Wednesday, June 26, 2013

Der Preis von Benzin Anwendungen kommen im Sommer

Wer in diesem Sommer erst spät in den Urlaub fährt, kann beim Spritpreis schon besser vergleichen. Das Bundeskartellamt erfasst die über 14.000 deutschen Tankstellen.


Autofahrer in Deutschland sollen das neue Informationssystem für Spritpreise in Echtzeit noch vor dem Ende der Hauptreisezeit im Sommer nutzen können. „Wenn hier alle an einem Strang ziehen, gehe ich davon aus, dass die Autofahrer noch in diesem Sommer die ersten Preisdaten abrufen können“, erklärte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, am Mittwoch in Bonn.
Die Erfassung der einzelnen Tankstellen durch die Marktransparenzstelle Kraftstoffe werde in Kürze beginnen. Ab Mitte Juli könnten dann Dienstleister ihre Zulassung beantragen, die die Preisinformationen den Verbrauchern beispielsweise über Apps zur Verfügung stellen.
Nach Einschätzung von Mundt wird es vom Start weg eine breite Palette an Dienstleistern geben, die diese Daten den Autofahrern zur Verfügung stellen. Das könnten unter anderem Automobilclubs, junge Unternehmen oder auch Regionalzeitungen sein, die diesen Preisservice auf ihrer Homepage integrieren wollen. Mundt geht von vielen kostenlosen Angeboten für die Autofahrer aus, die werbefinanziert sein könnten.

Das neue Informationssystem dürfte auch bei den Autofahrern auf sehr großes Interesse stoßen. Beispielsweise bei Autobahnfahrten könnten Infos über deutlich günstigeres Benzin an nur wenigen hundert Meter entfernten Tankstellen von Nutzen sein. (dpa)

Ein Land feiert das 16-jährige Held

Vom gut aussehenden Musterschüler mit Auszeichnung zum Märtyrer und Staatsfeind. Warum der 16-jähriger Ägypter Gaber Salah - alias Gika - sterben musste. Und warum er auch nach seinem Tod den Muslimbrüdern gefährlich werden könnte.


Giiiii-Kaaa, Giiiii-Kaaa! Es ist wie Musik, aber kein Song. Eher eine Hymne. Eine wie aus dem Stadion. Zwei Silben, langgezogen. „Giiiii- Kaaa, Giiiii-Kaaa, Ohhhh Giiiii-Kaaa“ dröhnt es durch die Winkel der Mohammed Mahmut Street, den Polizisten entgegen. Bevor das Tränengas kommt. Bevor die Steine fliegen. Für einen Moment meint man dann: Gleich taucht er auf, die Arme ausgestreckt wie beim Torjubel. Aber er wird nicht kommen. Denn Gika ist tot.
Kairo, ein heißer Tag im Juni. Ein Junge mit einem Pferdeschwanz läuft eine Straße entlang. Er summt das Lied. Zwei Silben. Die Straße ist ziemlich bunt. Graffiti in wilden

Vor einem der Bilder hält der Junge an. Er sagt: „Du willst sehen, wie die Revolution heute aussieht, dann schau in dieses Gesicht.“ Das Graffito, auf das Mina Zaki zeigt, hat in Ägypten Karriere gemacht. Im ganzen Land wurde es mittlerweile kopiert. In Kairo an jeder Straßenecke, aber auch in Suez, in Port Said, in Alexandria.

