Thursday, April 19, 2012

Unsere Plätze-Serie - Verschönern Sie mit!


Ortsbegehungen. Der Petriplatz in Mitte. Kitty Kleist-Heinrich
Ortsbegehungen. Der Petriplatz in Mitte. - KITTY KLEIST-HEINRICH
Viele Plätze der Stadt haben mehr Aufmerksamkeit verdient – damit aus Wüsten wieder Oasen werden. In unserer Serie "Platz da!" haben Sie darüber abgestimmt, welche Plätze in Berlin verschönert werden sollen. Jetzt werden sie verschönert.



Sie sind die Schmuckstücke einer Stadt – fein gearbeitete Broschen, die mit Geschmack und viel Bürgersinn die kreuzenden Straßen zusammenbinden zum Nutzen und Vergnügen aller Einwohner. Was sich die Stadtväter von den Plätzen Berlins einst erhofften und die Flaneure erträumten, ist in der Realität oft eine ziemliche triste Angelegenheit: Es gibt sie zwar, die architektonischen Glanzstücke einer Stadtplanung, die Kleinode bürgerlichen Wohlbefindens, doch an vielen Orten trifft das Auge auf lieblos arrangierte Orte und heruntergekommene Funktionsflächen. Von ihrer einstigen Bestimmung, Begegnungsorte von Menschen zu sein, hervorgehobene Durchbrechungen in einer Stadtlandschaft, sind viele Plätze weit entfernt.
Der Tagesspiegel möchte das ändern. Plätze sind nicht nur dafür geschaffen, damit Menschen über die hinwegeilen, sondern sie sollen Aufenthaltsqualität bieten und – im besten Falle – gut gestaltete Wohlfühloasen im hektischen Getriebe des Alltags sein. Deswegen gibt es im Tagesspiegel die Serie: Platz da! Wir wollen die Aufmerksamkeit lenken auf Plätze, die dringend eine Verschönerung nötig haben. In den kommenden Wochen stellen wir Ihnen 15 Plätze in allen Teilen der Stadt vor, die verschönert werden sollen.
Wie Plätze sind, und was sie sein könnten – das erfahren Sie ab Freitag in 15 Folgen. Große und kleine, historische und moderne, bekannte und unbekannte Plätze sind es, mit denen sich in den vergangenen Wochen 15 renommierte Stadtentwicklungs- und Landschaftsplanungsbüros im Auftrag des Tagesspiegels intensiv beschäftigt haben. Ihre Ideen für eine Verschönerung werden wir präsentieren. Anfangen werden wir mit dem Hansaplatz in Tiergarten, einer Ikone der städtebaulichen Nachkriegszeit am Tiergarten, doch im Lauf der Zeit unansehnlich geworden. Der Landschaftsarchitekt Steffen Brodt vom Büro „Plan.b“ hat sich des Platzes angenommen – alles weitere können Sie am Freitag lesen.
Der Hermann-Ehlers-Platz in Steglitz. Thilo Rückeis
Der Hermann-Ehlers-Platz in Steglitz. - THILO RÜCKEIS
In der zweiten Folge zeigen wir Ihnen, wie sich die Planer am Petriplatz den Umgang mit dem historischen Zentrum der Stadt vorstellen. Hier, an der Wiege Berlins, wo schon im 12. Jahrhundert Menschen lebten, vertreibt derzeit die laute Leipziger Straße jedes Platzgefühl. Es folgen der Hermann-Ehlers-Platz in Steglitz, das Kottbusser Tor in Kreuzberg und der Platz Alt-Tegel. Hoch in den Norden geht es dann auch mit dem Antonplatz in Weissensee, und wieder nach Süden zum Innsbrucker Platz, einem Lehrbeispiel für die autogerechte Zurichtung der Stadt. Aufmerksamkeit erhält auch der Moritzplatz in Kreuzberg, der Spandauer Markt und der Don-Ugoletti-Platz in Köpenick. In Wedding haben die Planer sich um den Louise-Schroeder-Platz gekümmert, in Reinickendorf um den Kurt-Schumacher-Platz und in Neukölln um den Hermannplatz. Am Ende unserer Serie werden wir uns dem Vorplatz des Ostbahnhofs in Friedrichshain und dem Nollendorfplatz in Schöneberg zuwenden.

