterien bei der Zumutbarkeit einer Arbeit oder zur Forderung nach einer europaweiten Vermögensabgabe. Durchsetzen konnte sich die Arbeitsgemeinschaft der Frauen mit der Forderung, gleiche Bezahlung und Frauenförderung wie auch Tariftreue zum verbindlichen Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu machen. Neu eingearbeitet wurde eine Aussage zum Wunschpartner: „Nur mit Rot- Grün schaffen wir die Erneuerung unseres Landes“, heißt es jetzt im Schlusskapitel. Hans Monath (mit dpa/rtr)

Friday, March 8, 2013

Lösung im Streit um die Pause Wand präsentiert sich

Umdenken erlaubt: Nach den Protesten an der East Side Gallery bahnt sich nun eine alternative Baulösung an. Damit die East Side Gallery nicht noch löchriger wird, soll die Bauplanung für das Hochhaus geändert werden.

Im Streit um die East Side Gallery deutet sich eine Lösung an. Ein schon vorhandener, fünf Meter breiter Durchbruch vor dem Grundstück, auf dem ein Büro- und Geschäftshaus geplant ist, könnte auf knapp elf Meter erweitert werden. Dann wäre genügend Platz für Rettungsfahrzeuge und den Lieferverkehr. Außerdem soll zügig geprüft werden, ob durch dieses Loch in der Mauer auch das Nachbargrundstück, auf dem ein Hochhaus entstehen soll, an den Straßenverkehr angebunden werden kann.
Möglicherweise muss dafür die Bauplanung für das Hochhaus geändert werden, weil sonst größere Fahrzeuge nicht mehr aus der Tiefgarage kommen.
Auch das wäre wohl machbar. In den nächsten zwei Wochen sollen alle Prüfungen zur Lösung des Problems an der East Side Gallery abgeschlossen sein. Wenn es gelingt, einen Kompromiss zu finden, muss keine neue Lücke in die 1,3 Kilometer lange Hinterlandmauer gerissen werden. Der Versuch, einen solchen 22 Meter breiten Durchbruch zu schaffen, um das geplante Hochhaus und einen Fußgänger- und Radlersteg über die Spree zu erschließen, hatte am vergangenen Wochenende zu Massenprotesten geführt.

Ziel sei es, die East Side Gallery „so weit wie möglich zu verschonen“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Donnerstag nach einer Gesprächsrunde, an der die Senatoren für Stadtentwicklung und Finanzen, Michael Müller (SPD) und Ulrich Nußbaum (parteilos), der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), und zwei Privatinvestoren teilnahmen. Die Regierungsfraktionen SPD und CDU unterstützten in einer Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses den von Wowereit skizzierten Vorschlag. Die Koalition will die East Side Gallery als „zusammenhängendes Denkmal, als erlebbare Stätte der Mahnung und Erinnerung an die deutsche Teilung“ dauerhaft erhalten. In einem Parlamentsbeschluss bekennt sich Rot-Schwarz auch zur Bebauung des Areals zwischen Mauerstreifen und Spree.
Um den Zugang zu diesen Baugrundstücken zu ermöglichen, sollten vorhandene Lücken in der East Side Gallery genutzt werden, fordern SPD und CDU. Außerdem solle der Senat prüfen, ob der geplante Brommy-Steg, eine Fußgänger- und Radlerbrücke, möglicherweise verzichtbar ist. Den Bürgern, die seit Jahren gegen die Bebauung des Spreeufers protestieren, wird mit einem Satz entgegengekommen: „Das Abgeordnetenhaus begrüßt den begonnenen Dialog zur Zukunft des Planungsraumes obere Stadtspree, um die Beteiligung der Stadtgesellschaft mit einem Höchstmaß an Transparenz und Akzeptanz sicherzustellen“.

In der Parlamentsdebatte forderte die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, auf die Bebauung des Uferstreifens ganz zu verzichten. Einem entsprechenden Antrag der Grünen schlossen sich Linke und Piraten aber nicht an. Einigen konnten sich die drei Oppositionsfraktionen nur darauf, den Bau des Brommy-Stegs an die Bedingung zu knüpfen, dass kein neuer Mauerdurchbruch erfolgt. Stadtentwicklungssenator Müller forderte den Bezirksbürgermeister Schulz auf, sich seiner politischen Verantwortung zu stellen. Der Bezirk sei kein Erfüllungsgehilfe des Senats und profitiere sogar von den Bauinvestitionen, indem die Investoren 570 000 Euro als Ausgleich für die Entwicklung des Parkgeländes zahlten.