Das Revier der ägyptischen Revolutionäre

Das Bild zeigt einen jungen Mann, den Afrolockenkopf in den Nacken gekippt, den Mund zum Singen weit aufgerissen. Mächtig wütend sieht er aus, die Arme ausgebreitet, als würde er gleich davonfliegen. Es ist so ein Bild, das einen nicht mehr loslässt. Vier Buchstaben stehen daneben: Gika. Wer war Gika?
Die Mohammed Mahmut Street ist nicht bloß eine Straße. So wie der Tahrir nicht mehr bloß ein Platz ist. Sie ist eine Wutbürgerstraße, Protestgalerie. Hier liefern sich Demonstranten und Sicherheitskräfte nach wie vor Straßenschlachten. Es ist das Revier der jungen Revolutionäre. Ein buntes Fantasia, dessen Bilder vom Spott für Mursis miefigen Gottesstaat erzählen und von den gefallenen Helden der Revolution. Hier hat der Junge mit dem Lockenkopf gemalt. Gikaland.
Mina, 21, erinnert mit seinem Flusenbart und dem zotteligen Pferdeschwanz an einen der verlorenen Jungs bei Peter Pan. Mina sagt: „Die Jungen haben die Revolution gemacht, die Alten haben sie uns geklaut.“ Er holt Luft. Dann erzählt er von Gaber Salah, den alle nur Gika nannten. Von ihrer gemeinsamen Jugend in den Straßen von Downtown. Von seinem Freund, der nach der Schule arbeiten ging, freiwillig, um die Familie zu unterstützen, und der bei den Demonstrationen immer in der ersten Reihe stand. Mina sagt: „Gika hat alle in seinen Bann gezogen.“ Manchmal muss Mina beim Erzählen innehalten, aufpassen, dass die Tränen nicht übers Gesicht fließen. Es ist alles noch ziemlich frisch.

Von Gikas Bild aus kann man bis zum Tahrir-Platz blicken, der am Ende der Straße in der Sonne liegt. Diesen Ort hat sich Gika selbst ausgesucht, sagt Mina. Alle hätten so einen Ort, falls etwas passiert. Er wollte bei Osam Ahmet sein, ein Bild weiter. Einem Freund, der vor einem Jahr von Schlägertrupps vor dem Justizministerium getötet wurde. Gika hatte ihn auf den Schultern aus der Menge getragen, 16 Jahre alt war Gika an diesem Tag.
Wer sich auf die Suche nach einem toten 16-Jährigen macht, den alle einen Helden nennen, der steckt in einem Dilemma. Weil man im Kopf alles zu relativieren beginnt. Jaja. Heldengeschichten. Aber was ist, wenn der Junge genau so war, wie sie erzählen? Was ist das überhaupt, ein Held?
Am 26. November 2012 drohte die Mohammad Mahmut Street aus allen Nähten zu platzen. Es war eine Prozession wie für einen Rockstar, mehrere tausend Menschen auf den Straßen. Der Trauerzug für Gika führte von der Omar-Makram-Moschee auf dem Tahrir quer durch die Innenstadt. Al Dschasira und CNN berichteten. Die Nachricht ging so: Ein Jugendlicher, gläubiger Moslem, einst Anhänger der Muslimbrüder, auf einer Demonstration gegen Mursis Verfassungsdekret erschossen. Ohne ersichtlichen Grund.

Gika war der erste politische Tote unter Mursi

Natürlich hatte Ägypten schon viele Tote gesehen. Aber dieser Junge war der erste politische Tote unter Mursi. Und nicht nur das: Er war genau so, wie sich Ägypten einen unschuldigen Helden vorstellt. Gutaussehend, Musterschüler mit Auszeichnung, stadtbekannter Star der Jugendbewegung. Gika war so perfekt, dass sich die staatlichen Vertreter nicht trauten, ihn als Krawallmacher, Banditen und Verbrecher zu beschimpfen. Plötzlich kannte ein ganzes Land seinen Namen, Schriftsteller verfassten Gedichte über ihn, Facebookgruppen schossen wie Pilze aus dem Boden. In diesem Jungen, so schien es, hatte das neue Regime das letzte bisschen Unschuld erschossen.
Vor die Sonne haben sich jetzt speckige Wolken geschoben, Mina schnippt den Rest seiner dritten Zigarette auf den Boden. Langsam Zeit aufzubrechen, Richtung Hauptquartier. Dort soll der Junge sein, der dabei war, als die Schüsse fielen. Und auch um diese andere Sache soll es gehen. Gikas letzten Streich. Mina zwinkert verschwörerisch.
Wer mit Mina durch die Straßen von Kairo läuft, der muss oft anhalten. Hände schütteln, bärtige Wangen küssen. Denn auch Mina ist eine kleine Berühmtheit. Wie Gika gehört er zur Bewegung des 6. April, der einflussreichsten Gruppe der jungen Revolutionäre. Mina ist ein Vollzeitrevolutionär, sein Studium liegt brach. 16 Mal haben sie ihn schon ins Gefängnis gesteckt, geprügelt, bedroht. Beim letzten Mal, im September 2012, versammelten sich über tausend Demonstranten vor der Polizeistation in Kairo. Das Fernsehen war da, es stand in allen Zeitungen. Er habe in seinem Leben immer Angst gehabt, sagt Mina. Dann kam die Revolution, und irgendwie war die Angst plötzlich verschwunden.

