Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an die US-Forscher Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel. Sie erhalten die Auszeichnung für Arbeiten zum Verständnis komplexer chemischer Prozesse
Der Chemie-Nobelpreis geht in diesem Jahr an die US-Forscher Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel. Sie erhalten die Auszeichnung für Arbeiten zum Verständnis komplexer chemischer Prozesse. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm bekannt. Die höchste Auszeichnung für Chemiker ist mit umgerechnet 920 000 Euro (8 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.
Am Dienstag war der Physik-Nobelpreis Peter Higgs und François Englert zuerkannt worden, deren theoretische Überlegungen zur Entdeckung des Higgs-Teilchens geführt hatten. Einen Tag zuvor war der Medizin-Nobelpreis dem gebürtigen Deutschen Thomas Südhof und den beiden US-Forschern James Rothman und Randy Schekman zugesprochen worden
Sie hatten wesentliche Transportmechanismen in Zellen entdeckt.
Die feierliche Überreichung der Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. (dpa)
Wednesday, October 9, 2013
Niedrig: "Ich weiß nicht, wie die selbst ernannten Bundestrainer"
13:40 Uhr: So geht die PK zu Ende. Mit schönen Klischees über die Iren hat Löw begonnen und geendet. Dazwischen gab es eine gute Verteidigung der Bierhoff-Aussage zur USA-Reise, der Entscheidung gegen Kießling und Lob für Sidney Sam. Jetzt geht er noch mal duschen, der Herr Löw. Der Live-Blog verabschiedet sich zum Lunch, liebe Leserinnen und Leser!
13:38 Uhr: Hier ist endlich eine Frage auf Englisch! Ein engagierter Kollege aus Irland fragt der Bundestrainer, ob er überrascht sei, dass Irland schon aus dem Rennen sei? Löw meint, die Iren seien vom Fußball auf der "anderen" Insel geprägt. Sie "fighten bis zum Umfallen. Selbst wenn Sie keine Chance haben." Ja, stimmt
Wir Briten spielen nicht Fußball. Wir fighten Fußball.
13:36 Uhr: Jetzt ist wieder Löw dran: Die erreichte Qualifikation wird "eine emotionale Sache, eine große Freude" für alle. Löw deutet an, dass er in den Freundschaftsspielen gegen Italien und England "noch was testen will". Ich fordere: Westermann als Spitze bitte! Damit könnte man auch sicherlich England schlagen.
13:34 Uhr: Löw übergibt die Verantwortung an den Mediensprecher, der über gesellschaftliches Engagement reden darf. "Es gibt sehr viele Initiativen, schauen Sie mal auf die Website des DFB."
13:31 Uhr: Die Meinung im Bezug auf die Notwendigkeit der USA-Reise im Sommer 2013 wird eisern beibehalten. Auch Löw glaubt, dass besonders für Leverkusens Sidney Sam die Reise "ein wahnsinnig tolles Erlebnis" gewesen sei. Das wiederholt er zweimal. Falls wir es verpasst haben.
13:30 Uhr: Löw scheint ein bisschen sauer auf "selbsternannte Bundestrainer, die in Kolumnen schreiben" zu sein. Das kenne er seit Jahren. Es geht um Stefan Kießling von Bayer Leverkusen: "Wenn es Bedarf gibt, habe ich die Nummer von Stefan Kießling". Mehr will er dazu nicht sagen.
13:27 Uhr: "Ich wollte den Mario Götze unbedingt einladen", sagt Löw nun. Es sei nicht gut, dass Götze zuhause trainiert, denn bei Bayern sind ja jetzt keine Spieler mehr. Das hat der Bundestrainer angeblich Matthias Sammer gesagt.
13:25 Uhr: Borussia Dortmund habe übrigens einen hervorragenden Trainer, hervorragende Spieler... und hervorragende Bratwurst auf der Tribüne...
13:23 Uhr: Schon jetzt gibt es die Antwort auf den Innenverteidiger des BVB, Mats Hummels, der am Wochenende gegen Gladbach vom Platz flog. "Konstruktive Kritik kann man immer annehmen." Aber: "Mit Mats habe ich mich jetzt gut unterhalten." Die kleinen Details kann laut Löw Hummels noch verändern, aber grundsätzlich sei er ein Großer. - Verdammt mit leichtem Lob?
13:22 Uhr: "Nationaltrainer haben immer irgendwelche Baustellen". Mit Veränderungen muss Löw leben. Deswegen seien die Testspiele gut. Auch wenn man verliert. Was nicht so selten passiert.
13:17 Uhr: Schüchtern und vorsichtig räumt der Bundestrainer ein, dass die Nationalelf nach dem 4:4 mit Schweden eine Rechnung offen hat. Vielleicht auch mit dem Defensivcoach von damals.
13:15 Uhr: Löw sei beeindruckt, wie schnell Özil sich bei Arsenal integriert hat. Die Arsenal-Fans wundert das noch mehr, das verspreche ich Ihnen.
13:10 Uhr: Trotz des Stürmermangels kann sich Löw schwer vorstellen, dass Thomas Müller als Spitze spielen wird. Es wird wieder "müllern", aber nur an der rechten Seite.
13:07 Uhr: Der Bundestrainer macht sich keine Sorgen darüber, dass der Bundeskapitän für seinen Klub auf einer anderen Position spielt. Lahm sei der beste Außenverteidiger der Welt, und Löw plant mit ihm nichts anders.
13:04 Uhr: Löw vergleicht die guten irischen Verteidigungsfähigkeiten mit den Traditionen von Rugby und Gaelic Football. "Irland spielt kompakt - maximaler Körpereinsatz". Tja, und die Deutschen sind alle effizient...
13:02 Uhr: Dem Bundestrainer fehlt der 1. FC Köln in der Bundesliga!
13:00 Uhr: Löw ist laut dem Mediensprecher "frisch geduscht". Er sieht elegant aus. Im Oktober erlebt man als Profi eine "hohe Belastung", sagt der Bundestrainer. Alle Spieler seien voll einsatzfähig.
12:45 Uhr: In knapp zwanzig Minuten geht's los. In der Tagesspiegel-Redaktion steigt die Spannung. Was sagt der Bundestrainer zur Absageflut? Wie wird Bastian Schweinsteiger sein 99. Länderspiel feiern? Dieser Meilenstein ist mittlerweile wichtiger als der, dass immer noch ein Spiel danach kommt. Wird Joachim Löw die revolutionäre Umstellungsideen von Pep Guardiola imitieren, und Heiko Westermann als Linksflügel einstellen?
13:38 Uhr: Hier ist endlich eine Frage auf Englisch! Ein engagierter Kollege aus Irland fragt der Bundestrainer, ob er überrascht sei, dass Irland schon aus dem Rennen sei? Löw meint, die Iren seien vom Fußball auf der "anderen" Insel geprägt. Sie "fighten bis zum Umfallen. Selbst wenn Sie keine Chance haben." Ja, stimmt
Wir Briten spielen nicht Fußball. Wir fighten Fußball.
13:36 Uhr: Jetzt ist wieder Löw dran: Die erreichte Qualifikation wird "eine emotionale Sache, eine große Freude" für alle. Löw deutet an, dass er in den Freundschaftsspielen gegen Italien und England "noch was testen will". Ich fordere: Westermann als Spitze bitte! Damit könnte man auch sicherlich England schlagen.
13:34 Uhr: Löw übergibt die Verantwortung an den Mediensprecher, der über gesellschaftliches Engagement reden darf. "Es gibt sehr viele Initiativen, schauen Sie mal auf die Website des DFB."
13:31 Uhr: Die Meinung im Bezug auf die Notwendigkeit der USA-Reise im Sommer 2013 wird eisern beibehalten. Auch Löw glaubt, dass besonders für Leverkusens Sidney Sam die Reise "ein wahnsinnig tolles Erlebnis" gewesen sei. Das wiederholt er zweimal. Falls wir es verpasst haben.
13:30 Uhr: Löw scheint ein bisschen sauer auf "selbsternannte Bundestrainer, die in Kolumnen schreiben" zu sein. Das kenne er seit Jahren. Es geht um Stefan Kießling von Bayer Leverkusen: "Wenn es Bedarf gibt, habe ich die Nummer von Stefan Kießling". Mehr will er dazu nicht sagen.
13:27 Uhr: "Ich wollte den Mario Götze unbedingt einladen", sagt Löw nun. Es sei nicht gut, dass Götze zuhause trainiert, denn bei Bayern sind ja jetzt keine Spieler mehr. Das hat der Bundestrainer angeblich Matthias Sammer gesagt.
13:25 Uhr: Borussia Dortmund habe übrigens einen hervorragenden Trainer, hervorragende Spieler... und hervorragende Bratwurst auf der Tribüne...
13:23 Uhr: Schon jetzt gibt es die Antwort auf den Innenverteidiger des BVB, Mats Hummels, der am Wochenende gegen Gladbach vom Platz flog. "Konstruktive Kritik kann man immer annehmen." Aber: "Mit Mats habe ich mich jetzt gut unterhalten." Die kleinen Details kann laut Löw Hummels noch verändern, aber grundsätzlich sei er ein Großer. - Verdammt mit leichtem Lob?
13:22 Uhr: "Nationaltrainer haben immer irgendwelche Baustellen". Mit Veränderungen muss Löw leben. Deswegen seien die Testspiele gut. Auch wenn man verliert. Was nicht so selten passiert.
13:17 Uhr: Schüchtern und vorsichtig räumt der Bundestrainer ein, dass die Nationalelf nach dem 4:4 mit Schweden eine Rechnung offen hat. Vielleicht auch mit dem Defensivcoach von damals.
13:15 Uhr: Löw sei beeindruckt, wie schnell Özil sich bei Arsenal integriert hat. Die Arsenal-Fans wundert das noch mehr, das verspreche ich Ihnen.
13:10 Uhr: Trotz des Stürmermangels kann sich Löw schwer vorstellen, dass Thomas Müller als Spitze spielen wird. Es wird wieder "müllern", aber nur an der rechten Seite.
13:07 Uhr: Der Bundestrainer macht sich keine Sorgen darüber, dass der Bundeskapitän für seinen Klub auf einer anderen Position spielt. Lahm sei der beste Außenverteidiger der Welt, und Löw plant mit ihm nichts anders.
13:04 Uhr: Löw vergleicht die guten irischen Verteidigungsfähigkeiten mit den Traditionen von Rugby und Gaelic Football. "Irland spielt kompakt - maximaler Körpereinsatz". Tja, und die Deutschen sind alle effizient...
13:02 Uhr: Dem Bundestrainer fehlt der 1. FC Köln in der Bundesliga!
