Vom Auswärtigen Amt ins Rote Rathaus: Dieter Lamlé leitet die Auslandsabteilung der Senatskanzlei Mit Weltläufigkeit wirbt er für die Weltstadt – und hat dabei einen weißen Fleck auf der Landkarte entdeckt.
Geboren wurde er in Südafrika. Zur Schule gegangen ist er in Peru. Das Abitur machte er im Iran, und seine Frau, eine gebürtige Rheinländerin, lernte er in Ruanda kennen. Berlins neuer Protokollchef, Dieter Lamlé, ist eine Leihgabe des Auswärtigen Amts und ein echter Weltbürger. Er selbst nennt das freilich ganz bescheiden „Amtskind“. Denn schon sein Vater war beim Auswärtigen Amt, und da die dort Beschäftigten alle drei bis vier Jahre versetzt werden, ist er als Kind und Jugendlicher eben viel herumgekommen. Nach dem Jurastudium in Regensburg beschloss er, selber Diplomat zu werden. Ruanda war die erste Station. Seine spätere Frau Ulrike war als Ärztin für ein Familienplanungsprojekt dort unterwegs.
„Irgendwann haben wir beschlossen, unser eigenes Familienprojekt zu gründen.“
Das Ergebnis ist in Gestalt einer Fotocollage in seinem Amtszimmer im Berliner Rathaus zu bewundern. Unter der Überschrift „Papi, du bist der Beste“ strahlen da zwei Jungen und zwei Mädchen ins Zimmer. Die Zwillinge sind 17 Jahre alt und gehen noch zur Schule. Der 21-Jährige Sohn jobbt in Kolumbien, und die 20-Jährige Tochter studiert in Rumänien Medizin. Unterwegs zu sein gehört zur Familienkultur.
Auch beim Auswärtigen Amt gibt es Mitarbeiter, die lieber in Berlin sind, weil die Frauen arbeiten oder die Kinder hier zur Schule gehen. In seiner Familie galt immer die Parole: Gern weit weg, und gern Entwicklungsländer. In den 90ern war er in Indonesien stationiert, über die Jahrtausendwende bei den Vereinten Nationen in New York. Und von 2004 bis 2008 in Lima, seiner Herzensheimat Peru. Nach seiner Rückkehr nach Berlin war er im Menschenrechtsreferat tätig, war Leiter des persönlichen Büros des Staatssekretärs und in der Personalabteilung zuständig für den Höheren Dienst. „Da entscheidet man über Schicksale“. Zwar geht es nach dem Prinzip der Freiwilligkeit, aber weniger beliebte Posten in Afghanistan und im Irak, in Kasachstan oder in der Ukraine müssen eben auch besetzt werden.
Dass er so viele Botschafter auf ihre Posten gebracht hat, kommt ihm nun sehr zugute. Der 52-Jährige ist schließlich nicht nur Chef des Protokolls, sondern auch Leiter der Auslandsabteilung. Insgesamt hat er 25 Mitarbeiter. Wenn er also einen Besuch für den Regierenden Bürgermeister vorbereiten muss oder es Gäste zu empfangen gilt und er Informationen braucht, kann er in alle Welt telefonieren und ziemlich sicher sein, dass er ganz schnell durchdringt zum jeweiligen Botschafter. Gerade bei einer international sehr gefragten Stadt wie Berlin ist das wichtig. „Hier will wirklich jeder herkommen, umgekehrt erhält der Regierende Bürgermeister auch sehr viele Einladungen in alle Welt.“ Die Sogwirkung der Stadt hat ihn seit seinem Amtsantritt im September zunehmend fasziniert. Weltweit gebe es 118 Städte, die Berlin heißen, sagt er, zwei davon auch in Peru. Berlin, Deutschland, ist für ihn die spannendste Stadt, wegen der vielen Facetten. Das war einer der Gründe, weshalb er glücklich war über „die kürzeste Versetzung“, die das Auswärtige Amt zu bieten hat. Von dort sind es ja nur ein paar hundert Meter bis zum Roten Rathaus. Einen der entfernteren Posten, Australien, hat er bereits für eine Städtepartnerschaft im Visier. Auf der großen Weltkarte, die Berlins 18 Städtepartnerschaften markiert, leuchtet da nämlich noch kein Namensschild. Wie intensiv der Austausch ist, das hängt immer auch vom Interesse des jeweiligen Bürgermeisters ab.
Erst mal bereitet er für Anfang Februar eine Reise auf die arabische Halbinsel vor. Da geht es natürlich auch um Wirtschaftsbeziehungen, darum, die richtigen Leute zu treffen. Bevor etwa in Katar Fußball gespielt wird, muss noch einiges gebaut werden. Wie bei großen Staatsbesuchen, muss auch bei solchen Reisen jeder Schritt geplant werden. Und nicht nur bei solchen. Selbst wenn es nur darum geht, den Bürgermeister von Zagreb zum Gendarmenmarkt zu führen, muss vorher feststehen, wo die Autos parken und wo genau man langgeht. Lamlé ist froh, dass der Regierende Bürgermeister so flexibel ist und offen auch für ungewöhnliche Vorschläge für Orte, die man den Gästen zeigen kann. Allerdings erwartet er auch, dass man immer wieder etwas Neues ausprobiert, zum Beispiel nicht immer dasselbe Catering nimmt für Veranstaltungen.
„Think big, kleiner wird’s von allein“, diesen Satz gibt der Protokollchef seinen Mitarbeitern gern mit ins Brainstorming. Er hat verschiedene Leitsätze, einer davon sagt, dass es wichtig ist, die Herzen von Besuchern zu erreichen. Wie man das macht? Zum Beispiel, indem man Besucher aus Asien in Elektroautos über die alte Startbahn des Flughafens Tempelhof fahren lässt. Das macht Spaß und vermittelt gleichzeitig ein Gefühl für Berliner Stadtgeschichte und Mobilität. „Wir müssen gut rüberkommen und den Gast da abholen, wo er ist“, sagt er.
In den Sommerferien geht er mit der Familie regelmäßig privat auf Reisen, eine Mischung zwischen Rucksackabenteuer und Bildungsreise. Zuletzt waren sie in Ägypten, Israel und Jordanien, letztes Jahr haben sie in Indonesien die alte Nanny wiedergetroffen. Manchmal haben sie miteinander schon über Heimat gesprochen. „Heimat ist da, wo wir sind“, war immer die Maxime der Familie, die so oft den Wohnort gewechselt hat. Berlin hat nun gute Chancen, für Dieter Lamlé noch mehr zur Heimat zu werden. Als Protokollchef lernt er die Stadt schließlich so gut kennen, wie kaum einer. Insofern war es für ihn „nur konsequent, diese Aufgabe zu übernehmen“.
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