Die größte Unterschriftensammlung Ägyptens

Hauptquartier. Um die Tische hat sich heute eine ganze Reihe unterschiedlicher Oppositionsvertreter versammelt. Die Sache, von der alle reden, heißt Tamerod. Rebellion. Nach viel Zankerei haben sich die zersplitterten Parteien für die größte Unterschriftensammlung in der Geschichte Ägyptens zusammengerauft. 15 Millionen Namen will man bis zum 30. Juni gegen Mursi gesammelt haben. Es sieht gut aus. Nach eigenen Angaben waren es Mitte Juni bereits über zehn Millionen. Die Abgabe beim Obersten Gericht soll dann der Auftakt für die größte Demonstration überhaupt in Ägypten werden. „Ein zweiter Frühling“, so sagen sie. Der Ort ist noch geheim, aber vieles deutet auf den Präsidentenpalast hin. Schwerer abzuriegeln als der Tahrir.
„Mursi ist nervös, es wird Gegendemonstrationen geben. Aber danach wird das Land nicht mehr dasselbe sein“, glaubt Mohamed Ismail von der ägyptischen Verfassungspartei. Er ist einer der Kommunikationsberater von Mohammed el Baradei und das Bindeglied zwischen dem berühmten Politiker und den jungen Revolutionären. Ziel sei ein friedlicher Protest, sagt Ismail. Aber so recht mag er daran nicht glauben. „Es wird Blut fließen“, sagen die meisten.

Monday, June 10, 2013

De Maizière muss vor dem Ausschuss zu erscheinen

Viele Fragen beim Scheitern des Euro-Hawk-Projektes sind noch offen: Nun soll sich ein Untersuchungsausschuss mit dem „Euro Hawk“ beschäftigen. Thomas de Maizière bleibt weiterhin in der Verteidigung.


Stefan Paris steht am Geländer im dritten Stock des Paul-Löbe-Hauses und blickt angestrengt nach unten. Der Sprecher von Thomas de Maizière hat unruhige Tage hinter sich, dieser Montag ist auch nicht angenehm. Ein Stockwerk tiefer steht der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold vor einem Halbkreis von Kameras. Vier Stunden lang hat der Verteidigungsausschuss den Verteidigungsminister erneut zur Pleite-Drohne „Euro Hawk“ befragt.
Arnold zieht vorläufige Bilanz. „Die Rechtfertigungsstrategie des Ministers aus der letzten Woche ist wie eine Seifenblase geplatzt“, sagt der Sozialdemokrat.
Ein Stockwerk höher wendet sich Paris ab und geht. Er scheint für heute genug gehört zu haben.
Das unterscheidet ihn von der Opposition. SPD, Grüne und Linke fühlen sich verschaukelt. Vorige Woche hat de Maizière hier im Saal 2.700 vorgetragen, wie er die Geschichte des „Euro Hawk“ und den Entscheidungsweg zum Stopp der Aufklärungsdrohne sieht. Danach gingen alle mit dem Eindruck nach Hause, der Christdemokrat habe von den ernsten Problemen nie erfahren, die das kosten- und zukunftsträchtige Projekt spätestens seit 2011 gefährdeten. Erst am 13. Mai dieses Jahres, so de Maizières Darstellung, kam aus heiterem Himmel eine Vorlage auf seinen Tisch, in der seine Staatssekretäre ihn nachträglich über das Aus für die Drohne informierten.

Thomas De Maizière soll schon früher über das Scheitern im Bilde gewesen sein

Diesen Eindruck, der das Amtszimmer des Wahl-Dresdners de Maizière als ein ganz spezielles Tal der Ahnungslosen erscheinen ließ, war so atemberaubend wie falsch. Tatsächlich hat der Minister schon vor jenem ominösen 13. Mai mindestens läuten gehört, dass es mit dem Projekt „Euro Hawk“ zu Ende geht; er hat darüber ja freimütig sechs Tage vorher beim „Donau-Kurier“ geplaudert.