13:00 Uhr: Löw ist laut dem Mediensprecher "frisch geduscht". Er sieht elegant aus. Im Oktober erlebt man als Profi eine "hohe Belastung", sagt der Bundestrainer. Alle Spieler seien voll einsatzfähig.
12:45 Uhr: In knapp zwanzig Minuten geht's los. In der Tagesspiegel-Redaktion steigt die Spannung. Was sagt der Bundestrainer zur Absageflut? Wie wird Bastian Schweinsteiger sein 99. Länderspiel feiern? Dieser Meilenstein ist mittlerweile wichtiger als der, dass immer noch ein Spiel danach kommt. Wird Joachim Löw die revolutionäre Umstellungsideen von Pep Guardiola imitieren, und Heiko Westermann als Linksflügel einstellen?
Ticker’s coming home: Unser englischer Kolumnist Kit Holden tickert heute hier seit 12:45 Uhr die DFB-Pressekonferenz mit Bundestrainer Joachim Löw zum bevorstehenden Länderspiel gegen Irland.
Tuesday, September 24, 2013
Berlin hängt von jedem
Berlin - Das sonst so starke Bayern schafft es nur bis ins Mittelfeld, Baden-Württemberg schneidet noch schlechter ab – mit einem Minuswert. Ein Schwergewicht wie Nordrhein-Westfalen steht sogar ausgesprochen schlecht da. Und Berlin? Die Hauptstadt erreicht den Spitzenplatz, zusammen mit Hamburg.
Das ist überraschend – denn es geht ums Wirtschaftswachstum. Im ersten Halbjahr stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Berlin um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. So gut schnitt kein anderes Bundesland ab, wie das Statistikamt Berlin-Brandenburg am Dienstag mitteilte. Entsprechend war die Entwicklung in den alten Ländern (minus 0,3 Prozent) und in den neuen Ländern (minus 1,0 Prozent) weitaus dürftiger.
Bereits 2012 hatte Berlin die übrigen Länder beim BIP überflügelt. „Berlin hat seinen Wachstumskurs trotz international schwieriger konjunktureller Lage beibehalten“, freute sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). „Dies bestätigt die hohe Wettbewerbsfähigkeit unserer hiesigen Unternehmen.“
Erneut war vor allem der Dienstleistungsbereich die Stütze des Aufschwungs in Berlin – also Handel, Verkehr, Gastgewerbe sowie Unternehmensdienstleister. Acht von zehn in der Stadt erwirtschafteten Euro gehen auf das Konto dieser Branchen. Dieses Plus glich das Minus aus, das die Industrie und der Bau im ersten Halbjahr melden mussten.
Auch für den Rest des Jahres ist Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) zuversichtlich. Bei den Dienstleistungen werde es weiterhin „robustes Wachstum“ geben, Tourismus, Gesundheitswirtschaft oder die Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelten sich positiv, sagte sie dem Tagesspiegel. „In der Industrie ist die Lage noch gedämpft. Hellt sich das außenwirtschaftliche Umfeld wieder auf und legen die Investitionen zu, dürften auch von Berlins Industrie weitere Impulse ausgehen." Für das Gesamtjahr rechnet Yzer mit einem Plus von rund 1,2 Prozent.
Auch die gesamte deutsche Wirtschaft rechnet mit besseren Zeiten. Der Ifo-Index, der die Stimmung der Unternehmen abbildet, stieg im September erneut leicht von 107,6 auf 107,7 Punkte. „Die deutsche Wirtschaft ist mit Zuversicht in den Herbst gestartet“, erklärte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen. Sein Institut ermittelt den wichtigsten deutschen Wirtschaftsindex per Umfrage unter 7000 Unternehmen. Es war der fünfte Anstieg in Folge, nun ist der Index auf dem höchsten Stand seit eineinhalb Jahren.
Während die Firmen etwas weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Lage waren, rechnen sie mit einer günstigeren Entwicklung in den kommenden Monaten. Die neue Bundesregierung, wahrscheinlich unter der Führung von Angela Merkel (CDU), kann also zum Start auf Rückenwind von der Konjunktur hoffen.
Für Alexander Koch von der Hypo-Vereinsbank belegen die Ifo-Zahlen, dass es der Industrie wieder besser geht. Dies sei eine Folge der sich stabilisierenden Nachfrage aus aller Welt. Dies werde zu einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum im dritten Quartal von 0,5 Prozent führen, erklärte er – das wäre etwas weniger als die 0,7 Prozent vom zweiten Quartal.
Vor allem die Rezession in Europa hatte die Industriefirmen getroffen. „Europa als Deutschlands wichtigster Exportmarkt ist nach einer sehr langen Durststrecke endlich auf dem Weg der Stabilisierung“, sagte der Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW, Jörg Zeuner. „Davon profitiert Deutschland.“ Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung etwa rechnet von nun an mit einer steten Aufwärtsentwicklung, auch wegen der über Jahre immer wieder aufgeschobenen Investitionen der deutschen Unternehmen.
Für das deutsche Handwerk kommt die Erholung allerdings zu spät – es setzt angesichts eines schwachen ersten Halbjahres ein Fragezeichen hinter die Prognose für 2013. „Um 2013 noch die erwartete schwarze Null zu erreichen, ist im zweiten Halbjahr ein anhaltender kräftiger Aufschwung erforderlich“, sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Der Umsatz war in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent zurückgegangen. Vor allem das Kraftfahrzeug-Gewerbe hatte sich schwach entwickelt. mit dpa
Schlömer: "Nicht im Zorn gehen"
Berlin - Eines wollte Bernd Schlömer auf keinen Fall – so enden wie der Grüne Jürgen Trittin. „So ein Shitstorm, wie ihn Trittin erleben musste, hat es sogar bei den Piraten selten gegeben“, sagte Schlömer dem Tagesspiegel. Und da der Vorsitzende der Piratenpartei zuletzt erlebt hat, das für ihn der parteiinterne Druck auch zunahm, hat er lieber gehandelt und seinen Rücktritt angekündigt. „Tschüss #Piraten! Das war es für mich. Ich ziehe mich zurück“, twitterte er.
Seine Ankündigung wurde im Netz mit Lob und Respekt begleitet. „Ich gehe nicht im Zorn“, sagte Schlömer. Der 42-Jährige wurde im April 2012 an die Spitze der Partei gewählt.
Damals war die Piratenwelt noch in Ordnung. Doch interne Streitigkeiten, die sich über Monate hinzogen, haben die Partei in eine Krise gestürzt. Den Einzug in den Bundestag haben sie klar verfehlt. Schlömer sieht auf die Partei nun verschiedene Szenarien zukommen. Der Profilierungsdruck werde steigen, die Partei werde sich regionalisieren und es werde Abwanderungen geben. Er selbst empfiehlt den Piraten, stärker aufs Personal zu setzen. „Wir brauchen prominentere Köpfe, die auch Freiräume haben“, sagte Schlömer.
Bis zum nächsten Parteitag Ende November bleibt Schlömer im Amt. Wer ihm nachfolgt, ist noch unklar. Es ist zu erwarten, dass sich ein Kandidat aus einer der Piraten-Landtagsfraktionen herauskristallisieren wird. Schlömer selbst will erst mal Parteimitglied bleiben, aber mindestens ein Jahr kein Amt annehmen. „Ich habe bei den Piraten den kompletten Zyklus einer Partei mitgemacht.“ Christian Tretbar
Seine Ankündigung wurde im Netz mit Lob und Respekt begleitet. „Ich gehe nicht im Zorn“, sagte Schlömer. Der 42-Jährige wurde im April 2012 an die Spitze der Partei gewählt.
Damals war die Piratenwelt noch in Ordnung. Doch interne Streitigkeiten, die sich über Monate hinzogen, haben die Partei in eine Krise gestürzt. Den Einzug in den Bundestag haben sie klar verfehlt. Schlömer sieht auf die Partei nun verschiedene Szenarien zukommen. Der Profilierungsdruck werde steigen, die Partei werde sich regionalisieren und es werde Abwanderungen geben. Er selbst empfiehlt den Piraten, stärker aufs Personal zu setzen. „Wir brauchen prominentere Köpfe, die auch Freiräume haben“, sagte Schlömer.
Bis zum nächsten Parteitag Ende November bleibt Schlömer im Amt. Wer ihm nachfolgt, ist noch unklar. Es ist zu erwarten, dass sich ein Kandidat aus einer der Piraten-Landtagsfraktionen herauskristallisieren wird. Schlömer selbst will erst mal Parteimitglied bleiben, aber mindestens ein Jahr kein Amt annehmen. „Ich habe bei den Piraten den kompletten Zyklus einer Partei mitgemacht.“ Christian Tretbar
Musical Stühle in Gemüse
Er kapituliert. Nur wenige kurze Sätze sind es, die Jürgen Trittin um 16 Uhr den wartenden Reportern zu Protokoll gibt. Die Sache sei ganz einfach, sagt der Grünen-Politiker. Für den Wahlkampf 2017 brauche die Partei eine neue Fraktionsführung. „Das muss eine neue Generation, das müssen neue Kräfte tun.“ Ein kurzer Dank noch. Dann setzt Trittin sein maliziöses Lächeln auf, das es einem so schwer macht zu sehen, wie es ihm wirklich geht. Der 59-Jährige dreht sich um und verschwindet wieder im Protokollsaal des Reichstags.
Alle haben darauf gewartet, dass er sich endlich erklärt. Aber Trittin hat sie erst noch schmoren lassen. Zieht er die Konsequenzen aus der krachenden Niederlage der Grünen bei der Bundestagswahl – oder meint er wirklich, den Sturm aussitzen zu können? Die Sitzung läuft gerade eine Dreiviertelstunde, da gibt Trittin seinen Rückzug bekannt. Erst den Abgeordneten, wenig später auch über den Nachrichtendienst Twitter.
Wie kein anderer bei den Grünen steht der Niedersachse für den Wahlkampf, mit dem die Partei so heftig abgestürzt ist: Die Steuerpläne gehen auf sein Konto. Viele kreiden ihm an, dass er dabei das Kernthema der Grünen, die Energiewende, vernachlässigt habe. Trittin setzte außerdem durch, dass sich die Partei allein auf die SPD als Koalitionspartner festlegten – eine Abkehr vom Kurs der „Eigenständigkeit“, der auch eine stärkere Offenheit gegenüber anderen Parteien bedeutet hätte.