Der Tagesspiegel möchte mit der Serie eine Debatte anstoßen. Deswegen werden wir mit unseren Lesern, mit Vertretern von Anwohner-Initiativen und mit Politikern diskutieren, wie die Ideen ankommen, wie Vorschläge bewertet und welche Anregungen aufgenommen werden könnten. Denn manche Bezirke haben sich schon positiv über unsere Initiative geäußert, weil sie selber die Neugestaltung von Plätzen planen und auf unsere Ideen gespannt sind.
Zu jeder Folge wird es deshalb anschließend am oder in der Nähe der Plätze eine öffentliche Veranstaltung geben, zu der wir unsere Leser schon jetzt herzlich einladen. Über die Termine und Diskussionsorte werden wir in jeder Folge informieren. Ab morgen gilt: Platz da! Lesen Sie mit, diskutieren Sie mit, gestalten Sie mit.

Nerz: "Wir haben kein rechtes Problem in der Piratenpartei"


Hartmut Semken entschuldigt sich für seine Äußerungen zum Umgang der Piratenpartei mit Extremisten: „Ich habe viele Leute sehr verletzt mit meinen Worten, was ich so nicht erwartet hätte, und das tut mir jetzt sehr leid.“ Foto: dapd
Hartmut Semken entschuldigt sich für seine Äußerungen zum Umgang der Piratenpartei mit Extremisten: „Ich habe viele Leute sehr verletzt mit meinen Worten, was ich so nicht erwartet... - FOTO: DAPD
Mit seiner Kritik am Umgang der Piraten mit Rechtsextremen ist der Chef der Berliner Piraten, Harmut Semken, auf heftigen Widerstand gestoßen. Jetzt versucht er, die Wogen zu glätten. Doch eine Entschuldigung dürfte seinen Kritiker wohl kaum genügen.




Hartmut Semken sieht sich mit Rücktrittsforderungen aus der eigenen Partei konfrontiert. Oliver Höfinghoff, Mitglied des Abgeordnetenhauses, und zwei andere prominente Berliner Piraten, Philip Brechler und Stephan Urbach, haben Landeschef Hartmut Semken in einem offenen Brief zum Rücktritt aufgefordert. "Wir fordern dich auf zurückzutreten und eine LMV[Landesmitgliederversammlung, die Redaktion] einzuberufen, bei der es nur einen TOP gibt: Neuwahl des ersten Vorsitzenden, eventuelle Neuwahl von anderen freigewordenen Posten. Es geht uns nicht darum dich dort öffentlich vorzuführen oder gar Kalif anstelle des Kalifen zu werden, wir versichern dir, wir werden nicht kandidieren."
Hintergrund der Debatte ist ein Text, den Semken vor einigen Tagen auf seinem privaten Blog zur Debatte um den Umgang der Piraten mit Extremisten in den eigenen Reihen veröffentlicht hatte.

Semken hatte unter anderem geschrieben: "Aber ich kann dieses „wir müssen uns abgrenzen gegen Rechte Ansichten“ nicht mehr hören. ... Wenn Du da nicht „alle Rausschmeissen, am besten an den Eiern aufhängen“ twitterst - dann bist Du unmittelbar ein Verharmloser, Relativierer, ja heimlicher Symathisant, der nur den richtigen Faschisten und Nazis den Weg bereiten will, die Piraten zu übernehmen."
Semken sieht das mittlerweile als Fehler. „Ich habe viele Leute sehr verletzt mit meinen Worten, was ich so nicht erwartet hätte, und das tut mir jetzt sehr leid“, sagte er dem Tagesspiegel. Ob er zurücktreten werde, wisse er noch nicht. „Aber wenn sich alle etwas beruhigt haben und sich die Waage zwischen den ,hau ab’- und den ,bleib da’-Reaktionen vom aktuell überwiegenden ,bleib’ wegneigt, dann werde ich natürlich zurücktreten“, sagte Semken. Er trete rechtsextremem Gedankengut entschieden entgegen. „Nichts liegt mir ferner, als Rechtsextreme einzuladen, der Piratenpartei beizutreten. Aber wir müssen einen Weg finden, mit denen umzugehen, ohne dass es einem Lynchmob gleichkommt.“ Ihm wäre es lieber, „wir würden als Piratenpartei ein Programm entwickeln und vorleben, das Menschenverachter so anekelt, dass sie ganz von allein gehen“. Die Piratenpartei habe 25.000 Parteimitglieder und keine Vorab-Prüfung. "In der Gesellschaft vorhandene Probleme importieren wir daher ungefiltert, Personen mit rechtsradikalem Gedankengut haben wir also mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei und müssen sie nun wieder loswerden. Dafür benötigen wir Verfahren, die zunächst verhindern, dass die Progammatik und Handlungen der Partei von solchem Gedankengut beeinflusst werden."