Seit Ende letzter Woche hat sich die Sprachregelung denn auch verändert: Gewiss, de Maizière habe zwischendurch bereits von Problemen gehört. Aber die seien immer als „lösbare“ erschienen. Dass sie unlösbar waren – das habe er erst am 13. Mai erfahren.
Der Minister bekräftigt das, als er nach der Ausschusssitzung am Montag erneut vor die Presse geht: nein, keine Kenntnis vor dem 13. Mai. „Mir liegt es fern, irgendjemanden im Parlament oder in der Öffentlichkeit hinter die Fichte zu führen“, versichert er. Er will nicht als Trickser dastehen, der mit Wortklaubereien ein Bild entstehen ließ, das ohne diese Wortklaubereien eine glatte Lüge wäre.
Aber das Misstrauen ist geweckt, und jetzt klauben alle seine Worte. Ob er wirklich nie vorher von „unlösbar“ gehört habe, auch nicht gesprächsweise von seinem Staatssekretär Stéphane Beemelmans? De Maizières Stimme wird scharf: „Was ich mit meinen Staatssekretären bespreche, das mache ich hier nicht zum Gegenstand einer Bundespressekonferenz.“

So ungefähr ist es in den vier Stunden davor im Ausschuss auch zugegangen. Die SPD hat sich dort auf einen Punkt konzentriert, an dem sie den Wortklauber hofft fassen zu können. Am 10. Dezember 2012 war de Maizière zu einem Gespräch bei dem europäischen Hersteller der Aufklärungstechnik der Drohne, der EADS-Tochter Cassidian. Zur Vorbereitung gab ihm seine Rüstungsabteilung einen Vermerk über den Stand der Dinge mit. Dass es diesen Vermerk gab, mussten de Maizière und seine Mitarbeiter bestätigen. Was drinstand, wollten sie nicht sagen. Und ob sie dem Ausschuss das Papier zur Verfügung stellen – das, sagt de Maizière, wolle er erst prüfen.

Opposition vermutet Verzögerungs-Taktik von Thomas de Maizière

Der Minister nennt für das Zögern prinzipielle Gründe – es gehe um die generelle Frage, ob solche Vermerke unter den Kontrollauftrag des Parlaments fallen. Die Opposition argwöhnt hingegen sehr konkrete Gründe. Wenn in diesem Vermerk nämlich klar und deutlich zu lesen wäre, dass das Projekt scheitern wird, dann hätten sie ihn. Ein halbes Jahr früher Bescheid gewusst als bisher gesagt – das wäre das politische Todesurteil.

De Maizière versucht den putativen Sprengsatz beiläufig zu entschärfen. Vor dem 13. Mai, „zum Beispiel auch bei Industriebesprechungen“, seien ihm Probleme stets als lösbar geschildert worden. Ansonsten würde er ab jetzt lieber nur über die Sache reden und nicht über sein Nicht-, Halb- oder Fast-Wissen. Also: Das Projekt  zu beenden, sei richtig; „mein früheres Einschalten durch mich selbst“ hätte daran nichts geändert.
Drüben im Paul-Löbe-Haus kündigt der Grüne Omid Nouripour einen Untersuchungsausschuss an. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schließt sich später an. Seine Leute im Ausschuss stöhnen. Die Zeit sei viel zu knapp; wochenlang werde man jetzt über Formales zanken – und darüber, ob Peer Steinbrück vorgeladen wird, der einst als Finanzminister den „Euro Hawk“ absegnete.

Sunday, June 2, 2013

Verbraucherverbände fordern mehr Geld

Vor dem Deutschen Verbrauchertag schlagen Verbraucherschützer Alarm: Sie brauchen dringend Geld. Die Kapazitäten reichen bei weitem nicht.