Claudia Roth begreift es als erste - und tritt zurück
Es ist ein Rückzug in allerletzter Minute. Er wird Trittin, den vor zwei Jahren schon viele als den künftigen Vizekanzler sahen, nicht leicht gefallen sein. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Die Welle, die offenbar die gesamte alte Führungsriege der Grünen erwischt hat, hätte am Ende auch ihn weggespült.
Claudia Roth ist die Erste, die es begriffen hat. Da die Grünen so eindeutig ihre Wahlziele verfehlten hätten, aus gesellschaftlichen Mehrheiten für den Mindestlohn und gegen das Betreuungsgeld keine politischen Mehrheiten hätten machen können, „dann muss auch was bei mir nicht so gut gelaufen sein“, erklärt Roth dem ARD-Morgenmagazin. „Ich trete nicht mehr an“, erklärt die 58-Jährige gefasst. Elfeinhalb Jahre hat die Bayerin, die auf Parteitagen schon viele Tränen vergossen hat, die Grünen geführt. Jetzt will sie Platz machen für die nächste Generation.
Wenig später folgt Renate Künast. „Ein jegliches hat seine Zeit“, sagt die 57- Jährige, als sie die Sitzung im Reichstag für ein paar Minuten verlässt. „Und jetzt ist die Zeit für eine neue personelle Aufstellung.“ Künast hatte sich schon seit längerem mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass sie nach der Bundestagswahl nicht mehr der ersten Reihe angehören würde. Als die Grünen-Basis im Winter 2012 ihre Spitzenkandidaten in einer Urabstimmung wählte, unterlag Künast ebenso gegen die 47-jährige Katrin Göring-Eckardt aus Thüringen.
Wie hart die Grünen von ihrem verfehlten Wahlkampf gebeutelt wurden, hat Künast selber in ihrem Wahlkreis 81 erfahren, in Tempelhof-Schöneberg. Auch hier im Bezirk, im grünen Kerngebiet zwischen Winterfeldt-Markt und der alternativen Ufa-Fabrik, hatten selbst die Stammwähler ihre Partei nicht mehr verstanden. Nichts blieb im Wahlkreis übrig vom erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennen um ein Direktmandat. Stattdessen rutschte Künast auf den dritten Platz ab, mit nur 15 Prozent der Zweitstimmen und mit noch stärkeren Verlusten, als ihre Partei im Bundesdurchschnitt einfuhr.
Der grüne Wahlkampf hat viele Wähler irritiert
Überraschend kam das nicht, die Entfremdung hat sich aufgebaut in den vergangenen Wochen, als Künast auf den Straßen unterwegs war und ihr Unverständnis entgegenschlug für das von Trittin propagierte Steuermodell. Die Zweifel daran hat sie sich nicht anmerken lassen. Im Gegenteil. „Ich freue mich, dass wir Grünen es sind, die seit Wochen die Debatte über Steuergerechtigkeit bestimmen“, hat sie noch im Spätsommer betont.Ihr schlechtes Ergebnis im Wahlkreis 77 ist deshalb auch eine persönliche Niederlage. Selbst bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst 2011, als Künast noch erfolglos als Spitzenkandidatin um das Amt des Regierenden Bürgermeisters gekämpft hatte, waren es acht Prozent mehr.
Auch damals hatte ihre Partei im sicheren Gefühl eines Triumphes einen Wahlkampf geführt, der mit Ungeschick, überzogenen Forderungen und nicht verhandelbaren Position wie der abgelehnten Verlängerung der Berliner Stadtautobahn die Wähler nachhaltig irritierte. Nur mit Mühe behauptete Künast nach der Niederlage in Berlin ihren Fraktionsvorsitz im Bundestag.
Und nun wieder eine Niederlage, noch schlimmer. Weil es eine Niederlage jener Generation ist, die die Grünen seit ihrer Gründung begleitet haben, sie dominiert haben – vom Start als Antiparteien-Partei, als man selbst der vom Wähler zugestandenen vollen Wahlperiode misstraute und die Abgeordneten nach zwei Jahren rotieren ließ. Lange vergessen.
Zwei Tage hat es gedauert, bis auch Renate Künast die Konsequenzen gezogen hat und vom Amt der Fraktionsvorsitzenden zurückgetreten ist, das sie seit 2005 innehatte. Intern gab sie ihre Rückzugsentscheidung am Montagabend bei einem Treffen des Reformerflügels bekannt. Sie betonte, sie habe diesen Schritt schon seit längerem geplant. Es gehe ihr um „Verjüngung und Erneuerung“.
Nicht das Ende, immerhin will sie sich nun als Vize-Präsidentin des Bundestags bewerben, ebenso wie Claudia Roth übrigens. Aber doch eine Zäsur auf dem weiten Weg von jener chaotischen Gründungsversammlung der früheren Alternativen Liste in der längst abgerissenen „Neuen Welt“, den die ehemalige Sozialarbeiterin und Anwältin mitgegangen ist.
Die Frau mit flottem Mundwerk und Schlagfertigkeit wurde 1989 als Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus die Gegenspielerin des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper in der kurzlebigen rot-grünen-Koalition. Die nach dem Ende der rot-grünen Koalition im Bund, bei der sie sich als Bundesministerin für Verbraucher und Landwirtschaft eine gute Figur machte und sich unerschrocken mit der Agrarlobby anlegte, den Fraktionsvorsitz übernahm.
„Wir werden das aufarbeiten ...“, heißt der letzte Satz auf Renate-kuenast.de, nach dem knappen Dank an Wähler, an die engagierten Helfer und dem Eingeständnis, die Ablösung von Schwarz-Gelb nicht erreicht zu haben. Wer auf den Button „weiterlesen“ drückt – findet: nichts weiteres. Nur eine weiße Fläche. Als hätte die Leere und der Frust, die nach dieser desaströsen Wahl überall fühlbar sind bei den Grünen, hier in einer Sprachlosigkeit ihren Ausdruck gefunden. Auch in der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, die künftig kleiner sein wird und nun seit gestern auch keine Vorsitzenden mehr hat.
Zwei aus der mittleren Generation kämpfen: Özdemir und Göring-Eckardt
Der Rückzug von Trittin, Roth und Künast bedeutet eine Zäsur für die Partei, er läutet den Generationswechsel ein. Diejenigen, die mit Joschka Fischer vor mehr als 30 Jahren die Grünen gegründet haben, werden künftig im Bundestag nur noch auf den hinteren Plätzen sitzen.
Es sind nicht zufällig zwei aus der mittleren Generation, die trotz des schlechten Wahlergebnisses um ihre künftige Führungsrolle kämpfen wollen: Parteichef Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt. Der Schwabe Özdemir will wieder Parteichef werden. Zwar hat auch er sein Ziel nicht erreicht, in Stuttgart ein Direktmandat zu erringen. Doch der Realo kann darauf verweisen, dass er für eine stärker Öffnung der Grünen steht. Zu Bonner Regierungszeiten gehörte er zur Pizza-Connection, einem losen Zusammenschluss von CDU- und Grünen-Politikern, die beim Italiener Gemeinsamkeiten ausloteten. Gegen ihn regt sich bisher kein nennenswerter Widerstand.
Anders ist es bei Göring-Eckardt. Selbstbewusst steht sie vor dem Protokollsaal im Reichstag, nachdem sie intern bereits ihre Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz angemeldet hat. Warum Trittin die Verantwortung übernehme und sie den Fraktionsvorsitz, wird die Thüringerin gefragt. „Er will der Neuaufstellung nicht im Weg stehen, ich will die Neuaufstellung gestalten“, entgegnet Göring-Eckardt. Sie versucht, Zuversicht auszustrahlen. „Wir werden uns wieder herausarbeiten aus einem Loch“, sagt sie. Es klingt, als ob sie sich auch selbst Mut zusprechen will. Sie weiß, dass ihre Kandidatur nicht unumstritten ist. Von der wertkonservativen Bürgerrechtlerin hatten sich viele erhofft, dass sie bürgerliche Wähler gewinnen könne. Doch die Thüringerin setzte auf soziale Gerechtigkeit, predigte „Herz-Jesu-Sozialismus“, wie Ex-Parteichef Reinhard Bütikofer lästert.Jetzt, am Tag zwei nach der Wahl, sagt sie, die Grünen müssten „Anschluss gewinnen an die Mitte der Gesellschaft“. Es klingt wie die Stellenbeschreibung, die sie als Spitzenkandidatin nicht erfüllt hat. Ob sie damit durchkommen wird, hängt vor allem von Kerstin Andreae ab. Die 44-jährige Bundestagsabgeordnete aus Freiburg erwägt eine Gegenkandidatur. Die studierte Volkswirtin hat sich als Wirtschaftsexpertin einen Namen gemacht, sie tritt für einen „Brückenschlag zur Wirtschaft“ ein, so wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der viel von ihr hält.
Weniger umstritten dürfte Trittins Nachfolge sein. Der 44-jährige Toni Hofreiter, ein Parteilinker, kündigte seine Kandidatur an. Trittins Unterstützung wird der promovierte Biologe haben. Gleich zu Beginn der Fraktionssitzung stellt Trittin sich demonstrativ neben ihm, legt ihm die Hand auf die Schulter. So als ob er ihm signalisieren wolle: Das wird schon.
Wednesday, September 18, 2013
Federal Reserve die Geldpolitik in den Vereinigten Staaten nicht die Zügel
Gelassen hatten sich die Aktienmärkte am Mittwoch schon auf eine straffere Geldpolitik der US-Notenbank eingestellt. Der Deutsche Aktienindex (Dax) war zeitweise sogar auf einen neuen Rekordstand von 8645 Punkten gestiegen. Bis Börsenschluss war ihm ein Plus von 0,3 Prozent erhalten geblieben. Am Abend dann kam auch noch die Entwarnung aus Washington: US-Notenbankchef Ben Bernanke verkündete, es werde noch keine Abkehr vom Kurs des aufgedrehten Geldhahns geben, eine Zinswende steht aktuell nicht bevor. Der Aktienmarkt in New Yorker reagierte mit deutlichen Kursgewinnen, der Dow-Jones stieg vorübergehend auf ein Rekordhoch. Der Dollar gab gegenüber dem Euro deutlich nach und kostete zeitweise 1,347 Euro.