Innenministerium vergrault muslimische Persönlichkeiten


Vor acht Jahren wurde die Islamkonferenz ins Leben gerufen. Aber sie verliert an Bedeutung. Foto: dpa
Vor acht Jahren wurde die Islamkonferenz ins Leben gerufen. Aber sie verliert an Bedeutung. - FOTO: DPA
Die Islamkonferenz lebt vor allem von ihrer Symbolkraft. Doch die, um die es eigentlich geht, bleiben der Konferenz immer öfter fern. Was hat dieses Forum noch zu bieten?




Das dritte Treffen der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in dieser Legislaturperiode – und wieder Krach, zumindest vor den Türen: Das Mantra „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ sprach diesmal Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der damit vor einem Jahr aufgetreten war, mochte das nicht kommentieren, die Muslime konnten nicht: Sie waren erstmals nicht dabei, als der Innenminister am Donnerstag die Ergebnisse ihrer Konferenz vor der Presse verkündete. Auf eigenen Wunsch, wie Friedrich sagte.
Was wurde auf der Konferenz behandelt?
Einige praktische Handreichungen, die den Alltag von Muslimen in Deutschland erleichtern sollen, sind die wesentlichen Ergebnisse der Konferenz seit dem letzten Plenum im März 2011. Im Zentrum standen dabei Geschlechterfragen und der Arbeitsmarkt.

Bis 2013 soll das Thema Geschlechterrollen in einer Loseblattsammlung abgehandelt sein, die von Moscheegemeinden und muslimischen Vereinen bestellt werden kann. Einigkeit gab es, das betonte auch Minister Friedrich am Donnerstag erneut, dass das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen, Gewalt und Zwangsehen eher ihren Grund in patriarchalischen Traditionen als in der Religion hätten. „Frauenhäuser wurden schließlich nicht für Musliminnen in Deutschland erfunden“, heißt es dazu aus dem Stab des Ministeriums.
Eine Broschüre „Bessere Integration von Musliminnen und Muslimen in den Arbeitsmarkt“ soll auch die Arbeitgeberseite aufklären, etwa darüber, dass die Pflicht der Muslime zum Gebet keinen Arbeitsprozess durcheinanderbringen muss. Für Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, ist das öffentliche Bild des Muslims – „schlecht ausgebildet, integrationsunwillig“ – eine entscheidende Hürde: „Das schlägt durch auf die Arbeitgeber.“



Ban kritisiert Syrien - Noch keine Waffenruhe


Auch eine Woche nach dem vereinbarten Termin herrscht in Syrien noch keine Waffenruhe. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon macht dafür das Regime in Damaskus verantwortlich. Foto: AFP
Auch eine Woche nach dem vereinbarten Termin herrscht in Syrien noch keine Waffenruhe. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon macht dafür das Regime in Damaskus verantwortlich. - FOTO: AFP
Auch eine Woche nach dem vereinbarten Termin herrscht in Syrien keine Waffenruhe. UN-Generalsekretär Ban macht dafür das Regime in Damaskus verantwortlich. Die USA fordern schärfere Sanktionen gegen das Regim




