Schon seit Jahren ärgern sich Anwohner über die Drogenszene in der Hasenheide.. - FOTO: KITTY KLEIST-HEINRICH
Stephan M. wohnt seit fünf Jahren in dem Areal um Karlsgarten-, Flughafen- und Hermannstraße. Dann wurde er überfallen, seine Frau bedroht. „Da reichte es“, sagt er. Er wollte, dass die Menschen im Kiez sich zusammen schließen. Gut 50 sind zur Krisensitzung in die Kneipe „Crazy by Locke“ gekommen. Alle berichten die gleichen Erlebnisse von Drogenbesteck in ihren Hauseingängen, von Kot und Erbrochenem in den Fluren, Ruhestörung und immer öfter auch von tätlichen Angriffen. „Und die Bullen kommen immer zu spät“, schimpft eine alte Frau noch verhältnismäßig diplomatisch.
Die Szene an der Hasenheide war auch schon Stoff für einen Film:
Vorne am Tisch sitzen drei Beamte des zuständigen Abschnitts 55. Sie machen sich Notizen – und nicken wissend. „Da können wir fast nichts machen“, sagt ihr Dienstgruppenleiter, der ungenannt bleiben möchte. Er wünsche sich deshalb mehr Unterstützung durch die Bürger: „Genaue Täterbeschreibungen, immer anrufen, wenn sie etwas sehen, genaue Zeitangaben.“ Er erntet Empörung. Viel zu oft würden Anrufe einfach ignoriert. „Wenn ich anrufe, höre ich nur: ’Warum sind Sie denn da hingezogen?’“ Auch vom Bezirk fühlen sich die Anwohner allein gelassen. Der Neuköllner Migrationsbeauftragte Arnold Mengelkoch sagte ein Treffen mit Anwohnern im letzten Moment ab, weil dieses seine „Befugnisse übersteigt.“ Auch sonst weist man im Bezirk die Verantwortung weit von sich. Bürgermeister Heinz Buschkowsky ließ über Ordnungsamtsleiter Horst - Holger Kalusa mitteilen: „Kriminalitätsvorbeugung und Kriminalitätsbekämpfung sind ausschließlich Aufgabe der Polizei.“
Doch auch die ist überfordert. Deshalb wolle man nun das Areal in Umgebung der Flughafenstraße am Rande der Hasenheide zu einem „kriminalitätsbelasteten Ort“ erklären lassen. Offenbar soll die polizeiinterne Prüfung des Antrags in Kürze positiv ausfallen. Offiziell werden die Areale in Berlin von der Polizei geheim gehalten. Sprecher Thomas Neuendorf sagte, dadurch solle eine Stigmatisierung der Viertel vermieden werden. Etwa 20 solcher Areale gibt es in Berlin. Dazu gehören das Kottbusser Tor, der Volkspark Hasenheide sowie die gesamte U-Bahnlinie 8. In den Gebieten kann die Polizei nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) leichter Personenkontrollen und Durchsuchungen durchführen. Voraussetzung ist, dass dort „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ verübt und nachgewiesen werden.
Eine wirkliche Lösung sei das aber nicht, sagt einer der Beamten. Hilfreicher sei es, dem Vermieter eine Mietminderung anzuzeigen, damit dieser sich um entsprechende Vorsichtsmaßnahmen wie Kameras und Schließsystem auch kümmere.