Der Notenbank-Chef verwies auf den bevorstehenden politischen Showdown
Pünktlich um 14 Uhr Ortszeit trat Fed-Chef Bernanke am Mittwoch vor die Presse und sprach die entscheidenden Worte: „Kein Wechsel“ in der aktuellen Geldpolitik. Die Notenbank habe jeglichen Rückzug von der Kampagne zur Stimulierung des wirtschaftlichen Aufschwungs vertagt und werde damit fortfahren, monatlich US-Staatsanleihen und Immobilienpapiere im Wert von 85 Milliarden Dollar aufzukaufen. Noch seien die Indikatoren für die Stabilisierung der Wirtschaft nicht eindeutig genug, zudem bleibe die Arbeitslosigkeit auf einem hohen Wert. „Wir warten auf weitere Anzeichen der wirtschaftlichen Erholung“, begründete Bernanke den überraschenden Beschluss. zwischen dem republikanisch dominierten US-Repräsentantenhaus und der Regierung von Präsident Barack Obama über die weitere Finanzierung des US-Staatshaushalts und sagte, die derzeitige Finanzpolitik bedrohe den wirtschaftlichen Aufschwung.
Weltweit war ein bereits unter dem Stichwort „Tapering“ (Verjüngung) angekündigter sanfter Rückzug von der Politik der Geldschwemme erwartet worden. Auf ein Absenken der Notenbank-Ankäufe um zwischen fünf und 20 Milliarden Dollar hatten Experten getippt. Diesen Rückzug stellte Bernanke nun für Ende des Jahres oder Anfang 2014 in Aussicht.
Der Leitzins bleibt, wie von Ökonomen erwartet, auf dem historischen Niedrigstand zwischen 0 und 0,25 Prozent. Auf diesem Rekordtief liegt er seit Ende 2008, als die schwere Finanzkrise begann. Der faktische Nullzins sei angemessen, solange die US-Arbeitslosenquote höher sei als 6,5 Prozent, heißt es in einer Mitteilung, die die Notenbank am Mittwoch herausgab. Derzeit liegt die Quote bei 7,3 Prozent. Die Zinspolitik wurde Ende 2012 an die Arbeitslosenquote gekoppelt.
Fed senkte ihren Wirtschaftsausblick
Zugleich senkte die Fed ihren Wirtschaftsausblick: Für dieses Jahr rechnet die Notenbank nur noch mit einem Wachstum zwischen 2,0 und 2,3 Prozent. Vor drei Monaten war sie noch von 2,3 bis 2,6 Prozent ausgegangen. Auch für 2014 und 2015 korrigierte sie ihre Aussichten ein wenig nach unten. Erstmals legte die Fed eine Wachstumsschätzung für 2016 vor. Diese liegt bei 2,5 bis 3,3 Prozent. Bei der Vorhersage für die Arbeitslosenquote machte die Fed nur geringe Änderungen. In diesem Jahr soll sie bei 7,1 bis 7,3 Prozent liegen und im kommenden Jahr zwischen 6,4 und 6,8 Prozent. Für 2015 rechnen die Notenbanker mit einer Quote zwischen 5,9 und 6,2 Prozent. 2016 soll sie dann auf 5,4 bis 5,9 Prozent sinken. Die Inflation werde fast die gesamte Zeit unter dem Ziel der Fed von 2,0 Prozent bleiben.Die monatlichen Käufe der Notenbank von 85 Milliarden Dollar entsprechen in etwa dem monatlichen US-Haushaltsdefizit. Sie sind Teil des dritten im September 2012 aufgelegten Anleiheprogramms, das als Quantitative Easing (QE) – Quantitative Lockerung – bezeichnet wird. Zunächst wollte die Fed nur für 40 Milliarden Euro kaufen, im Dezember wurde das Volumen dann aber auf 85 Milliarden Euro erhöht. Das erste Anleiheprogramm hatte sie im März 2009 gestartet, das zweite im November 2010, das derzeit laufende dritte im September 2012. Rund 3,4 Billionen Dollar hat die Notenbank so bislang bereits in die Wirtschaft gepumpt. Weitere 425 Milliarden Dollar könnten nach Ansicht der Commerzbank bis Sommer 2014 noch dazukommen.
(mit dpa)
Saturday, September 14, 2013
Tweet des Aktienmarktes
Berlin - „Jesus ist die Sonne und Maria die Morgendämmerung, die seine Auferstehung verkündet.“ – Papst Franziskus nutzte am Freitag den Kurznachrichtendienst Twitter, um wie jeden Tag seine Botschaft in die Welt zu senden. Genauso tun es Barack Obama, Peer Steinbrück, der Tagesspiegel und 200 Millionen andere Nutzer rund um den Erdball.
Sie alle werden künftig die Dienste eines börsennotierten Unternehmens in Anspruch nehmen: Twitter teilte am Donnerstagabend – per Tweet – mit, bei der US-Börsenaufsicht SEC einen entsprechenden Antrag eingereicht zu haben. Details des IPO (Initial Public Offering) gibt es noch nicht, aber schon eine Story: Twitter ist eine der größten und am schnellsten wachsenden Kommunikationsplattformen der Welt und damit ein Top-Börsenkandidat aus der Internetwirtschaft, der den Gang aufs Parkett wagt.
Der Zeitpunkt für einen Börsengang ist gut gewählt. Internet-Aktien sind wieder gefragt. So hat die Facebook-Aktie in dieser Woche den höchsten Stand seit dem destaströsen Börsengang im Mai 2012 erreicht. Die Social-Media-Plattform mit einer Milliarde Nutzern weltweit wird an der Börse nun mit rund 100 Milliarden Dollar bewertet – so hoch wie nie. Der Absturz der Aktie nach dem missglückten IPO ist Geschichte. Linked-In, das 2003 gegründete Internet-Karrierenetzwerk, ist ein Börsenstar: Der Wert seiner Aktien hat sich seit dem ersten Handelstag verfünffacht. Auch die eingebrochene Aktie des Ende 2011 an die Börse gegangenen Schnäppchen-Portals Groupon hat sich wieder etwas erholt.
„Investoren waren zuletzt entzückt von allem, was mit ,sozial’ und ,mobil’ zu tun hat“, schrieb die „New York Times“ am Freitag in einem Kommentar zu den Twitter-Börsenplänen. Die Finanzgemeinde sei regelrecht „verzaubert vom schnellen Wachstum der Werbeeinnahmen in den mobilen Diensten von Social- Media-Unternehmen“.
Auch Twitter kommt mit geschätzten 583 Millionen Dollar auf stattliche Einnahmen aus der Werbung – verdient aber, anders als Facebook, noch kein Geld. Analysten zufolge ist dies aber nur eine Frage der Zeit. Dieses Jahr könne der US-Konzern die Gewinnschwelle erreichen. Das Unternehmen muss noch keine Geschäftszahlen veröffentlichen, weil es bislang nicht börsennotiert ist. Auch der sogenannte Börsenprospekt bleibt zunächst unter Verschluss, bis der Termin für das IPO näher rückt. Das kann noch Monate dauern. Die am Börsengang beteiligten Banken dürften die Zeit nutzen, um zunächst die Nachfrage der Anleger nach den Twitter-Aktien auszuloten. Erst ganz am Ende werden das genaue Datum für den Börsengang sowie der Preis festgelegt. Auch ist möglich, dass Twitter das Vorhaben in letzter Sekunde abbläst. Federführende Bank ist nach Informationen von US-Medien Goldman Sachs.
Twitter wurde erst 2006 gegründet. Nach einem zögerlichen Start hat sich die Internetplattform zu einem Medium für „Breaking News“ gemausert. Nutzer können 140 Zeichen lange Nachrichten, Fotos und kurze Videos über den Nachrichtendienst absetzen. Der durchschnittliche Nutzer hat rein rechnerisch 208 Follower und verbringt jeden Monat 170 Minuten auf der Seite. Die meisten Nutzer gibt es nach Angaben der auf soziale Medien spezialisierten Seite Dashburst.com in China mit mehr als 35 Millionen. Gerade die Tweets von Popstars werden oft von mehreren Millionen Menschen verfolgt. Der kanadische Teeniestar Justin Bieber hat aktuell mehr als 44 Millionen Follower und damit die größte Anhängerschaft. Danach folgen die Sängerinnen Katy Perry und Lady Gaga. US-Präsident Barack Obama zählt momentan mehr als 36 Millionen Follower.
Die wichtigste Einnahmequelle des Unternehmens ist Werbung, eingestreut in den Nachrichtenstrom. Ein guter Teil der Einnahmen fließt mittlerweile über Twitter-Apps auf Smartphones und Tablet- Computer in die Kasse. Damit hat Twitter Facebook etwas voraus: Dessen mobiles Werbegeschäft war zum Zeitpunkt des Börsengangs 2012 praktisch gleich null – einer der Gründe für den Kursabsturz. Erst am Dienstag hatte Twitter die Online-Werbefirma Mo-Pub gekauft, die Unternehmen dabei hilft, Werbung in mobilen Apps zu schalten.
Eine Garantie für einen erfolgreichen Börsengang hat aber auch Twitter nicht. Investoren gehen vor allem bei Internetfirmen eine Wette auf nachhaltig profitable Geschäfte in der Zukunft ein. Nicht nur der Absturz von Facebook war ihnen eine Warnung. Die Aktie des Online-Spieleanbieters Zynga („Farmville“) zum Beispiel, der bei seinem Börsengang im Dezember 2011 mit sieben Milliarden Dollar bewertet wurde, hat bis heute zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt, weil Zynga die hohen Erwartungen der Börse enttäuscht hat. mit dpa, AFP
Ein Wahlkampfthema Opposition vermutet
Der deutsche Geheimdienst kooperiert eng mit den amerikanischen Kollegen: Mitarbeiter des Verfassungsschutzes haben angeblich allein im vergangenen Jahr Hunderte vertraulicher Datensätze an den US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) geschickt. Im Gegenzug erhielten die Verfassungsschützer Informationen und Spionagesoftware aus den USA. Außerdem soll es regelmäßige Treffen zwischen Vertretern des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) und der NSA geben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ und der NDR unter Berufung auf ein Geheimdokument der Bundesregierung berichten. Einmal in der Woche trifft sich demnach ein NSA-Mitarbeiter mit deutschen Geheimdienstlern in einer BfV-Liegenschaft in Berlin-Treptow, um Informationen auszutauschen.
Verfassungsschutz verteidigt Datenweitergabe an NSA
SPD, Grüne und Linke verlangten am Samstag umfassende Aufklärung. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, sagte dem Tagesspiegel: „Es muss geklärt werden, ob der Verfassungsschutz eine rote Linie überschritten hat.“ Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth mahnte, mit jeder neuen Enthüllung über die Zusammenarbeit der NSA mit deutschen Diensten gerate das Vertrauen der Bürger in den Staat „immer weiter ins Rutschen“. Und der Innenexperte der Linksfraktion, Jan Korte, forderte die Bundesregierung auf, das „hochgradig verfassungswidrige Treiben“ umgehend zu beenden.Der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen betonte hingegen, die Weitergabe von Informationen erfolge nach Recht und Gesetz. Die Kooperation mit dem US-Geheimdienst trage „erheblich zur Verhinderung von Terroranschlägen und damit zum Schutz von Leib und Leben in Deutschland bei“, erklärte er. Das Bundestagsgremium, das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig sei (das Parlamentarisches Kontrollgremium), werde über die in dem Bericht beschriebene Datenübermittlung „vollumfänglich“ informiert, sagte Maaßen weiter.