Mit ungewöhnlich klaren Worten hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dem Regime in Syrien vorgeworfen, es halte sich nicht an den vereinbarten internationalen Friedensplan. Bislang gebe es von den syrischen Behörden „kein klares Signal“, heißt es in einem Schreiben an die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Die Zahl der „gewaltsamen Zwischenfälle“ habe in den vergangenen Tagen wieder stark zugenommen. Am Donnerstag wurden in Syrien nach Angaben von Aktivisten 16 Menschen von den Regierungstruppen getötet.
Eigentlich soll in Syrien seit einer Woche eine Waffenruhe gelten.
Angesichts der anhaltenden Gewaltwerden werden die Rufe nach schärferen Sanktionen und einer robusteren UN-Beobachtermission lauter. Im UN-Sicherheitsrat müsse „sehr energisch“ eine Resolution nach Kapitel VII angestrebt werden, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton nach einem Treffen der „Freunde Syriens“ in Paris, an dem auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) teilnahm Eine solche Resolution kann der Sicherheitsrat beschließen, wenn seine Mitglieder der Ansicht sind, dass der internationale Frieden gefährdet ist. Sie kann massive Wirtschaftssanktionen bis hin zur militärischen Intervention einschließen. Clinton räumte allerdings ein, dass dies voraussichtlich am Widerstand der Vetomacht Russland scheitern würde.
Frankreichs Außenminister Alain Juppé drohte für den Fall, dass Syrien den Friedensplan des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan nicht umsetzt, mit „anderen Optionen“. „Wir haben beschlossen, dass der UN-Sicherheitsrat andere Optionen prüfen soll“, sagte Juppé nach dem Treffen in Paris. Westerwelle betonte nach der Arbeitssitzung, zu der insgesamt zwölf Außenminister in die französische Hauptstadt gekommen waren: „Wir wollen eine politische Lösung“.
Der UN-Sicherheitsrat ließ sich am Donnerstag von Annans Stellvertreter Jean-Marie Guéhenno über die Lage in Syrien und die jüngsten Absprachen mit der Regierung unterrichten. Das höchste UN-Gremium hat ein Vorauskommando für die geplante Beobachtermission auf den Weg geschickt. Ob es auch der 300-Beobachter-Mission das Mandat erteilt, hängt nach Informationen aus diplomatischen Kreisen vom Verhalten der syrischen Behörden ab. Ihr Umgang mit der Vorhut sei „ein guter Test“, hieß es von Diplomaten. Ban warb erneut für die UN-Beobachtermission, an der sich möglicherweise auch China beteiligen will, wie am Donnerstag in Peking verlautete.

Die syrische Muslimbruderschaft dankte Ban und Annan am Donnerstag für ihre Bemühungen. Zugleich kritisierte sie, „dass Kofi Annan den Beschuss und das tägliche Töten ignoriert, außerdem schweigt er dazu, dass die schweren Waffen immer noch in den Wohnvierteln stehen, und er macht auch keine ernsthaften Anstrengungen, um die Freilassung der politischen Gefangenen zu erreichen.“ Russlands Außenminister Sergej Lawrow machte die Aufständischen gegen Syriens Präsident Baschar al-Assad für die Gewalt im Lande mitverantwortlich. Die syrische Regierung sei keineswegs alleine Schuld an der Gewalt im Land. „Die Lage ist sehr viel komplizierter“, sagte Lawrow am Donnerstag in Brüssel nach Gesprächen mit den Außenministern der 28 Nato-Staaten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte, die syrische Führung müsse den vereinbarten Waffenstillstand endlich einhalten.

Schweiz schränkt Zuwanderung ein


Die Schweiz isoliert sich. Foto: dpa
Die Schweiz isoliert sich. - FOTO: DPA
Die Schweiz will die Zuwanderung aus acht osteuropäischen Staaten einschränken. EU-Vertreter reagieren auf die neuen Hürden mit heftiger Kritik. Verstößt das Vorgehen der Eidgenossen gegen EU-Recht?




Die Schweiz fordert die Europäische Union heraus: Das Land will die Einwanderung aus acht osteuropäischen EU-Staaten stark drosseln – damit reagiert die Regierung der Eidgenossenschaft auf Klagen der Bevölkerung über einen zu starken Zuzug aus dem Ausland.
Konkret dürfen Schweizer Behörden zwischen Mai 2012 und April 2013 insgesamt nur noch 2000 Bewilligungen für Zuwanderung aus acht EU-Ländern erteilen: Betroffen sind Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien und die Slowakei. Seit Mai 2011 erteilten Schweizer Ämter rund 6500 Bürgern aus diesen acht EU-Ländern eine Aufenthaltserlaubnis. Ab Mai 2014 gilt dann auch für diese acht EU-Staaten die uneingeschränkte Personenfreizügigkeit in die Schweiz.