„Ich benutze mein Handy eigentlich nie, und jetzt soll ich für den letzten Monat über 120 Euro zahlen“, klagt Chrissi Vasiliadou. Sie sitzt in der Rechtsberatung der Verbraucherzentrale Berlin und zeigt dem Juristen Bernd Ruschinzik die Rechnung. Sie soll teure „Grußworte“ über ihr Handy verschickt haben. „Dabei weiß ich gar nicht, wie das geht“, sagt die 54-jährige Zahnärztin.
Probleme mit dem Telefon, Stromanbietern, Banken oder Versicherungen gehören zum Verbraucheralltag. Auf dem Deutschen Verbrauchertag, der an diesem Montag in Berlin stattfindet, wird davon die Rede sein. Auch dass die Verbraucher Hilfe brauchen, werden die Verbraucherschützer Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück sagen, die beide ihren Besuch angekündigt haben.

Doch nicht immer kommt die Hilfe so schnell wie bei Chrissi Vasiliadou. Sie bekam umgehend einen Termin bei der Verbraucherzentrale. Auf eine  Mieter- oder Urheberrechtsberatung müssen Ratsuchende in Berlin dagegen zum Teil mehrere Wochen warten.
„Wir möchten niemanden wegschicken, aber manchmal können wir einfach keine neuen Fälle mehr annehmen“, sagt Ruschinzik, der den Bereich Recht leitet. Die Arbeitsbelastung sei immens: „Ich könnte mich zerteilen und hätte am Abend immer noch nicht das Gefühl, alles geschafft zu haben.“
Um den Andrang bewältigen zu können, beschäftigt die Verbraucherzentrale zusätzlich zu den insgesamt 34 festangestellten Mitarbeitern Honoraranwälte. „Mit unserer finanziellen Ausstattung können wir den Beratungsbedarf aber nicht decken“, betont Geschäftsführerin Eva Bell. Rund 2,2 Millionen Euro Einnahmen hatte die Verbraucherzentrale Berlin im Jahr 2011. Neuere Zahlen gibt es nicht. Das Geld stammt überwiegend vom Senat, aber auch aus Projektmitteln des Bundes, hinzu kommen Gebühren für die Beratung und Einnahmen aus dem Verkauf von Ratgebern.
Weil die Länder die Verbraucherzentralen nach eigenem Gusto unterstützen, gibt es bundesweit große Unterschiede. Während die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 2011 insgesamt 35 Millionen Euro eingenommen hat, standen Mecklenburg-Vorpommern nur 1,4 Millionen Euro zur Verfügung. 2010 untersuchte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) zum letzten Mal, wie viel Geld die Verbraucherzentralen gemessen an den Einwohnern zur Verfügung haben. Spitzenreiter war damals Hamburg mit mehr als einem Euro pro Einwohner, gefolgt von Sachsen mit 0,77 Euro und Nordrhein-Westfalen mit 0,65 Euro pro Einwohner. In Brandenburg waren es 0,57, in Berlin 0,37 Euro.
Aus Sicht der Verbraucherschützer reicht das nicht. „Die Verbraucherarbeit in Deutschland ist strukturell unterfinanziert“, sagte VZBV-Chef Gerd Billen dem Tagesspiegel. „Um in der heutigen Markt- und Konsumgesellschaft auf Augenhöhe agieren zu können, brauchen wir eine professionell aufgestellte, unabhängige Infrastruktur für Verbraucherarbeit.“ Doch die Ausstattung der meisten Verbraucherzentralen reiche nicht aus, um die Rolle zeitgemäß wahrnehmen zu können, beklagt Billen.
Der VZBV ist das politische Sprachrohr der 16 unabhängigen Verbraucherzentralen der Länder. Auch er finanziert sich durch öffentliche Gelder. In diesem Jahr erhielt der Verband vom Bundesverbraucherministerium rund 9,4 Millionen Euro. Der Bund hat außerdem mit zehn Millionen Euro die Gründung der Stiftung Verbraucherschutz unterstützt, die sich für Verbraucherbildung einsetzt. Zudem werden Einzelprojekte mit zusätzlichen Mitteln gefördert.