Opposition fordert, Weitergabe von Daten an NSA einzufrieren
Der SPD-Innenpolitiker Hartmann verlangte hingegen, die Datenweitergabe an den US-Geheimdienst „einzufrieren, bis die USA erklärt haben, in welchem Umfang und von wo aus sie Daten an sich genommen haben“. Er sei für eine Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden mit den Diensten der USA. „Die muss aber strengstens orientiert sein an fairen Regeln der Zusammenarbeit, nicht an einem beliebigen Informationshunger der US-Geheimdienste“, sagte Hartmann weiter. Die Behauptung von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), in der NSA-Affäre sei alles aufgeklärt, sei eine „Unverschämtheit“. Auch der Linken-Politiker Korte forderte, die Datenübermittlung an die USA zu stoppen, „solange die Bespitzelung der Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern in der Bundesrepublik nicht eingestellt und völlige Aufklärung über die Machenschaften der Geheimdienste geleistet wurde“.
Ende Juli hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz nach den Enthüllungen über die NSA-Spähaffäre erklärt, es teste das NSA-Datenanalyseprogramm XKeyscore, setze es aber derzeit nicht ein. XKeyscore ist nach Dokumenten, die von dem früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden veröffentlicht wurden, ein Analysewerkzeug, das die Beobachtung des Internetverkehrs in Echtzeit ermöglicht.
Grünen-Chefin Roth sagte, wenn es stimme, dass der Verfassungsschutz von Deutschland gesammelte Daten an die NSA und andere Dienste liefere und aufs Engste mit der NSA kooperiere, „dann hat Herr Maaßen gelogen“. Es sei „völlig unglaubwürdig“, dass Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Kanzleramtsminister Pofalla davon nichts gewusst haben wollten. „Diese Bundesregierung ist für die Sicherheit der Bürger und für den Schutz ihrer Grundrechte inzwischen selbst das größte Risiko“, kritisierte Roth.Verfassungsschutz erhielt im Gegenzug Verbindungsdaten aus den USA
Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll dem Geheimdokument zufolge neben den 864 Datensätzen im vergangenen Jahr auch „regelmäßig bewertete Sachverhaltsdarstellungen“ in die USA übermittelt haben. Im Gegenzug soll der deutsche Inlandsgeheimdienst in den vergangenen vier Jahren 4700 Verbindungsdaten aus den USA erhalten haben.In der NSA-Affäre reist in der kommenden Woche erneut eine Gruppe aus deutschen und EU-Experten nach Washington, um auf weitere Aufklärung zu drängen. Die Delegation werde am 19. und 20. September in den USA Gespräche führen, sagte ein Sprecher von Friedrich. Der Minister betonte den Angaben zufolge in einem Gespräch mit US-Justizminister Eric Holder, dass Deutschland und Europa „Klarheit“ wollten. Es seien weitere Informationen zur Aufklärung der Spähaffäre um den US- Geheimdienst NSA nötig. Holder verwies demnach darauf, dass die bereits begonnene Freigabe von Dokumenten weiter fortgesetzt werde. (mit dpa/AFP)
Ding Dong Stunde
Es wird ein feierlicher Moment sein. Punkt 12 Uhr, also gleich nach dem Festgottesdienst, soll das Glockenspiel im alten Turm der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erstmals wieder erklingen. Knapp drei Jahre lang wurde die Turmruine aufwendig saniert, nun sind diese Arbeiten weitgehend abgeschlossen. Während der Bauzeit war der Turm mit einem riesigen Gerüst umhüllt, das wie ein Hochhaus aussah. Noch verdeckt dieses Gerüst die größeren unteren Teile des Bauwerkes, doch die von Weltkriegsbomben stark beschädigte Spitze der als Mahnmal für den Frieden erhaltenen Ruine ragt bereits daraus hervor. Der markante abgebrochene Turmhelm und die filigrane Architektur der Glockenstube sind schon sichtbar.
Nach und nach sollen nun auch die unteren Gerüstteile entfernte werden, je nachdem, wie rasch die letzten Sanierungsarbeiten im Inneren des Turmes vorankommen. Nur mit dem Gerüst am Sockel werde es noch etwas länger dauern, teilt die Gemeinde mit. Es soll erst Anfang 2014 fallen.
Die Turmruine war durch jahrzehntelang eingedrungenes Wasser stark beschädigt gewesen. Das wichtigste Ziel der Sanierungsarbeiten war deshalb, die Bausubstanz zu sichern und selbst die kleinsten Haarrisse im Mauerwerk zu schließen.
Auch das Glockenspiel im Turm wurden restauriert, so dass es nun wieder erklingen kann.
Aus neun Glocken besteht es, und es läutet zu jeder vollen Stunde eine Melodie, die Prinz Louis Ferdinand von Preußen komponiert hat. Der 1994 verstorbene Prinz machte sich einen Namen als Komponist, er vertonte auch Gedichte aus der Zeit der Romantik und komponierte den Fridericus-Rex-Gedenkmarsch. Nun wird die klingende Neun erstmals seit Herbst 2010 wieder nach seiner Melodie schlagen. Eine kleine Verschnaufpause im Alltagstrott, die besonders bei Touristen sehr beliebt ist.
Die Ur-Glocken der alten 1895 eingeweihten Kirche waren allerdings von ganz anderem Kaliber. Diese fünf Glocken wurden damals an Größe und Gewicht nur noch vom Geläut des Kölner Doms übertroffen. Ihr Dröhnen soll sogar die Wölfe im nahen Zoo zum Heulen gebracht haben. Die lang anhaltenden Wolfsrufe und das Kläffen der Köter mischten sich in den Friedensgruß der Glocken und den Jubel des Publikums, heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. Ein Polizeioffizier zu Pferde sei zum Zoologischen Garten gejagt, um für Ruhe zu sorgen. Hergestellt hatte man die fünf Glocken aus der Bronze von erbeuteten Geschützen aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, mehr als vierzig Jahre lang taten sie ihren Dienst, bis sie im Zweiten Weltkrieg das gleiche Schicksal ereilte: Sie wurden angesichts der Materialnot zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Als man dann in den späten 50er Jahren daran ging, die Turmruine zu sichern, wurde das nun wieder in Betrieb genommene Glockenspiel eingebaut. Die sechs Glocken des Hauptgeläutes der Gedächtniskirche hängen heute im sechseckigen Turm des von Egon Eiermann entworfenen und 1961 eingeweihten Kirchenneubaus.
Drinnen im neuen Gotteshaus und draußen auf dem Breitscheidplatz werden sich die Menschen nun am Sonntag freuen, nicht nur über die akustisch-musikalische Ergänzung der täglichen Geräuschkulisse, jener zusätzlichen Fäden im Klangteppich, sondern vor allem, dass es den alten Turm bald wieder komplett zu bestaunen und vor allem zu fotografieren gibt, den man so lange gegen ein steriles Baugehäuse eingetauscht sah. Jauchzen und frohlocken wir also – und wünschen wir uns, dass die Sanierung diesmal länger vorhält als voriges Mal.
Monday, September 9, 2013
Verteidigt die von Bayer Autorität bedeutet
Die Verdachtsmeldungen zu Nebenwirkungen bei dem Präparat Xarelto nehmen zu. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht dennoch kein höheres Risiko.
Berlin - Die Arzneimittelbehörde Bfarm hat am Montag versucht, Bedenken im Hinblick auf das Bayer-Präparat Xarelto zu zerstreuen. „Wir sehen keine neuen Gefahren und keinen Anlass für eine neue Risikobewertung“, sagte eine Sprecherin des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm), das für die Zulassung von Medikamenten in Deutschland zuständig ist. Der „Spiegel“ hatte über eine Zunahme der Verdachtsfälle von unerwünschten Nebenwirkungen sowie Todesfällen im Zusammenhang mit dem Bayer-Gerinnungshemmer berichtet. Ein Sprecher des Konzerns erklärte, das Sicherheitsprofil von Xarelto im klinischen Alltag entspreche Daten aus den Medikamententests.
Man beobachte die Meldungen zu dem 2011 für die Schlaganfall-Prophylaxe zugelassenen Präparat aufmerksam, erklärte das Bfarm. „Generell liegen die Verdachtsmeldungen bei neu zugelassenen Mitteln zunächst höher“, sagte die Sprecherin. Die Meldungen werden abgegeben, wenn ein Arzt meint, dass eine Nebenwirkung oder ein Todesfall in Zusammenhang mit der Einnahme eines Mittels stehen könnte – ein Beweis ist das aber nicht. 2012 waren beim Bfarm 750 Nebenwirkungsmeldungen zu Xarelto eingegangen, darunter 58 Todesfälle. 2013 waren es bis Ende August fast 970, darunter 72 Todesfälle. Allerdings waren die Verordnungszahlen dem Magazin zufolge massiv in die Höhe geschnellt. Wurden 2011 noch 700 000 Tagesdosen Xarelto verordnet, waren es 2012 bereits 25,5 Millionen.
Der Bayer-Aktie taten die Berichte nicht gut, sie gab nach. Denn Xarelto gilt als der wichtigste Umsatztreiber der in Berlin ansässigen Pharmasparte, der Konzern traut dem Mittel Spitzenerlöse von zwei Milliarden Euro im Jahr zu. Analysten der DZ-Bank zufolge soll Xarelto bereits 2013 in Europa 800 Millionen Euro in die Kassen des Konzerns spülen.
Experten sehen derzeit keine Gefahr für Bayer. „Der Konzern ist heute deutlich besser aufgestellt als etwa zu Zeiten des Lipobay-Skandals“, sagt LBBW-Analyst Ulle Wörner. Damals hätten die Rückstellungen von rund einer Milliarde Euro für die Prozesse um den Cholesterinsenker fast den Untergang der Pharmasparte eingeläutet. Heute gebe es neben Xarelto weitere neue und erfolgversprechende Mittel wie Stivarga gegen Krebs oder das Augenmittel Eylea, erklärt Wörner. „Anders als bei Lipobay droht zudem bei Xarelto derzeit nicht, dass das Mittel vom Markt genommen werden muss“. Jahel Mielke
Unterstützung für freie Schulen
Das Vorhaben der SPD-geführten Bildungsverwaltung, die Gründung freier Schulen zu erschweren, stößt nicht nur beim Koalitionspartner CDU auf Gegenwehr. Es sei eine „Ohrfeige in das Gesicht der freien Träger“, dass eine derartige Gesetzesänderung ohne Einbeziehung der Gremien in den Senat komme, sagte Bildungspolitiker Özcan Mutlu (Grüne) dem Tagesspiegel. Die Schulen machten „gute Arbeit“. Sie jetzt derart zu benachteiligen sei ein Skandal. Die grüne Fraktionschefin Ramona Pop befürchtet zudem, dass die soziale Entmischung verstärkt wird, wenn die Schulen keine Anschubfinanzierung mehr erhalten, da als Folge die Elternbeiträge steigen müssten.