Sunday, March 3, 2013

Öko IST Nicht Immer besser

In Deutschland sind möglicherweise millionenfach normale Eier als Bioware verkauft worden. In rund 200 Fällen ermitteln die Staatsanwälte. Der Schwindel hat System.

Die Verbraucher sind getäuscht worden, und das nicht zum ersten Mal. 2011 stellte sich heraus, dass ein Zehntel aller italienischen Bio-Waren in Wirklichkeit aus herkömmlichen Anbau stammten. Vier Jahre lang verkauften Geschäftemacher Getreide, Soja, Mehl und Obst mit gefälschten Papieren und überhöhten Preisen als Bio-Ware – auch nach Deutschland. Das Geschäft lohnt sich, denn Bio bommt. Über sieben Milliarden Euro gaben Verbraucher im vergangenen Jahr für Bio-Waren aus, sechs Prozent mehr als im Jahr zuvor. Sie wollen besser essen und leben als andere. Doch die Rechnung geht nicht immer auf – sechs Irrtümer über Bio.

1. BIO IST IMMER BESSER
Stimmt nicht, sagt die Stiftung Warentest.

„Bio-Waren sind nicht gesünder und sie sind auch nicht besser als herkömmliche Lebensmitteln“, betont Projektleiterin Janine Schlenker. Beim jüngsten Test von Kartoffelchips im Dezember waren die Bio-Knabbereien sogar die Schlusslichter. Auch bei Foodwatch rät man Verbrauchern, genauer hinzusehen. „Wer sich ausschließlich von Bio-Produkten ernährt, lebt nicht gleich gesünder. In Bio-Frühstücksflocken können ebenso große Mengen an Zucker enthalten sein wie in herkömmlichen“, warnt Sprecher Martin Rücker.
Zwei Vorteile will Testerin Schlenker den Öko-Lebensmitteln aber nicht absprechen: In Bio-Ware fanden die Tester deutlich weniger Pestizide. Zudem würden die Tiere besser gehalten und der Anbau sei ressourcenschonender. Bio-Tiere leben länger und bekommen weniger Antibiotika. Geflügel und Schweine dürfen während ihres Lebens maximal ein Mal ein herkömmliches Antibiotikum oder ein Schmerzmittel bekommen, damit der Bauer sie später noch als Bio-Fleisch verkaufen kann. Bei zwei Behandlungen oder mehr darf das Fleisch nur als konventionelle Ware angeboten werden – für die Landwirte ein Riesenverlust. Ein Öko-Brathähnchen kostet drei bis vier Mal so viel wie ein normales Hähnchen.


2. WO BIO DRAUFSTEHT, IST IMMER BIO DRIN
Im Prinzip ja. Bio ist in der Europäischen Union ein geschützter Begriff, genau wie „Öko“. Wer eines dieser Worte zur Kennzeichnung seiner Produkte verwendet, muss zwar nicht 100 Prozent, aber immerhin 95 Prozent seiner Zutaten aus biologischem Anbau beziehen. Verwandt klingende Hinweise wie „aus kontrolliertem Anbau“ oder „umweltfreundlich erzeugt“ sind dagegen nicht geschützt.
Tricksereien gibt es aber auch in der Bio-Branche, sagt Martin Rücker von Foodwatch: So brachte die Firma Carlsberg das Biogetränk „Beo Apfel-Birne“ heraus, tatsächlich stammten aber nur Zucker und Gerstenmalzextrakt aus Bio-Produktion. Früchte waren nicht drin, der Geschmack kam von Aromen. Ist ein Himbeerquark mit der Aufschrift „mit Früchten aus biologischem Anbau“ versehen, trifft das auf sonstige Zutaten wie Zucker und Milch wahrscheinlich nicht zu. Von 300 möglichen Zusatzstoffen erlaubt das EU-Siegel immerhin noch 47.