Der verbraucherpolitische Sprecher der FDP-Bundestagfraktion, Erik Schweickert, hält die Finanzierung der Verbraucherarbeit damit für zufriedenstellend. „Dass jede Organisation möglichst mehr Geld haben möchte, ist nachvollziehbar. Ich denke aber, dass der Bund ausreichend Mittel zur Verfügung stellt“, sagte Schweickert dem Tagesspiegel. In manchen Bundesländern gebe es aber sicherlich noch Nachbesserungsbedarf bei der Finanzierung der Verbraucherzentralen, räumt der Liberale ein.
In Berlin rechnet die Verbraucherzentrale für das kommende Jahr mit einer Aufstockung ihrer Mittel. „Zur Zeit laufen die Verhandlungen mit dem Senat und wir haben bereits positive Signale erhalten“, sagt Eva Bell. Chrissi Vasiliadou würde das freuen. Sie weiß jetzt, wie sie den Brief an die Telefongesellschaft formulieren soll, um die Forderungen zurückzuweisen. Und wie sie das bereits abgebuchte Geld zurückholt

Wo sind die schlimmsten Überschwemmungen

Die Hochwasserlage hat sich am Sonntag dramatisch zugespitzt. Mehrere Städte haben Katastrophenalarm ausgelöst, zahlreiche Ortschaften stehen bereits unter Wasser. Vor allem Bayern, Sachsen und Thüringen sind betroffen.


Die Hochwasserlage hat sich im Süden und Osten Deutschlands am Sonntag dramatisch zugespitzt. Mehrere Städte und Landkreise in Bayern, Thüringen und Sachsen riefen Katastrophenalarm aus. Die Bundeswehr bereitete sich auf Hilfseinsätze vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte den vom Hochwasser am stärksten betroffenen Ländern die „volle Unterstützung“ zu. In Österreich wurde ein Mann von einer Schlammlawine begraben. In Tschechien starben zwei Menschen, als ihre Datscha auf matschigem Untergrund einstürzte. Das Kabinett in Prag wollte am Abend zu einer Krisensitzung zusammenkommen.
Überlaufende Flüsse fluteten viele Straßen, Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

In Bayern wurde Katastrophenalarm unter anderem in Passau und Rosenheim ausgerufen. In Sachsen waren etwa Zwickau und Chemnitz betroffen, in Ostthüringen der Kreis Greiz. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) berief ein Krisentreffen ein.

In Passau rückt die DLRG mit roten Booten an, um die Transporte in der Altstadt zu organisieren. Weite Teile der „Dreiflüssestadt“, an der Donau, Inn und Ilz zusammenströmen, stehen unter Wasser. „Der Regen hört einfach nicht auf“, sagt ein Feuerwehrmann. Den ganzen Tag über strömt es, und der Donau-Pegel steigt stetig an. Manche Bewohner sehen das Hochwasser mit Galgenhumor. „Ich habe ein Haus am See“, scherzt Anne Lamby. Sie selbst wohnt, sicher vor den Wassermassen, in der dritten Etage. Die ganze Nacht habe sie geholfen, das Wasser aus dem Erdgeschoss fernzuhalten – ohne Erfolg. „Sandsäcke und Pumpen bringen jetzt nichts mehr, weil das Grundwasser durch den Boden drückt“, erklärt der Feuerwehrmann Stephan Brückner. Die Anwohner sollten die überschwemmten Räume mit frischem Wasser fluten, damit der Druck auf die Bodenplatten größer wird und diese nicht von unten hochgedrückt werden.



Die Traun hat sich in einen reißenden Fluss verwandelt

Große Teile Bayerns sind in den Fluten versunken. Neben Passau, das wegen der speziellen Flusssituation schon immer ein kritischer Fleck war, sind das vor allem die Gegenden im Südosten des Freistaats in den Voralpen, nahe des Chiemsees: Rosenheim, die Landkreise Miesbach und Traunstein. Von den Alpen her stürzen die Wasserfluten herab in die Täler und zu den Häusern und Menschen. Die Traun etwa, normalerweise ein ruhiges Flüsschen, hat sich in einen reißenden Strom verwandelt. Zunächst war eigentlich nicht mit einer solch drastischen Verschlechterung der Lage gerechnet worden. Die Behörden sprechen von einer „dramatischen Entwicklung“. Die Hochwasserlandkarte des bayerischen Wasserwirtschaftsamtes ist mittlerweile zu einem Großteil rot eingefärbt. Das bedeutet: höchste Warnstufe vor Überschwemmungen und Unwettern. Allein am Sonntag werden zwölf Landkreise neu in diese Kategorie aufgenommen. Katastrophenalarm wurde für Passau, Rosenheim und die Landkreise Miesbach und Traunstein ausgerufen. Nun kann auch die Bundeswehr zur Hilfe angefordert werden. In Passau geschieht dies gerade, mehr als 10 000 Sandsäcke stehen bereit, um die Wohnhäuser und Läden vor dem Wasser zu schützen. Für Traunstein und den Chiemsee könnten die Bundeswehr-Gebirgsschützen aus Bad Reichenhall zum Einsatz kommen.