Die Piraten gehen noch weiter. Sie fordern eine 100-Prozent-Finanzierung der freien Schulen von Anfang an. Ein entsprechender Gesetzesantrag seiner Fraktion sei bereits in Arbeit, berichtet der bildungspolitische Sprecher Martin Delius. „Die Stadt profitiert doch von der Vielfalt der freien Schulen. Deshalb muss genau das Gegenteil von dem passieren, was die Bildungsverwaltung gerade plant“, so Delius. Wie berichtet, will Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) die Regelung abschaffen, wonach neue Schulen von Anfang an Geld erhalten, falls sie sich unter das Dach eines bewährten Trägers begeben. An diesem Dienstag wird sich der Senat mit dem Thema beschäftigen.
Unterdessen mehren sich die Sorgen von kleinen Schulinitiativen, die von der bisherigen Regelung profitieren wollten. In Wedding etwa wollen zum nächsten Schuljahr eigentlich zwei private Sekundarschulen eröffnen, die das Ziel haben, Jugendliche aus schwierigem sozialen Umfeld zum Schulabschluss und frühzeitiger Berufsorientierung zu führen. Die neuen Schulen wollen ganz oder großteils ohne Elterngeld auskommen und setzen stattdessen auf Sponsoren und die Zusammenarbeit mit anerkannten Trägern. Doch das Projekt könne nur mit den bisherigen Landesmitteln funktionieren, sagte die Koordinatorin der „Freien Bürgerschule Wedding“. Ein Schuljahr koste rund 600 000 Euro. sve/svo
Meinungsseite
Ausfall von hausgemachten rot und grün
Noch hängen die Plakate, noch kämpfen die Parteien um jede Stimme, der Wahlkampfschlussspurt hat begonnen. Doch auch wenn viele Wähler noch unentschlossen sind, ist zwei Wochen vor der Wahl eine wichtige Vorentscheidung schon gefallen. Eine rot-grüne Bundesregierung wird es – wenn nicht noch ein politisches Wunder passiert – die kommenden vier Jahre nicht geben. Stattdessen werden sich die Deutschen daran gewöhnen müssen, dass nicht nur Angela Merkel Kanzlerin bleibt, sondern dass CDU, CSU und FDP auch zukünftig das Land regieren. Und wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht, dann steht die SPD für eine Große Koalition und für vier weitere Merkel-Jahre bereit.
Dass es zwischen Regierung und Opposition am 22. September dennoch ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben könnte, liegt an Angela Merkel, die plötzlich Fehler macht. Es liegt an der Unruhe an der CDU-Basis, sowie daran, dass niemand einschätzen kann, wie die eurokritische Partei AfD abschneidet. Und es liegt an der wiedererstarkten Linken. An der SPD und vor allem an den Grünen liegt es nicht.
Deutsche wollen Merkel, egal mit wem
Vor einem Jahr schien ein solches Szenario kurz vor der Wahl undenkbar. Damals lag Rot-Grün in allen Umfragen vor Schwarz-Gelb, die FDP rang um ihr politisches Überleben. Die Regierung war in der politischen Defensive; zwei Drittel der Deutschen waren Umfragen zufolge mit der Bundesregierung unzufrieden. Die rot-grüne Opposition gab sich siegesgewiss. Peer Steinbrück war bei den Deutschen beliebter als Angela Merkel. Gleichzeitig gewannen SPD und Grüne eine Landtagswahl nach der anderen. Zumindest in Ansätzen gab es unter den Wählern so etwas wie eine Wechselstimmung.Die ist verflogen. Die große Mehrheit der Deutschen will, dass Merkel weiterregiert; ob mit der FDP oder mit der SPD, das scheint für viele Wähler irgendwie egal.
Rot-Grün hingegen ist abgestürzt, bis zu 10 Prozentpunkte liegen beide Parteien in Umfragen mittlerweile hinter Union und FDP zurück. Nur 21 Prozent der Wähler wünschen sich nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap eine rot-grüne Bundesregierung. Das Bündnis ist damit unpopulärer als Schwarz-Gelb und die Große Koalition. Auch jeder zweite SPD-Wähler plädiert für eine Große Koalition.
Rot-Grün hat den Wahlsieg also bereits verspielt, denn Wunder sind in der Politik eher selten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die SPD hat sich lange vor allem mit sich selbst und ihrem kantigen Kandidaten beschäftigt, Steinbrücks Endspurt kommt zu spät. Viel zu spät versucht der SPD-Kanzlerkandidat zudem, nicht nur mit dem Thema soziale Gerechtigkeit, sondern auch mit seiner wirtschaftspolitischen Kompetenz zu punkten.
Die Grünen haben alles dafür getan, um sich als Steuererhöhungspartei jenseits ihrer Stammklientel unbeliebt zu machen und sie haben zugelassen, dass die Jahrhundert-Herausforderung Energiewende auf die Frage der Strompreise reduziert wird. Gemeinsam haben SPD und Grüne zudem die letzten Wochen darüber gejammert, wie gemein es ist, dass Merkel ihnen alle Themen klaut, dass sie die Wähler mit ihrem Wahlkampf einlullt und gar mit Aussitzen die „Demokratie gefährdet“.
Rot-Grün ignoriert das Thema Europa
Nur haben Sozialdemokraten und Grüne zugleich wenig getan, um verunsicherte bürgerliche Wähler und enttäuschte Anhänger von CDU, CSU und FDP zu umwerben. Nicht mal in Ansätzen haben SPD und Grüne versucht, im Wahlkampf mit verteilten Rollen zu spielen, um so unterschiedliche Wählergruppen anzusprechen. Das Thema Europa, das offenbar viele Wähler umtreibt, sparen sie völlig aus.Stattdessen wollten die Sozialdemokraten so ökologisch sein wie die Grünen. Die Grünen wollten sozialer und gerechter sein als die SPD. Nur warum beide Parteien unbedingt gemeinsam regieren wollen, das haben sie den Wählern in den letzten Monaten nicht erklären können. Als die Spitzen von SPD und Grünen in der vergangenen Woche in Berlin ihr „Signal für den Wechsel“ vorstellten, versprachen sie unter anderem gerechte Löhne, bezahlbare Wohnungen und schnelles Internet. Nur Lust auf Rot-Grün haben sie nicht gemacht. Von dem „Aufbruch“, den Peer Steinbrück sowie die grünen Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin verkündeten, war nichts zu spüren.
Dann lieber weiter Merkel, sagen sich offenbar viele Wähler.
In der Wahlforschung herrscht die Überzeugung vor, dass Wähler nicht die Opposition an die Macht, sondern die Regierung abwählen. Die Opposition hat demnach erst dann eine Chance, wenn die Wähler einer Regierung überdrüssig sind. Die letzten Monate jedoch haben gezeigt, dass die Wähler nicht nur einer Regierung ihr Vertrauen entziehen können, sondern auch einer Regierung im Wartestand. Und angesichts der absehbaren Niederlage von Rot-Grün werden schon jetzt Schuldzuweisungen verteilt. Nachdem die Grünen lange mit dem Finger auf die SPD gezeigt haben, folgt jetzt die sozialdemokratische Retourkutsche. Dabei ist das rot-grüne Versagen kollektiv.
Friday, August 23, 2013
Berlin, wie nie gebucht
Die Hauptstadt freut sich über eine Rekordzahl an Touristen, die hier viel Geld ausgeben – und will sie noch etwas mehr zur Kasse bitten. Ab Ende dieses Jahres, so plant Klaus Wowereit, sollen Privatbesucher einen Aufschlag von fünf Prozent auf Hotelkosten zahlen
Flughafen-Debakel, Finanznot in den Bezirken – unerfreuliche Konflikte für den Regierenden Bürgermeister. Am Freitagvormittag jedoch konnte sich Klaus Wowereit (SPD) mal wieder einem rundherum erfreulichen Thema widmen. „Der Berlin-Tourismus entwickelt sich prächtig“, verkündete er gut gelaunt anlässlich des 20-jährigen Bestehens der „Berlin Tourismus & Kongress GmbH“, kurz visit Berlin. Die Berlin-Werber hatten eingeladen, um ihre Aktivitäten und den kräftigen Aufwärtstrend bei den Besucherzahlen seit Gründung des Unternehmens zu dokumentieren. So hat sich die Zahl der Gäste von drei Millionen im Jahr 1993 auf geschätzte über elf Millionen bis Ende 2013 fast vervierfacht.
In den Jubelchor zu „Berlins Tourismus-Erfolgsgeschichte“ stimmte auch Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) ein. 2013 sei Berlin mit mehr als 26 Millionen erwarteten Übernachtungen von Touristen und Kongressgästen bis zum Jahresende so gut ausgebucht wie noch nie, teilte sie mit. Tourismus und das Kongressgeschäft sicherten inzwischen knapp 280 000 Arbeitsplätze. Alleine von Januar bis Juni stiegen die Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9,2 Prozent. Und die Zahl der Gäste nahm mit 5,3 Millionen um fünf Prozent zu. „Mit solchen Zuwächsen liegt Berlin europaweit an der Spitze, weit vor allen anderen Großstädten“, sagt Visit-Berlin-Chef Burkhard Kieker. Nur Paris und London haben unterm Strich noch mehr jährliche Touristenübernachtungen, an der Seine sind es 36 Millionen, an der Themse sogar 48 Millionen. Aber während die Zahlen dort stagnieren, arbeitet sich Berlin stetig vor.