In den vergangenen Jahren zog es viele Ausländer in die Eidgenossenschaft – 2011 siedelten sich rund 100 000 EU-Bürger in dem reichen Land an.
Die Zuwanderung schürt unter Schweizern die Angst vor Jobverlust und wachsender Kriminalität. Während die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und andere EU-Vertreter die neuen Hürden heftig kritisieren, applaudieren die meisten Schweizer Parteien. Die Christlichdemokratische Volkspartei ließ verlauten, die Regierung nehme „die Sorgen der Bevölkerung ernst“. Die rechtslastige Schweizerische Volkspartei (SVP) will unabhängig von der neuen Regelung die „Masseneinwanderung“ durch eine Volksabstimmung „stoppen“.
Die Regierung in Bern spielt die neue Regelung herunter. Die sozialdemokratische Justizministerin Simonetta Sommaruga betonte, die Drosselung diene „eher der Feinsteuerung“ der Migration in die Eidgenossenschaft. Die Regierung müsse den Zuzug aus der Fremde „gesellschaftsverträglich“ regeln – man handele gemäß dem Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU.
Unzufrieden mit der neuen Regelung ist der Schweizerische Bauernverband. Die Landwirte zwischen Bodensee und Genfer See heuern vor allem Erntehelfer aus den betroffenen acht osteuropäischen Ländern an. In den nächsten zwölf Monaten sollen jetzt Südeuropäer die Lücken auf den Feldern schließen – so jedenfalls hoffen es die Schweizer.
Die Brüsseler Kommission hat einen Tag nach der Entscheidung des Schweizer Bundesrats einen Streitschlichtungsmechanismus aktiviert. Die Sprecherin der Außenbeauftragten Ashton verwies auf Artikel 14 und 19 des Freizügigkeitsabkommens mit der Eidgenossenschaft aus dem Jahr 2002. „Die Vertragsparteien“, heißt es darin, „können den Gemischten Ausschuss mit allen Streitigkeiten über die Auslegung oder die Anwendung dieses Abkommens befassen.“ Er tagt im Juni, eine Dringlichkeitssitzung ist bisher nicht geplant.
Im konkreten Fall geht es um eine Passage in einem 2004 abgeschlossenen Zusatzprotokoll, das Übergangsfristen für Menschen aus den damals der EU beigetretenen Staaten regelt. Darin wird beschrieben, wann die Schweiz die Zuwanderung aus den neuen EU-Staaten begrenzen darf.
Die sogenannte Ventilklausel kann angerufen werden, wenn die Zuwanderung aus einem bestimmten Land um mindestens zehn Prozent über dem Durchschnitt der drei Vorjahre liegt. Das ist nach Ansicht des Schweizer Bundesrats der Fall. Nach Brüsseler Lesart befanden sich die meisten der 6500 EU-Bürger schon zuvor im Land und wollten nur eine Änderung ihres Aufenthaltsstatus erreichen. Unabhängig davon ist nach Ansicht der EU-Kommission die Spezialregelung für Osteuropa am 30. April 2011 ohnehin ausgelaufen. „Die Schweiz kann nur noch die allgemeine Schutzklausel ziehen“, so die Sprecherin Ashtons. Dafür wären knapp 62 000 Einwanderer aus allen EU-Staaten die Voraussetzung, doch waren es in den vergangenen zwölf Monaten nur etwas über 59 000. Deshalb spricht Ashton auch von einer Vertragsverletzung: „Diese Maßnahme ist weder wirtschaftlich durch die Arbeitsmarktsituation noch aufgrund der Anzahl von um Aufenthalt ersuchender EU-Bürger gerechtfertigt.“
Tschechien, Polen, Ungarn und die Slowakei haben die Einführung der Zuwanderungsquoten in einer gemeinsamen Erklärung am Donnerstag scharf kritisiert. In einer Zeit der Krise dürften die „wirtschaftlichen Freiheiten Europas“ nicht geschwächt werden, warnten die vier EU-Staaten. Ihre Bürger seien nur für rund zehn Prozent des gesamten Zustroms von Einwanderern in die Schweiz verantwortlich. Daher werte man die Ankündigung der Schweiz als eine „rein politische Entscheidung“. mit dpa