Sowohl in Nieder- als auch in Südostbayern spricht man schon von einem „Jahrhunderthochwasser“, das letzte hatte Passau im Jahr 2002 erlebt. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk melden, dass die Einwohner derzeit „ruhig und gelassen“ seien. Bei wem das Wasser noch nicht so hoch steht, der watet in Gummistiefeln auf der Straße. Manche Passauer stecken passgenau Metallplatten vor ihre Fenster, die sie zum Schutz vor Hochwasser maßgefertigt haben. Um 12 Uhr mittags lag der Donaupegel bei 9,70 Meter, für den Abend wurden elf Meter erwartet – damit hätte man den Stand von 2002 erreicht. Was später einmal davon übrigbleibt, das wissen die Passauer nur zu gut: beschädigte Gebäude, zerstörtes Mobiliar und Unmengen an Dreck und Schlamm. In Oberbayern schwoll die Tiroler Achen bedrohlich an. Alle über den Fluss führenden Brücken wurden gesperrt. Die Ortschaften Unterwössen und Schleching waren von der Außenwelt abgeschlossen. Auch die Pegelstände der Mangfall in Rosenheim könnten bald einen neuen Rekord erreichen, befürchtete ein Sprecher der Stadt. Der Damm drohte zu brechen. In Rosenheim wurden erste Stadtteile evakuiert

Mainland Trainer Horst Ammann droht mit Ausweisung

Der erst im vergangenen August als Retter geholte Technik-Geschäftsführer Horst Amann steht dicht vor einer Ablösung. Offenbar trete er dem Flughafenchef Mehdorn zu sehr auf die Bremse, so ein Insider. Eine Trennung würde aber teuer.


Berlin - Am BER-Flughafen könnte sich das Personalkarussell bald weiterdrehen. Nach Tagesspiegel-Informationen steht der erst im vergangenen August als Retter beim verkorksten Flughafenbau geholte Horst Amann dicht vor einer Ablösung. Zwischen ihm und dem danach im März 2013 verpflichteten Flughafenchef Hartmut Mehdorn gebe es heftigen Krach, sagte ein Insider. Mehdorn wolle den Flughafen „schnell und sicher“ eröffnen, Amann dagegen trete weiter als Bedenkenträger auf. Amann ist noch immer mit einer „Bestandsaufnahme“ beschäftigt, die er erst Ende des Jahres abschließen will. Mehdorn dagegen liebäugelt damit, zumindest den Nordpier des BER bereits im Herbst in Betrieb zu nehmen.


Seit Amanns Antritt hat sich auf der Baustelle so gut wie nichts bewegt. Insider werfen ihm sogar vor, die Baustelle „verlottert“ zu haben, obwohl er Anfang des Jahres den Etat für Stillstands-, Planungs- und Bewachungskosten auf 20 Millionen Euro verdoppelt habe.
Mehdorn hat auch bereits Entscheidungen von Amann korrigiert. So hat Mehdorn den von Amann abgezogenen Projektleiter für den BER-Bau ins „Sprint- Team“ zurückgeholt, das die Aufgabe hat, die Arbeiten zu beschleunigen.
Amann war vor allem auf Betreiben des Bundesverkehrsministeriums zum BER gekommen. Das Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern, Berlin und Brandenburg, gilt als extrem angespannt, seit Amann kurzfristig im Alleingang den Eröffnungstermin 27. Oktober 2013 gekippt hat. Eine Trennung würde aber teuer, denn Amann hat einen Vertrag für fünf Jahre erhalten. Klaus Kurpjuweit