Senat und visit Berlin rechnen mit einem jährlichen Wachstum von fünf Prozent, bis 2016 will man 30 Millionen Übernachtungen erreichen. Ein realistisches Ziel? Für Kieker „auf jeden Fall“. Er untermauert dies mit dem Zuwachs bei den Hotelbetten. 1993 gab es in Berlins Herbergen rund 36 000 Gästebetten, zurzeit sind es 130 000 – und bis 2016 sollen noch 20 000 Betten hinzukommen. Aktuell sind die Herbergen trotz des verschärften Wettbewerbes im Durchschnitt zu 53 Prozent ausgelastet, für Kieker ein „gutes Ergebnis“. Die Investoren im Hotelgewerbe gingen davon aus, „dass Berlin das Beste noch vor sich hat“. Kieker: „Schon jetzt gehören wir zu den vier wichtigsten Kongressstädten weltweit.“
Als die GmbH zur Tourismuswerbung vor 20 Jahren gegründet wurde, hieß sie noch „Berlin Tourismus Marketing“ (BTM). Weg vom angestaubten Fremdenverkehrsamt, hin zum professionellen Tourismusmarketing, lautete damals die Devise. Der Anfang war zäh, doch ab dem Jahr 2000 „kam alles dann so richtig in Fahrt“, blicken die Beteiligten zurück. Auch dank des von visit Berlin zusätzlich zusammengerufenen „Runden Tisches Tourismus“, an dem sich regelmäßig Vertreter vieler Branchen treffen, die von Berlins Gästen profitieren – vom Taxigewerbe über die Gastronomie bis zum Einzelhandel.
Dort wurden schon etliche geschäftsfördernde Ideen geboren. Zum Beispiel, Berlin als „Wintertraum“ zu verkaufen, mit romantischen Weihnachtsmärkten und Illuminationen. Seither sind die kalten, einst besucherschwachen Monate besser gebucht. Oder der „Bahn Hit Berlin“, wie ein ganz neues Angebot heißt. Wer drei Übernachtungen in der Hauptstadt bucht, bekommt die Hinfahrt per Bahn gratis dazu. Kieker: „Das Interesse daran nimmt rasant zu.“
Visit Berlin hat zurzeit rund 180 Mitarbeiter und wirtschaftet mit einem 16-Millionen-Jahresetat. Sieben Millionen kommen aus dem Landeshaushalt, den Rest verdient das öffentliche Unternehmen selbst, unter anderem durch den Verkauf der Berlin Tourismus Card oder seinen Buchungsservice für Hotels und Kulturveranstaltungen. Visit-Berlin-Botschafter bemühen sich weltweit, Kongresse nach Berlin zu holen, andere Experten sind derzeit gezielt in China, Brasilien, in Australien, Israel, Russland oder asiatischen Ländern im Einsatz, um dort Interesse an Berlin zu wecken. Erste Erfolge sind schon sichtbar (siehe Grafiken).
„Keine Stadt auf der Welt wird derzeit so gehypt. Die Sympathie für Berlin spürt man überall auf der Welt“, freute sich denn auch Klaus Wowereit anlässlich des Jubiläums. Berlin fasziniere als Stadt, „die sich von der DDR-Diktatur befreit und neu erfunden hat. Wo dies authentisch erfahrbar ist“.
Um die Touristenwerbung finanziell noch mehr zu unterstützen, will der Senat wie berichtet eine City-Tax einführen. Private Berlingäste sollen fünf Prozent auf den Hotelpreis zahlen. Man erhoffe sich jährliche Einnahmen von etwa 20 Millionen Euro, sagte Wowereit, die Hälfte davon solle dann in verschiedenste Projekte gesteckt werden, von Imagekampagnen bis zu neuen touristischen Leitsystemen. Derzeit wird die City Tax im Abgeordnetenhaus beraten. Wowereit erwartet, dass sie „spätestens Ende des Jahres kommt“.
DURCHSCHNITTSALTER
Bei den Gästen aus Deutschland, die derzeit 58,1 Prozent aller Berlinbesucher ausmachen, liegt das Durchschnittsalter bei knapp über 40 Jahren. „Viele gut situierte, bürgerliche Touristen aus anderen Bundesländern kommen hierher, weil sie die Berliner Kultur und Geschichte genießen wollen“, sagen die Tourismus-Werber. Insgesamt besuchten im ersten Halbjahr 2013 rund 3,4 Millionen Deutsche die Hauptstadt. Bei den ausländischen Gästen sinkt das Durchschnittsalter je nach Land teils stark ab, extrem vor allem bei Israelis. Bei der jungen Generation des Landes ist Berlin ausgesprochen populär. Nur zwanzig Jahre sind die israelischen Gäste im Durchschnitt alt.
ZWEI VON DREI KOMMEN WIEDER Täglich halten sich nach Angaben von visit Berlin 500 000 Besucher in Berlin auf. Davon sind rund 30 000 Übernachtungsgäste. Letztere könnten pro Tag in 580 Reisebussen oder 160 Flugzeugen anreisen. 60 Prozent aller Berlin-Besucher kommen nach ihrer ersten Visite später noch mindestens ein bis zwei Mal wieder. CS
Advisor: schlechte Ratschläge teuer
Unternehmensberater kassieren Millionen von angeschlagenen Firmen - und können das Scheitern oft trotzdem nicht verhindern. Rutscht das Unternehmen in die Insolvenz, droht die Rückzahlung der Honorare
„Firmen, die in Not sind, zahlen für Berater oft jeden Preis“, erzählt Michael Pluta. Der Anwalt, der die Insolvenz des Modelleisenbahnbauers Märklin verwaltete, berichtet von Exzessen in dem angeschlagenen Unternehmen. Die Stundensätze der US-Beratungsfirma hätten bei 450 bis 650 Euro gelegen, zeitweise seien bei Märklin bis zu acht Berater gleichzeitig im Haus gewesen.
„Einmal lag der Jahresverlust bei 13 Millionen Euro – und damit genau auf Höhe der Beraterhonorare“, erzählt Pluta. Erfolg hatten die Unternehmensberater bei Märklin nicht – 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an.Bei der Baumarktkette Praktiker, die im Juli Insolvenz anmeldete, sollen für die Beratungen mehrerer namhafter Gesellschaften seit 2011 insgesamt rund 80 Millionen Euro geflossen sein, berichtete das Wirtschaftsmagazin „Capital“ aus internen Dokumenten. Unter den Gesellschaften waren etwa die Boston Consulting Group (BCG), McKinsey, Roland Berger und Freshfields. „Wir waren bis Mitte 2011 bei Praktiker engagiert“, sagt McKinsey-Sprecher Kai Peter Rath. Die Höhe des Honorars will McKinsey nicht verraten. „Aber unser Anteil daran entspricht einem Bruchteil“, versichert Rath mit Blick auf die im Magazin genannten 80 Millionen Euro. Die Boston Consulting Group erklärte, man sei 2011 und 2012 im Unternehmen gewesen. „Wir haben Praktiker ein Sanierungskonzept vorgeschlagen, das unter anderem eine Effizienzsteigerung und eine Abkehr von der Billigstrategie beinhaltete“, sagt BCG-Partner Ralf Moldenhauer, der sich ebenfalls nicht zum Honorar äußern wollte. Roland Berger wollte keine Stellungnahme abgeben und verwies auf eine Verschwiegenheitserklärung.
Beraterkreisen zufolge soll der Löwenanteil der 80 Millionen Euro auf Rechtsberatung entfallen sein, etwa für die Kapitalerhöhung und die Prüfung von Verträgen. Allein BCG soll fünf Millionen Euro erhalten haben, berichtet ein Insider. Die Berater hätten versucht, Praktiker von der Billigstrategie abzubringen. Weil aber die Umsätze dadurch zunächst gesunken seien, habe das Management Panik bekommen und sei zu „20 Prozent auf alles“ zurückgekehrt.
Nach Ansicht des Berliner Insolvenzverwalters Christian Köhler-Ma sind die Honorare, die in der Branche gezahlt werden, in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. „Wir beobachten, dass die Beratervergütungen, besonders bei Restrukturierungen, sich im Ergebnis an der Unternehmensgröße orientieren“, sagt der Anwalt aus der Kanzlei Leonhardt. Es flössen dann Summen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich. Allerdings seien die Insolvenzfälle auch viel größer als noch vor der Jahrtausendwende. „Auch durch die Investitionen von ausländischen Geldgebern wie Hedgefonds gibt es jetzt öfter als früher Insolvenzen mit Unternehmensgrößen im Milliardenbereich“, meint Köhler-Ma. Dennoch: „Die Unternehmensberater müssen darauf achten, dass die Firmen durch die Dienstleistung nicht in Schieflage geraten“, meint Insolvenzverwalter Michael Pluta.
Fast immer würde die Zahlung der Beraterhonorare noch vor der Insolvenz geregelt, erklärt Köhler-Ma. „Denn nach der Insolvenz sind die Chance für die Gesellschaften, ihr Geld zu bekommen, sehr viel niedriger als etwa die der Mitarbeiter oder Lieferanten.“ Dennoch besteht ein Risiko, dass die Honorare wieder zurückgefordert werden. „Alles, was in den drei Monaten vor der Insolvenz passiert ist, wird eingehend vom Verwalter geprüft“, sagt Köhler-Ma. In diesem Zeitraum könne eine Anfechtung durchaus Erfolg haben. Dabei seien Honorare von Beratern, die gezielt für eine Sanierung geholt würden, leichter zurückzufordern als solche für reguläre Beratung. Ob eine Rückforderung auch bei Praktiker ansteht, wollte ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters der Kette am Donnerstag nicht sagen. „Wir sind derzeit dabei, das Geschäft zu stabilisieren.“ Alles, was vor der Insolvenz liege, werde zu einem späteren Zeitpunkt bewertet.
Steve Ballmer geht, steigt stock
Der Mitarbeiter mit der Nummer 30 war seit 1980 bei Microsoft. Doch bei der Einschätzung von iPhone und Tablet lag er gründlich daneben
Redmond/Berlin - Der Blick auf den aktuellen Börsenkurs seines Unternehmens dürfte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Freitag endgültig die Laune verdorben haben. Kaum hatte er seinen Rücktritt auf Raten verkündet, schoss die Aktie um sieben Prozent nach oben. Die Börsianer waren mehrheitlich wohl der Meinung, dass Microsoft die enormen Herausforderungen ohne seinen lautstarken Chefverkäufer besser meistern kann. Ballmer wird es kaum getröstet haben, dass dieser Kursgewinn sein persönliches Vermögen wegen seines dicken Aktienpakets um bis zu eine Milliarde Dollar gesteigert hat.