3. BIO IST IMMER TIER- UND UMWELTFREUNDLICH
„Bio ist in der Regel zumindest tier- und umweltfreundlicher“, sagt Christoph Römer von der Verbraucherzentrale Berlin. „Tiere in Bio-Betrieben müssen Gelegenheit zum Auslauf haben.“ Erlaubt sind aber auch in Bio-Ställen sechs Legehennen pro Quadratmeter, geräumig ist das nicht. Auch in Bio-Betrieben kommt es vor, dass männliche Küken geschreddert oder Ferkel ohne Betäubung kastriert werden. Und auch beim Klimaschutz sind Bio-Produkte nicht zwangsläufig die bessere Wahl: Bio- Kartoffeln beim Discounter stammen häufig aus Afrika. Im Wüstenboden benötigen sie pro Kilo 130 Liter Wasser. Der Wasserverbrauch wird bei der Vergabe des Bio-Siegels nicht berücksichtigt. Die Energiebilanz des Transports auch nicht. „Das Problem ist, dass Hersteller Discountern immer bestimmte Liefermengen garantieren müssen, die allzeit verfügbar sind“, sagt Römer. „Kleinere Betriebe aus der Region können das nicht leisten.“ Die Erfolgsgeschichte von Bio ist zugleich ihr Fluch.

4. BIO IST IMMER FAIR
Von den Lebensmitteln, die nachweislich faire Handelsmargen bieten und die sozialen Rechte von Bauern und Arbeitern in den Erzeugerländern sichern, stammten nach der letzten Erhebung 2011 knapp zwei Drittel aus kontrolliert biologischem Anbau. Umgekehrt sind dagegen nicht einmal die Hälfte aller Bio-Artikel auch nachweislich „Fair Trade“. Wie viel die Bauern an Bio-Kaffee, -Kakao oder -Bananen verdienen und unter welchen Bedingungen sie arbeiten, dazu erhält der Verbraucher oft keine verlässlichen Informationen.

5. BIO IST ALTERNATIV
Stimmt dann nicht, wenn Verbraucher beim Stichwort Bio einen idyllischen kleinen Bauernhof in der Region vor Augen haben. Weil die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt und diese mittlerweile auch günstig im Discounter erhältlich sind, wird die ökologische Tierhaltung zunehmend industriell. Für wirkliche Freilandhaltung unter artgerechten Bedingungen reiche das Geld häufig nicht aus, kritisieren Tierschützer. „Landwirte dürfen auch konventionelle und Bio-Produktion nebeneinander unterhalten“, sagt Verbraucherschützer Römer. Strengeren Richtlinien folgen Mitglieder der Anbauverbände Demeter und Naturland. Hier muss der gesamte Hof ökologisch bewirtschaftet und zum Beispiel die Hälfte des Futters selber angebaut werden. Die Verbände schreiben auch mehr Platz pro Tier vor.

6. BIO WIRD STRENG KONTROLLIERT
In der Öko-Landwirtschaft gibt es eine Mehrklassengesellschaft. Da sind zum einen die Biobauern, die sich in Ökolandbauverbänden organisiert haben. Bioland, Naturland, Demeter sind die größten Verbände. Sie alle gehen mit ihren Vorgaben über die gesetzlich vorgeschriebenen Regeln hinaus. Dann gibt es das Öko-Siegel der EU. Diese Betriebe werden durch staatlich zugelassene Ökokontrollstellen überwacht. Diese Zertifizierungsunternehmen bekommen vom Bund die hoheitliche Aufgabe, die Einhaltung der Öko-Siegel-Auflagen zu überwachen. Zugelassen werden sie jeweils für ein Bundesland. Viele der Firmen sind weltweit tätig. Das EU-Öko-Siegel lässt zu, dass Höfe auch eine Teilzertifizierung bekommen können. Das heißt: Sie halten Hennen konventionell in Bodenhaltung – und haben noch einen Öko-Stall. Das ist dann schwer zu kontrollieren.
„Auch die biologische Produktion ist eine Wirtschaftstätigkeit“, sagt Branchenbeobachter Martin Rücker von Foodwatch. „Da gibt es ebenfalls Probleme, und auch da wird versucht, Verbraucher zu betrügen“, meint der Verbraucherschützer. Bio-Waren seien zwar in mancher Hinsicht die bessere Wahl. Aber: „Auch der Bio-Markt ist ein System, das Lücken hat.“
Mitarbeit: Dagmar Dehmer