Sunday, November 18, 2012

Senat bleibt: die Abschaffung der Gaslampen

Am Samstag haben etwa 250 Bürger für den Erhalt der Berliner Gaslaternen demonstriert. Doch die Kundgebung hat nichts geändert: Berlins Laternen werden elektrifiziert. Gnadenlos. Das spart Geld – und man sieht’s gar nicht.
Sie hängen schwarze Schleifen an die Peitschenmasten, auf jeder steht: „Verlass uns nicht!“ Sie argumentieren mit glühender Leidenschaft gegen den „Totalabriss des Kulturgutes Gasbeleuchtung in Berlin“, halten Transparente hoch für ihre „Gaslaternen mit Seele“. Am späten Samstagnachmittag schließt sich die Menschenkette rund ums Amtsgericht Charlottenburg. Etwa 250 meist ältere Bürger im Kiez an der Charlottenburger Kantstraße sind zufrieden, ihre Demonstration gegen die bevorstehende stadtweite Umrüstung der Gasbeleuchtung auf elektrischen Betrieb ist geglückt.

Doch auch der Senat ging zum Wochenende im Laternenstreit in die Offensive. Umweltstaatssekretär Christian Gaebler entgegnete den Protestlern, der Strombetrieb spare „massiv Kosten und Energie“ und verbessere „ganz erheblich“ die Umweltbilanz. Gaebler: „Bei den Gasreihenleuchten, deren Peitschenmasten meist an Hauptstraßen stehen, sind die Bauaufträge schon alle erteilt. Sie erhalten durchweg Leuchtstoffröhren.“ Die historischen Gasaufsatzleuchten in vielen Nebenstraßen, an denen das Kiezgefühl besonders entflammt, würden dagegen meist erst ab 2016 umgerüstet. Aber dann so, versichert der Staatssekretär, dass man dies anschließend gar nicht wahrnehme. „Ihr Äußeres bleibt erhalten und ebenso der warme Lichtton der vorherigen Gasbeleuchtung.“ Das sollen Leuchtdioden (LED) ermöglichen, die man dort statt der Leuchtstoffröhren einbauen will.
Um zu beweisen, dass dies keine leeren Versprechungen sind, lud der Staatssekretär am Freitagabend nach Einbruch der Dunkelheit Medienvertreter in die Falckensteinstraße am Schlesischen Tor in Kreuzberg ein. Dort betreibt seine Behörde seit einigen Wochen ein Pilotprojekt, das auch die letzten Zweifler überzeugen soll. Im Abschnitt zwischen Schlesischer und Wrangelstraße kann man an fünf Stellen jeweils gegenüberstehend zwei Aufsatzleuchten mit den historischen, gusseisernen Bündelpfeilermasten begutachten. Jedes dieser Paare ist ein Testobjekt: Auf der einen Straßenseite wird die Lampe wie bisher mit Gas befeuert, auf der anderen bereits mit Leuchtdioden (LED).

Christian Gaebler bleibt gleich vorne an der Einmündung der Falckenstein- in die Schlesische Straße stehen. Dann weist er auf die beiden dort aufragenden Eisenmasten mit den Laternenhauben und darunter angebrachten gläsernen Leuchtglocken. Es sind die klassischen Berliner Leuchten, die als besonders kiezprägend empfunden werden und vielen Bürgern vorrangig am Herzen liegen. „Quizfrage“, sagt Gaebler, „welche dieser beiden Laternen wird weiterhin mit Gas und welche mit Strom betrieben?“ Stille, niemand wagt eine Antwort, dann tippen einige – aber tatsächlich ist kein Unterschied zu erkennen. Beide Lampen verströmen ein sanftes, warmes Licht, wie man es von der Gasbeleuchtung gewohnt ist.

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