Nun aber brauche Microsoft einen Chef, der längere Zeit den Wandel zu einem Spezialisten für Geräte und Dienstleistungen begleiten werde, erklärte Ballmer. Damit bestätigte er den Umbruch, in dem Microsoft steckt: Das reine Software-Geschäft mit dem Betriebssystem Windows und Programmen wie Office reicht nicht mehr aus. Zudem hatte das neue Windows 8 bisher nicht den erhofften Erfolg. „Es gibt nie eine perfekte Zeit für einen solchen Übergang, aber jetzt ist die richtige Zeit“, erklärte Ballmer am Freitag seinen Rückzug. Bill Gates kündigte an, dass er bei der Suche nach einem Nachfolger helfen werde. Neben Gates hatte Ballmer einen entscheidenden Anteil am Erfolg, weil er rund um Microsoft ein komplettes System an Hardware-Partnern und Serviceunternehmen zum Blühen brachte. Ballmer verfügte allerdings nicht über das technologische Gespür, das andere Pioniere der Computerindustrie auszeichnete.
Legendär ist seine Fehleinschätzung des iPhones. Kurz nach der Präsentation des ersten Apple-Smartphones im Jahr 2007 machte sich Ballmer über das Produkt lustig und fragte das Publikum, wer wohl das „teuerste Telefon der Welt“ kaufen werde. Es dauerte Jahre, bis Ballmer Konsequenzen aus seinem Irrtum zog und die Entwicklung eines modernen Smartphone-Systems in Auftrag gab, das sich heute gegen die Konkurrenz von Google und Apple schwertut. Zwischendurch musste er mit den missratenen Produkten Zune (einem iPod-Konkurrenten) und Kin (ein Smartphone für Jugendliche) weitere Nackenschläge hinnehmen.
Ballmer wollte zunächst auch nicht wahrhaben, dass immer mehr Menschen einen Tablet-Computer wie das iPad statt eines traditionellen PC verwenden werden. „Die Menschen werden mehr und mehr PC verwenden. Das wird für viele Jahre gelten, die vor uns liegen“, sagte er noch im Juni 2010. Tatsächlich geht der PC-Absatz zurück. Microsoft spielt zwar inzwischen mit dem Tablet-Computer Surface und dem neuen Windows-System auch in dem neuen Marktsegment mit,der Erfolg ist indes bescheiden.
In der Branche wird mit Respekt zur Kenntnis genommen, dass Ballmer in dieser Phase den Weg für einen Neuanfang frei macht. Allerdings wird die Suche nach einem Nachfolger nicht einfach werden. Die Riege der Stars aus der zweiten Reihe bei Microsoft hat sich gelichtet: Chef-Softwarearchitekt Ray Ozzie verließ 2010 das Unternehmen, Windows-Chef Steve Sinofsky warf im vergangenen November das Handtuch. Unter den Microsoft-Managern ist derzeit Tony Bates der Favorit für die Ballmer-Nachfolge. Der ehemalige Chef des Online-Telefondienstes Skype ist auch für die Businessabteilung bei Microsoft zuständig und gilt als Internetexperte. (dpa)
Monday, August 19, 2013
Junge Menschen wollen Bio
Deutsche Öko-Bauern können die Nachfrage nach ihren Produkten nicht decken. Vor allem die Unter-30-Jährigen kaufen Bio. Die Unternehmen kämpfen um Fördergelder.
Berlin - Nicole Kidman tut es, ihre Kollegin Gwyneth Paltrow auch. Beide Hollywood-Größen ernähren sich vor allem von Bio-Kost. Doch nicht nur in der weiten Welt der Reichen und der Schönen ist „Bio“ in, auch deutsche Normalverbraucher greifen gern ins Bio-Regal. 74 Prozent kaufen zumindest gelegentlich Bio-Ware, hat eine am Montag veröffentlichte Studie des Bundesagrarministeriums ergeben. „Bio liegt weiter voll im Trend“, sagte Ministerin Ilse Aigner (CSU).
Dafür sorgen vor allem die Jungen. 23 Prozent der Unter-30-Jährigen kaufen häufig Bio – im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von neun Prozentpunkten. Dagegen nimmt das Interesse der Älteren an Bio-Waren ab.
Hatten im vergangenen Jahr noch 26 Prozent aller Befragten zwischen 50 und 59 erklärt, ausschließlich oder häufig Bio-Produkte in ihren Einkaufskorb zu legen, sind es heute nur noch 19 Prozent. Der Anteil der Bio-Kostverächter ist unter den 50- bis 59-Jährigen sogar um neun Prozentpunkte gestiegen. Unterm Strich fällt das aber nicht groß ins Gewicht. Über alle Altersgruppen hinweg machen derzeit nämlich nur 26 Prozent kategorisch einen Bogen um Bio-Lebensmittel. Die große Mehrheit greift dagegen vor allem bei Obst, Gemüse und Eiern zur Bio-Ware. Bio komme eher aus der Region, enthalte weniger Schadstoffe und den Tieren geht es besser, glauben die Verbraucher.
Aigner sieht die Ergebnisse des „Ökobarometers“ auch als Erfolg ihrer Politik. Sie versprach am Montag eine bessere Förderung des Ökolandbaus, damit dieser die Nachfrage der Kunden noch besser bedienen könne. Bislang gelingt das nämlich nur zum Teil. „In den letzten zehn Jahren hat sich der Öko-Lebensmittelmarkt verdreifacht, die Öko-Flächen haben sich in dieser Zeit aber nur verdoppelt“, sagte Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), dem Tagesspiegel. In Deutschland wird Bio auf gut einer Million Hektar angebaut, gemessen an allen Agrarflächen sind das gerade einmal sechs Prozent.
Für viele Landwirte lohne sich der Bio-Anbau nicht, kritisiert Löwenstein. Das liege zum einen an der Energiepolitik: „Wer Mais in der Biogasanlage zu Energie vergärt, kann pro Hektar damit 2000 Euro verdienen“, sagt der Bio-Lobbyist. Der ökologische Anbau von Mais bringe dagegen nur 190 Euro pro Hektar.
Die Bio-Bauern befürchten, dass sich ihre Lage aber bald noch verschlechtert. Denn 2014 tritt die Reform der europäischen Agrarpolitik in Kraft. Die Öko-Landwirte sehen sich als Verlierer. Denn um Geld zu sparen, wird an allen Ecken gekürzt. So werden die Direktzahlungen, die alle Bauern aus dem Brüsseler Agrartopf bekommen, von 2014 bis 2020 um 7,7 Prozent gesenkt, die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen („zweite Säule“) aber sogar um gut neun Prozent. Von dieser zweiten Säule profitiert vor allem der Öko-Landbau, den die Kürzungen daher besonders hart treffen.
Mit jährlichen Mindereinnahmen von 500 Millionen Euro rechnet Löwenstein für die deutschen Bio-Bauern allein wegen der Streichungen in der zweiten Säule. Daher soll Aigner einen Teil der Subventionen vom ersten in den zweiten Topf umschichten, fordert der BÖLW. 15 Prozent will Brüssel erlauben. Am kommenden Mittwoch und Donnerstag beraten die Agrarminister von Bund und Ländern. Doch Aigner hat schon klargemacht, dass sie von solchen Umverteilungen nichts hält: Sie will stattdessen mit Sonderzahlungen alle kleinen Betriebe fördern und mit Ausgleichszulagen für Grünland auch konventionelle Landwirte dazu bewegen, mehr für die Umwelt zu tun, heißt es im Ministerium.
Sport ist ein Geschäft - auch in einer Bar in der Ecke
Es geht wieder ein Juchzen durch Deutschland. Die Fußball-Bundesliga ist in ihre 51. Saison gestartet, und auch Hertha BSC will mit attraktivem Offensivfußball nicht wieder absteigen müssen. Wer nicht ins Olympiastadion geht oder zum Auswärtsspiel fährt, der möchte wenigstens via Pay- TV-Sender Sky hautnah dabei sein.
Das Leben als Fan erfüllt sich für viele Anhänger in der Gemeinschaft. Die Kneipiers haben das längst erkannt und haben über ihre Theken XXL-Fernseher aufgehängt. Dort zeigt Sky die Bundesliga exklusiv, live und in Farbe.
Wie schön, wie grausam. Sky hat die Abopreise für die Kneipenwirte deutlich, die Betroffenen sagen: drastisch erhöht.
Sky zahlt für das Recht auf Exklusivübertragung in dieser Saison sagenhafte 486 Millionen Euro an die Deutsche Fußball-Liga, fast das Doppelte der vergangenen Spielzeit. Insgesamt steigerte die Profiliga die Erlöse aus den verkauften Medienrechten von 412 auf 628 Millionen Euro. Der Löwenanteil kommt vom Fernsehen, kommt vom Bezahlsender Sky.
Mit diesem TV-Geld und für dieses TV-Geld laufen Ball und Spieler. Nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus Erwerbssinn. Die Fußball-Bundesliga ist eine kommerzielle Veranstaltung, die aus allen Ecken und Enden ihre Einnahmen zieht. Die Fernsehsender sind in diesen Kreislauf ebenso eingebunden wie der Fan und der Kneipier. Viele zahlen in die Portemonnaies weniger.
Wenn die Wirte klagen, dann klagen sie über ihren Vertragspartner Sky. Der muss aber selber sehen, wie er die von seinem Rechtepartner DFL aufgerufenen Preise refinanziert. Die Vermarktungsgemeinschaft und damit die Vereine der Bundesligen sind die Preistreiber. Das übersieht der Fan an der Theke gerne, denn sein Herz (sein Hirn?) hängt an den Vereinen.
Die neue, übersteigerte Einnahmekultur legt die Organisation der Bundesliga offen. Ein toller Motor, der nur prächtig läuft, wenn auch das Benzin toll ist. Die Spritpreise (!) sind immer ein Ärgernis, die Alternative – Verzicht auf oder Abstriche beim Fußball – ist keine. Wäre auch widersinnig: Die geile Liga muss jetzt megageil werden.
Es hat etwas Rührend-Verständliches, wie der Sport mit einer Wohlfühloase verwechselt wird. Bitte kein Kommerz, keine Homophobie, kein Doping, keine Politik, keine Wetten. Ein Spiel nach den Regeln von gut, schön, wahr. Das mag noch beim Sportabzeichen funktionieren, bei der durchkapitalisierten Variante reimt sich Leistung auf Geld. Kommerzielle Unterhaltung – nichts dagegen – mit den Begleiterscheinungen von Politik, Doping etc. Nie war Sport grausamer, ehrlicher, faszinierender.
Kein Umstand macht vor der Fußballkneipe kehrt. An der Theke „Zum gemütlichen Dicken“ geht es niemals zu wie im Teletubby-Land. Aufgewacht, Kneipiers und Hertha-Fans: Ehe der Kommerzsport seine tragenden Eckpfeiler zum Einstürzen bringt, wird der Zapfhahn trocken – und der Ball eckig.
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